Category Archives: Vereinfachtes Verfahren

Konzentrationswirkung

Sowohl im formlichen als auch im vereinfachten Verfahren kommt der immissions — schutzrechtlichen Genehmigung gemafi § 13 BImSchG eine sog. Konzentrations­wirkung zu. Dies bedeutet, dass die Genehmigung andere die Anlage betreffende behordliche Entscheidungen — etwa die Baugenehmigung — mit einschliefit. Der Antragsteller muss somit keinen zusatzlichen Genehmigungsantrag bei der Bauauf — sichtsbehorde stellen. Dieser Behorde wird im Genehmigungsverfahren gemafi § 10 Abs. 5 BImSchG i. V. m. § 11 der 9. BImSchV lediglich die Moglichkeit gegeben, zu dem Vorhaben Stellung zu nehmen.

Nicht von dieser Konzentrationswirkung erfasst ist hingegen die Erlaubnis oder Bewilligung nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG), die fur den Fall benotigt wird, dass im Zuge des Betriebs der Biogasanlage Gewasser benutzt werden sollen,

Tab. 3.2 Pflicht zur Durchfuhrung einer UVP

Anlage 1 zum UVPG

Pflicht zur Durchfuhrung einer UVP

Feuerungswarmeleistung einer zum Zwecke der Stromerzeugung mit dem erzeugten Biogas betrie — benen Gasturbine (Nr. 1.1.1, 1.1.2, 1.1.4 bzw. 1.5.2)

> 200 MW: UVP-Pflicht

> 50 MW: allgemeine Vorprufung des Einzelfalls

> 1 MW: standortbezogene Vorprufung des Einzelfalls

Anlagen zur biologischen Behan — dlung von gefahrlichen Abfallen (Nr. 8.3.1 bzw. 8.3.2)

> 10 t Durchsatzleistung pro Tag: UVP-Pflicht

> 1 t Durchsatzleistung pro Tag: standortbezogene Vorpru — fung des Einzelfalls

Anlagen zur biologischen Behand — lung von nicht gefahrlichen Abfal — len (Nr. 8.4.1 bzw. 8.4.2)

> 50 t Durchsatzleistung pro Tag: allgemeine Vorprufung des Einzelfalls

> 10 t Durchsatzleistung pro Tag: standortbezogene Vor — prufung des Einzelfalls

etwa durch eine Entnahme von Wasser oder das Einbringen oder Einleiten von Stoffen in Gewasser (s. dazu §§ 8 und 9 WHG).

Vertragliches Abweichen vom Abnahmevorrang

Die Abnahme — und Ubertragungspflicht kann vertraglich ausgeschlossen werden,

1. soweit dies einer besseren Integration der Anlage in das Netz dient (§ 8 Abs. 3 EEG): Bei dieser Moglichkeit handelt es sich um eine eng auszulegende Aus — nahme von der Verpflichtung zur vorrangigen Abnahme von Strom aus erneuer — baren Energien, oder

2. soweit eine entsprechende Vereinbarung von der AusglMechV zugelassen wird (§ 8 Abs. 3a EEG).

Подпись: „Die Vorschrift ist ausdrucklich nur als Angebot an die Beteiligten ausge- staltet. Mit ihr wird den Beteiligten die Moglichkeit eroffnet, im Sinne eines gegenseitigen Gebens und Nehmens Vereinbarungen zu treffen, die fur beide Seiten und letztlich fur den Stromkunden vorteilhaft sind. Durch den par- tiellen Verzicht des Anlagenbetreibers auf seine Rechte, z. B. zu bestimmten Zeiten einzuspeisen, kann der Netzbetreiber unter Umstanden Kosten - etwa fur notwendige Ausgleichsenergie - sparen. So ist es durchaus sinnvoll, wenn Betreiber von Anlagen aus den verschiedenen Sparten der Erneuerbaren Energien oder auch zusammen mit sonstigen Anlagenbetreibern ein Erzeugungs- management mit dem Ziel vereinbaren, eine kontinuierliche Einspeisung zu ermoglichen. Eine solche Vereinbarung kann den Netzbetreiber in die Lage versetzen, Kosten einzusparen und dem Anlagenbetreiber fur seinen Verzicht auf eine weitergehende Einspeisung einen finanziellen Ausgleich zu zahlen,

Der Gesetzgeber begrundet die Moglichkeit eines vertraglichen Abweichens vom Abnahmevorrang auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 EEG wie folgt:

Auf den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung besteht weder fur Anlagenbetreiber noch fur den Netzbetreiber ein Anspruch. Die Abnahme des Stroms kann daher auch nicht vom Netzbetreiber vom Abschluss einer derartigen Vereinbarung abhangig gemacht werden. Das darauf gerichtete Verbot des § 4 Abs. 1 EEG gilt auch hier.

Entsprechende Vereinbarungen konnen sich neben Regelungen zum Ein — speisemanagement insbesondere auf folgende Themen erstrecken:

1. Orientierung der Einspeisung am tatsachlichen Energiebedarf,

2. Bereitstellung benotigter Regelenergie durch Hochfahren oder Drosseln von Anlagen,

3. Bereitstellung von zusatzlichen Leistungen durch die Anlagenbetreiber, wie etwa die Lieferung von Blindstrom oder bestimmter fur den Netzbetrieb vor — teilhafter Daten und Informationen.

Kosten, die bei der Umsetzung individueller Vereinbarungen auf der Grundlage von § 8 Abs. 3 EEG entstehen, konnen vom Netzbetreiber bei der Ermittlung der Netzentgelte in Ansatz gebracht werden, soweit diese angemessen sind (§ 15 Abs. 1 EEG). Das Gesetz stellt aber zugleich klar, dass es sich im Rahmen der Anreiz — regulierung hierbei um beeinflussbare Kosten handelt, die von der zustandigen Regulierungsbehorde auf ihre Effizienz uberpruft werden konnen (§ 15 Abs. 2 EEG).

Abgrenzung zum Eigenverbrauch

Keine Direktvermarktung im vorgenannten Sinne ist die Veraufierung des erzeugten Stroms an Dritte, die den Strom in unmittelbarer raumlicher Nahe zur Anlage ver — brauchen und der Strom nicht durch ein offentliches Netz durchgeleitet wird (§ 33a Abs. 2 EEG). Fur diese Form der Vermarktung gelten die im Abschn. 3.1.5.2 dar — gestellten Anforderungen an die Formen und Fristen nicht. Zweck dieser Regelung ist die Privilegierung kleinraumiger Versorgungskonzepte, die unter Ausnutzung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien die vorgelagerten Energiever — sorgungsnetze nicht belasten.

In der Praxis wird es deshalb haufig darauf ankommen, ob die vom Gesetz geforderte „unmittelbare raumliche Nahe“ im konkreten Fall noch gegeben ist. Allerdings ist dieser Terminus im EEG nicht definiert und auch aus der Gesetzes — begrundung lassen sich kaum konkrete Hinweise entnehmen. Aus den Bezugen auf „regionale Ansatze“, eine „kleinraumige Losung“, die Energieversorgung „unmittelbar vor Ort“, oder die Stromerzeugung fur ein „benachbartes Sagewerk“ lasst sich kaum eine belastbare Abgrenzung herleiten.

Allerdings wird der Begriff der „unmittelbaren raumlichen Nahe“ seit langerem an anderer Stelle im EEG gebraucht, so dass sich eine vergleichende Betrachtung anbietet. Insbesondere im Zusammenhang mit der Abgrenzung des Selbstver — brauchs von Strom aus solarer Strahlungsenergie, der an oder auf Gebauden gewonnen wird, wird darauf Bezug genommen (vgl. § 33 Abs. 2 EEG 2009). Die neue Rechtslage ubernimmt diesen Ansatz und stellt klar, dass in diesen Fallen keine Direktvermarktung vorliegt (vgl. § 33a Abs. 2 EEG 2012 sowie § 16 Abs. 3 Nr. 2 und § 33 Abs. 2 EEG 2012). Der Gesetzgeber hat in dieser Hinsicht kein neues Recht geschaffen, sondern die derzeit geltende Rechtslage (§ 33 Abs. 2 EEG 2009) „bestatigt“.[86]

Allerdings gehen die Rechtsansichten zum Begriff der „unmittelbaren raumlichen Nahe“ im Rahmen des § 33 Abs. 2 EEG 2009 auseinander, so dass kaum von einer „Bestatigung“ gesprochen werden kann. So wird z. T. sehr eng auf die Versorgung von Abnehmern im selben Gebaude, auf demselben Grundstuck bzw. zumindest auf unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstucken abgestellt.[87] Andere lassen bei der Auslegung der unmittelbaren raumlichen Nahe im Rahmen des § 33 Abs. 2 EEG noch die Belieferung von Wohnsiedlungen zu, solange diese nicht uber das all — gemeine Netz versorgt werden.[88]

Fur das enge Verstandnis spricht aber vor allem der Wortsinn der „unmittelbaren“ raumlichen Nahe: dicht gedrangt, direkt, eng beieinander, eng nebeneinander, gequetscht, geschlossen, nahe, nahebei, dicht (Woxikon 2012). Hatte der Gesetz — geber die Unmittelbarkeit der raumlichen Nahe lockern wollen, hatte er ohne Wei — teres — ahnlich wie im Rahmen des § 37 Abs. 3 Nr. 2 lit b) EEG 2012 — nur von einem „raumlichen Zusammenhang“ sprechen konnen. Gerade dies hat er aber nicht getan. Fur eine uber das angrenzende Nachbargrundstuck hinausgehende Aus- legung der „unmittelbaren raumlichen Nahe’" durfte daher kein Raum sein. Hin — zuweisen ist allerdings auf die Empfehlung der Clearingstelle EEG, die eine funk — tional wertbezogene Auslegung heranzieht. Dieser Ansatz erscheint schlussig und vorzugswurdig, ist bislang aber noch nicht gerichtlich bestatigt.[89]

Fallstricke bei Verhandlungen mit Netzbetreibern

Auf Verlangen des Anlagenbetreibers mussen Netzbetreiber Biogasanlagen unver- zuglich an ihr Netz anschliefien. Erfullt eine Biogasanlage die Voraussetzungen des EEG, besteht keine Pflicht fur den Anlagenbetreiber, einen Vertrag mit dem Netzbetreiber abzuschliefien. Die Netzanschlussverpflichtung ist gesetzlich in § 12 Abs. 1 EEG 2004, in § 4 Abs. 1 EEG 2009 und in § 4 Abs. 1 EEG 2012 geregelt. Im EEG 2012 ist zusatzlich ausdrucklich festgelegt, dass von den Bestimmungen des EEG nicht zu Lasten des Anlagenbetreibers oder des Netzbetreibers abgewichen werden kann. Wird dem Anlagenbetreiber dennoch eine Vereinbarung angeboten, sollte gepruft werden, ob sich Nachteile fur den Anlagenbetreiber ergeben konnen.

Die Ermittlung des richtigen Netzverknupfungspunktes ist ein grundsatzlicher Interessenkonflikt und damit Streitgegenstand zwischen Anlagenbetreiber und Netzbetreiber.[191]

Selbstwirksamkeitsuberzeugung

Kognitive, motivationale, emotionale und verhaltensrelevante Prozesse werden nach der sozial-kognitiven Theorie von Bandura (1992, 1997) unter anderem durch Selbstwirksamkeitserwartungen gesteuert. Diese sind definiert als subjektive Erwartungen, ein fur bestimmte erwunschte Konsequenzen notwendiges Verhalten auszufuhren und sie beeinflussen wiederum Denken, Fuhlen und Handeln sowie Zielsetzung und ausgeubte Anstrengung sowie Ausdauer einer Tatigkeit in der Zukunft. Selbstwirksamkeitserwartungen lassen sich auf zwei Dimensionen weiter unterteilen:

1. Auf der Generalitatsdimension lassen sich die situationsspezifische, die allgemeine sowie die bereichsspezifische Selbstwirksamkeitserwartung unterscheiden. Die

Selbstwirksamkeitsuberzeugung, die fur Aktivitaten im Klimaschutz relevant ist, ware dann eine bereichsspezifische fur den Aspekt der „Moglichkeiten im Klimaschutz durch die Umsetzung von Bioenergieanlagen“.

2. Daneben kann man individuelle von kollektiven Erwartungen differenzieren. Kollektive Selbstwirksamkeitserwartungen sind uberindividuell, betreffende Formulierungen zeichnen sich aus durch „wir“. Dahinter steht die Annahme, dass die Gruppe bei einer hohen kollektiven Selbstwirksamkeitserwartung Vertrauen in die Kapazitatsreserven des Teams und eine optimistische Auffassung von der gemeinschaftlichen Bewaltigung zukunftiger, auch stresserzeugender Ereignisse hat. Diese kollektive Selbstwirksamkeitserwartung wird dann bei kunftigen Vor- haben Zielsetzungen, Anstrengungsbereitschaft oder den Umgang mit Wider- standen beeinflussen. Selbstwirksamkeitsuberzeugungen entwickeln sich nach van Buer und Squarra (1998) unter anderem in Abhangigkeit vom eigenen Bewaltigungsverhalten und von Sozialisationserfahrungen in Bezug auf eigene Bewaltigungsmoglichkeiten von Umweltereignissen. Schwarzer und Schmitz (1999) verstehen unter der „kollektiven Selbstwirksamkeitsuberzeugung“ die subjektive Gewissheit, neue oder schwierige Anforderungssituationen auf Grund gemeinsamer Kompetenzen einer Gruppe bewaltigen zu konnen. Das ist bei der Beteiligung von Menschen an der Konzeption von Bioenergiepro — jekten die kollektive Erwartung, das Bioenergie-Projekt auf Grund gemeinsamer Kompetenzen der Menschen auch bei auftretenden Schwierigkeiten umsetzen zu konnen.

Nicht bei jeder Biomassenutzungsalternative existieren die gleichen Betei — ligungsmoglichkeiten und von daher unterscheiden sich die Alternativen in dem Ausmafi, in dem dort Selbstwirksamkeitserfahrungen gemacht werden konnen. Die Werte fur die Selbstwirksamkeitserwartung werden per Fragebogen auf einer 5-skaligen Rating-Skala erhoben. Je hoher der Wert, desto hoher wird die Selbst — wirksamkeitsuberzeugung bewertet.

Forderungen an und Randbedingungen fur die Verfahrenstechnik

Um eine hocheffiziente Biogasproduktion zu gewahrleisten, muss die Verfahrens­technik den Anforderungen des biochemischen Abbaus — und damit der Prozess — biologie — optimal gerecht werden. Daraus resultiert eine Vielzahl von Forderungen und Randbedingungen, die moglichst eingehalten werden sollten. Diese werden

nachfolgend ausgehend von den in den vorherigen Abschnitten dargestellten Grund-

lagen des anaeroben Abbaus diskutiert.

• Ein biologisch katalysierter Abbau organischer Masse ist a priori deutlich lang — samer im Vergleich zu einem thermisch induzierten Abbau (z. B. Verbrennung, Vergasung). Damit bestimmte geforderte bzw. geplante Abbauleistungen erreicht werden konnen, resultieren daraus entsprechend lange Verweilzeiten des Sub — strats im Fermenter. Eine Konsequenz daraus ist ein, sowohl aus verfahrens — technischer als auch aus okonomischer Sicht, entsprechend grofi dimensionierter Fermenter (d. h. ein entsprechend grofies Volumen, in dem der biologische Abbau realisiert wird).

• Der anaerobe Abbau wird durch biologisch katalysierte Prozesse realisiert. Damit diese moglichst schnell und mit einem maximalen Umsatz ablaufen konnen, mussen die Biokatalysatoren immer ausreichend mit Inputmaterial bzw. „Futter“ versorgt werden. Je nach Bakteriengruppe kann dies Frischsubstrat oder bereits teilabgebautes Substrat (d. h. das Endprodukt des jeweils vorherigen Abbau — schritts) sein. Gleichzeitig muss die spezifische Oberflache dieses Inputmaterials so grofi wie moglich sein, damit die Bakterien einfach an die abzubauende bzw. weiter abzubauende organische Masse herankommen. Daraus resultieren aus verfahrenstechnischer Sicht mehrere Forderungen.

— Zum ersten muss das Frischsubstrat ausreichend zerkleinert werden, damit es fur die Bakterien moglichst gut zuganglich ist. Deshalb steigt mit einem hoheren Grad der Zerkleinerung folglich i. Allg. auch die Geschwindigkeit des biologischen Abbaus. Dies gilt aber nicht zwangslaufig fur die Gas — ausbeute.

— Zum zweiten muss eine gute Durchmischung der Substrate mit der Bakterienbiomasse sichergestellt werden, damit diese kontinuierlich und aus­reichend mit Nahrung versorgt wird.

— Zum dritten muss, damit dieser Prozess — aus okonomischen Grunden — kon­tinuierlich ablaufen kann, immer eine bestimmte Menge an Frischsubstrat zugefuhrt und gleichzeitig eine bestimmte Menge an ausgefaultem Substrat abgezogen werden.

• Die anaerobe Vergarung wird in einzelnen, aufeinander aufbauenden Abbau — schritten durch eine Vielzahl unterschiedlicher Bakteriengruppen realisiert, welche jeweils einen bestimmten Abbauschritt katalysieren. Jeder dieser einzelnen Schritte kann dann mit maximaler Geschwindigkeit und minimalen Verlusten ablaufen, wenn die Biokonversion unter bestimmten, jeweils optimalen, Bedingungen realisiert wird (z. B. pH-Wert, Temperaturniveau, Kon — zentration). Diese definierten Bedingungen, unter denen die Bakterien optimal tatig werden konnen und maximale Leistung zeigen, sind jedoch nicht zwingend fur jeden Abbauschritt gleich. So zeigen die am Abbau beteiligten Mikroorga — nismen ihre Optima unter anderem in verschiedenen pH-Bereichen; z. B. liegt der ideale pH-Wert fur die Hydrolyse unter 4 und der optimale pH-Wert fur die Acetogenese und Methanogenese zwischen 6,8 und 7,5.

• Beim anaeroben Abbau wird organische Masse mit einer bestimmten che — misch gebundenen Energie in das energiereiche Abbauprodukt Methan (CH4) und das nicht mehr energetisch nutzbare Gas Kohlenstoffdioxid (CO2) abge — baut. Wird die Bilanz der chemisch in den Ausgangsmaterialien und den End — produkten gebundenen Energie eines derartigen biologisch induzierten Abbau — prozesses erstellt, zeigt sich, dass damit nur sehr wenig Energie verfugbar ist, welche die Bakterien fur ihr (Uber-)Leben aus diesem Prozess nutzbar machen konnen. Deshalb reicht beispielsweise die beim anaeroben Abbau frei werdende Warme i. Allg. nicht aus, das Substrat im Fermenter zu beheizen. Im Umkehr — schluss muss damit das Biogassubstrat beheizt und auf einem Temperaturniveau stabilisiert werden, auf dem die jeweils eingesetzten Bakterien einen substrat — spezifisch optimalen Abbau zeigen.

• Bakterien vermehren sich durch Zellteilung, deren Geschwindigkeit sich unter anderem nach Bakterientyp und Umweltbedingungen unterscheidet. Soll aus verfahrenstechnischer Sicht die Abbauleistung eines Fermenters naherungs — weise konstant gehalten werden, darf nicht mehr Bakterienbiomasse den Reaktor verlassen (z. B. zusammen mit dem abgepumpten ausgefaulten Substrat) als nachwachst. Folglich muss die mittlere Verweilzeit des Substrats im Fermenter so angepasst werden, dass die aktive Bakterienbiomasse zumindest konstant gehalten und nicht reduziert wird. Die Durchflussrate muss also geringer als die Verdopplungsrate der Bakterien sein. Alternativ dazu konnen auch Einrichtungen in den Fermenter eingebaut werden, welche die Mikroorganismen, die den anaer­oben Abbau realisieren (und damit die aktive Biomasse), im Fermenter zuruck halten.

• Die Bakterienbiomasse, die fur den Abbau zustandig ist, kann sich an ver — andernde Umweltbedingungen und eine sich andernde Nahrungszusammenset — zung anpassen. Dafur benotigt sie aber eine bestimmte Anpassungszeit. Deshalb kann bei einer sich nur langsam andernden Frischsubstratzusammensetzung ein hohes Abbauniveau beibehalten werden, wahrend dies bei einer sprunghaften Anderung der Substratzusammensetzung nicht moglich ist. Aus Sicht eines ver — fahrenstechnisch stabilen Betriebs einer Biogasanlage ist deshalb eine homogene Substratzusammensetzung mit nur langsamen Veranderungen des Inputstroms anzustreben.

• Bakterien sind Lebewesen, die — um ihre maximale Leistungsfahigkeit zu erreichen — auch eine moglichst ausgewogene Versorgung mit Nahrstoffen benotigen. Beispielsweise wird der Biogasprozess durch das Verhaltnis der Makronahrstoffe C:N:P:S beeinflusst. Unter bestimmten Bedingungen ist fur die Hydrolyse ein C:N:P:S-Verhaltnis von 500:15:5:3 und fur die Methangarung von 600:15:5:3 optimal. Eine Besonderheit stellt der Bedarf an den Spurenelementen Nickel (Ni), Kobalt (Co), Molybdan (Mo) und Selen (Se) dar. Diese sind fur den Zellaufbau unentbehrlich und fuhren bei einem Mangel zum Absterben der Bakterien. Aus verfahrenstechnischer Sicht muss deswegen eine ausgewogene Nahrstoffversorgung ggf. uber entsprechende Nahrstoff — bzw. Spurenelement — zusatze sichergestellt werden.

Mit dem Substrat konnen auch das Bakterienwachstum hemmende Substanzen

in den Reaktor eingetragen werden (z. B. Desinfektionsmittel aus der Stallbehand-

lung, Stickstoffverbindungen mit bestimmten Exkrementen). Dies behindert die

Reproduktion der fur den Abbau verantwortlichen Bakterien. Aus Sicht der Ver — fahrenstechnik sollte daher eine Kontamination der Substrate mit Stoffen, die das Bakterienwachstum hemmen konnen, vermieden werden. Sind derartige Stoffe zwingend und nahezu unbeeinflussbar im Substrat vorhanden, mussen sie mit ent- sprechenden Verfahren abgetrennt werden.

Durch entsprechende verfahrenstechnische Losungen ist sicher zu stellen, dass alle aufgezeigten Forderungen jederzeit sicher erfullt werden.

Abgasbehandlung

Mit der Neufassung des EEG im Jahr 2009 wurde die Vergutungserhohung fur Emissionsminderung neu eingefuhrt. Demnach haben alle Biogasanlagen, die nach Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigt sind und Biogas zur Verstromung im BHKW einsetzen, Anspruch auf eine Vergutungserhohung, sofern die Form- aldehydgrenzwerte nach dem Emissionsminderungsgebot der TA Luft eingehalten werden. In diesem Zusammenhang wurden seit der Neufassung des EEG 2009 an zahlreichen Biogasanlagen im Zuge der Abgasbehandlung Oxidationskatalysatoren oder eine Thermische Nachverbrennung installiert. Gegenwartig erhalten knapp 36 % der Betreiber die Vergutungserhohung fur Emissionsminderung (DBFZ 2011).

Nach Angaben der Betreiber sind bei rund 28 % der Biogasanlagen eine Abgasbehandlung mit Oxidationskatalysator oder thermischer Nachverbrennung installiert. Die Mehrheit der Biogasanlagen (etwa 72 %) verfugt nach Angaben der Betreiber uber keine weitere Abgasreinigung. Diesbezuglich konnten 604 Ruck — meldungen der Betreiber berucksichtigt werden. Bei den Neuanlagen ist nach Angaben der Betreiber bei nahezu der Halfte der Biogasanlagen eine zusatzliche Abgasbehandlung installiert, bei der anderen Halfte der Anlagen wird von den Betreibern angegeben, dass keine weitere Abgasbehandlung erfolgt (n = 37). Eine Differenzierung nach Art der Abgasbehandlung zeigt, dass bei rund 92 % der Biogasanlagen ein Oxidationskatalysator zur weiteren Abgasbehandlung installiert wurde. Die thermische Nachverbrennung spielt als Verfahren zur Abgasbehandlung nach Angaben der Betreiber eher eine untergeordnete Rolle (DBFZ 2011).

Haftpflichtversicherung

Auch wenn der Schwerpunkt dieses Abschnitts auf der Sachversicherung liegt, soil die Haftpflichtversicherung der Vollstandigkeit halber erwahnt werden.

Versicherungsschutz im Rahmen einer Betriebs — und Umwelthaftpflichtver — sicherung besteht fur den Fall, dass der Versicherungsnehmer wegen eines Schaden — ereignisses (Versicherungsfall), das einen Personen-, Sach — oder sich daraus ergebenden Vermogensschaden zur Folge hat, aufgrund gesetzlicher Haftpflicht — bestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.

Der Haftpflichtversicherer ubernimmt hierbei drei wichtige Aufgaben:

• Prufung der Haftungsanfrage

• Regulierung der berechtigten Anspruche

• Abwehr der unberechtigten Anspruche, was einer Rechtsschutzfunktion gleich — kommt.

Ausgeschlossen sind ublicherweise Vorsatz, Schaden an eigenen Sachen, Schaden aus vertraglichen Zusagen, wenn diese uber die gesetzliche Haftpflicht hinausgehen, sowie Vertragserfullungsanspruche.

Die Haftpflichtversicherung schutzt nicht nur den Versicherungsnehmer, sondern in der Regel auch dessen gesetzlichen Vertreter und Betriebsangehorige, wenn sie Schaden in Ausfuhrung ihrer dienstlichen Verrichtung fur den Versicherungsnehmer verursachen.

Der Versicherungsschutz fur Personen-, Sach — und Vermogensschaden kann entweder als eigenstandige Versicherung oder, wenn der Betrieb schon eine Ver — sicherung hat, als Erganzung abgeschlossen werden. Bei letzterem ist zu beachten, dass die Betriebsbeschreibung in den bestehenden Policen auch den Betrieb der Biogasanlage vorsieht und fur den Fall, dass eine eigene Gesellschaft gegrundet wird, diese Gesellschaft im Vertrag der Haftpflichtversicherung angefuhrt wird.

Die Betriebshaftpflichtversicherung bietet Schutz fur Schaden aus dem Betrieb der Biogasanlage (Betriebsrisiko oder auch sog. Betriebsstattenrisiko), wahrend die Umwelthaftpflichtversicherung die gesetzliche Haftpflicht wegen Personen — und Sachschaden durch Umwelteinwirkungen auf Boden, Luft und Wasser absichert.

Relativ neu ist in Deutschland das Umweltschadensgesetz, das 2007 gemafi einer EU-Richtlinie in Kraft trat. Ein Umweltschaden ist die Schadigung von geschutzten Arten und naturlichen Lebensraumen, von Gewassern und des Bodens. Nach der Richtlinie soll ein Betreiber, der durch seine Tatigkeit einen Umwelt­schaden verursacht hat, dafur finanziell verantwortlich sein. Bei der Umwelt — schadensversicherung handelt es sich um Anspruche offentlich-rechtlichen Inhalts. Die Umwelthaftpflichtversicherung bietet hierfur keinen Versicherungsschutz, da dort die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts als versichert gilt. Daher ist es wichtig, dass die Umweltschadensversicherung eigens abgeschlossen wird. Meistens geschieht dies in Kombination mit der Betriebs — und Umwelthaftpflicht — versicherung.

Rechtsschutz im Genehmigungsverfahren

Eine wichtige Bedeutung kommt auch dem moglichen Rechtsschutz im Genehmigungsverfahren zu. Zu unterscheiden ist dabei zwischen den Rechtsschutz — moglichkeiten des Vorhabentragers einerseits und potentieller Drittbetroffener andererseits.

Rechtsschutzmoglichkeiten fur den Anlagenbetreiber

Fur den Anlagenbetreiber kann sich ein Bedurfnis nach Rechtsschutz in zwei Fallen ergeben:

Wird die Erteilung einer beantragten Genehmigung vollumfanglich versagt, kann der Vorhabentrager Klage auf Erteilung der Genehmigung vor dem jeweiligen Verwaltungsgericht erheben. Gegebenenfalls ist der Klage nach dem jeweiligen Landesrecht ein Widerspruchsverfahren vorgeschaltet. Die sog. Verpflichtungs — klage wird in der Regel Erfolg haben, wenn der Klager nachweisen kann, dass die Anlagenerrichtung und ihr Betrieb in Einklang mit den rechtlichen Anforderungen erfolgen. In diesem Falle hat der Antragsteller grundsatzlich einen gebundenen Anspruch auf Erteilung der beantragten Genehmigung.

Wird die Genehmigung unter Auflagen erteilt, steht es dem Anlagenbetreiber offen, im Wege der Anfechtungsklage nur gegen die mit der Genehmigung ver — bundenen Auflagen vorzugehen.

Allgemeine Vergutungsregelung fur Strom aus Biomasse

Die Vergutung von Strom aus „Biomasse“ ist in § 27 EEG geregelt. Die Vorschrift ist vor dem Hintergrund der wohl komplexesten und am variabelsten einsetzbaren Energieform recht kompakt gehalten. Sie wird allerdings durch umfangreiche Ver- ordnungen erganzt.

Leistungsabhangige Grundvergutung (§ 27 Abs. 1 EEG)

Auf der Grundlage des § 27 EEG wird Strom aus „Biomasse“ vergutet. Dieser Begriff umfasst eine Vielzahl von Energietragern und technischen Verfahren, die zu deren Umwandlung in Strom genutzt werden.

Tab. 3.3 Ubersicht uber EEG-Vergutungssatze (EEG 2012)

Vergutung fur

Biogasanlagen (ohne Bioabfall) und Festbrennstoffanlagen

Bioabfall-

vergarung-

sanlagen

kleine Gul — leanlagen

Anlagenleis-

tungsaquivalent

Grund-

vergu-

tung

Einsatz — stoffver- gutung I *

Einsatz — stoffver- gutung II **

Gasaufber-

eitungs-

bonus

[kWel]

[Cent/kWh l]

< 75 ****

14,3

6

8

16

25****

< 150

< 500

12,3

< 700 Nm3/h: 3

14

< 750

11

5

8 / 6 ***

< 1.000 Nm3/h: 2

< 5.000

11

4

< 1.400 Nm3/h: 1

< 20.000

6

* Nur 2,5 Cent/kWh fur Strom aus Rinde und Waldrestholz ab 500 kW bis 5.000 kW ** Nur fur ausgewahlte, okologisch wunschenswerte Einsatzstoffe und entsprechender Definition *** Strom aus Gulle (nur Nr. 9,11 bis 15 der Anlage 3 BiomasseV) uber 500 kW 6 Cent/kWh **** Sonderkategorie fur Gulleanlagen bis 75 kW installierte Leistung, nicht kombinierbar (d. h. keine zusatzliche Grund- oder Einsatzstoffvergutung)

***** Gilt ausschlieBlich fur Anlagen, die bestimmte Bioabfalle (nach § 27a Abs. 1) vergaren und unmittelbar mit einer Einrichtung zur Nachrotte der festen Garruckstande verbunden sind. Die nachgerotteten Garruckstande mussen stofflich verwertet werden. Die Vergutung ist nur mit der Zusatzvergutung fur die Biomethaneinspeisung kombinierbar.

Begriff der Biomasse

Welche Substrate unter den Begriff der Biomasse fallen, regelt nicht das Gesetz, sondern die Biomasseverordnung (BiomasseV), auf die § 27 Abs. 1 EEG ausdruck — lich Bezug nimmt.

Der Regelungsgehalt der BiomasseV umfasst vier Elemente:

1. Stoffe, die als Biomasse eingesetzt werden konnen (Positivliste) und solche, fur die dies nicht zutreffen soil (Negativliste),

2. Festlegung der Energieertrage aus anerkannter Biomasse,

3. technische Verfahren zur Verstromung der Biomasse sowie

4. dabei einzuhaltende Umweltanforderungen.

Als Biomasse kommen beispielsweise in Betracht (§ 2 BiomasseV):

1. Pflanzen und Pflanzenbestandteile,

2. aus Pflanzen oder Pflanzenbestandteilen hergestellte Energietrager,

3. Abfalle pflanzlicher und tierischer Herkunft aus der Land-, Forst — und Fischwirt — schaft.

Nicht als Biomasse werden beispielsweise anerkannt (§ 3 BiomasseV):

1. fossile Brennstoffe sowie daraus hergestellte Neben — und Folgeprodukte,

2. gemischte Siedlungsabfalle aus privaten Haushaltungen,

3. Altholz (mit Ausnahme von Industrierestholz),

4. Papier, Pappe, Karton.

Grundsatzlich gilt Gas aus Biomasse als „Biomasse“ im Sinne der BiomasseV. Wird Gas aus Biomasse uber ein Gasnetz von der Aufbereitungsanlage hin zur Strom — und Warmeerzeugungsanlage geleitet, gilt auch das vor Ort entnommene Gas als Biomasse, soweit die Menge des entnommenen Gases im Warmeaquivalent der Menge von an anderer Stelle in das Gasnetz eingespeistem Gas aus Biomasse entspricht und das Gas von der Einspeisung in ein Gasnetz bis hin zu seiner Ent — nahme in ein Massenbilanzsystem einbezogen ist (Gasabtausch, § 27c Abs. 1 EEG). Erfasst ist damit samtliches Gas aus Biomasse — auch solches aus der Holzver — gasung — und nicht nur Biogas, das bei Vergarungsprozessen anfallt. Praktisch bedeutsam durfte aber nur letzteres sein, weil Pyrolyse — und Synthesegase in der Regel einen zu geringen Methanwert aufweisen und erst sehr aufwandig aufbereitet werden mussten.