Category Archives: Vereinfachtes Verfahren

Anlagen im AuBenbereich

Soil die Biogasanlage im sog. AuBenbereich errichtet werden, also sowohl auBerhalb eines Bebauungsplans als auch einer vorhandenen Bebauungsstruktur, hangt die Beurteilung der Zulassigkeit maBgeblich davon ab, ob es sich um ein privilegiertes Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB oder ein nicht privilegiertes Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB handelt.

• Privilegierte Vorhaben

— In § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB hat der Gesetzgeber einen ausdrucklichen Privilegierungstatbestand fur bestimmte Arten von Biogasanlagen geregelt. Liegen die Voraussetzungen dieser Vorschrift vor, ist ein Vorhaben stets zulassig, wenn nicht im Einzelfalle offentliche Belange entgegenstehen.

— Die Privilegierung erfasst jedoch nur Anlagen, die — neben weiteren Voraus­setzungen — im Zusammenhang mit einem land — oder forstwirtschaftlichen Betrieb stehen, bei denen die Biomasse uberwiegend aus diesem Betrieb oder uberwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben stammt und die Feuerungswarmeleistung der Anlage nicht 2,0 MW bzw. die Kapazitat der Biogaserzeugungsanlage nicht 2,3 Mio. Nm3 Biogas pro Jahr uberschreitet. Die Moglichkeit einer privilegierten Errichtung im AuBenbereich gilt dem — nach allenfalls fur eher kleinere Biogasanlagen.

• Nicht privilegierte Vorhaben

— Von einer Bebauung mit nicht privilegierten Vorhaben ist der AuBenbereich grundsatzlich freizuhalten. Ist eine Biogasanlage nicht als privilegiertes Vor­haben im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB einzustufen, kann sie gemaB § 35 Abs. 2 BauGB nur zugelassen werden, wenn offentliche Belange, etwa solche des Natur — und Landschaftsschutzes, nicht beeintrachtigt werden. Erfahrungs — gemaB ergibt sich aber meist, dass offentliche Belange negativ beruhrt und damit die Voraussetzungen fur die Zulassigkeit der Anlage im AuBenbereich nicht gegeben sind.

— In derartigen Fallen bleibt fur Vorhabentrager im Grunde nur die Moglichkeit, auf die Aufstellung eines Bebauungsplans durch die zustandige Gemeinde hinzuwirken, durch den die Errichtung von Biogasanlagen in dem betroffenen Gebiet ausdrucklich fur zulassig erklart wird.

Abwicklung unter Einsatz eines Erdgasportfolios/Erdgasbilanzkreises

Die Abwicklung jedes (Bio-)Gastransports muss uber Bilanzkreise erfolgen (§ 22 GasNZV). Fur Biogas erfolgt dies entweder uber einen besonderen Biogasbilanz — kreis oder einen Erdgasbilanzkreis. Der Lieferant kann fur die Belieferung mit Biogas deshalb grundsatzlich auf seine bestehenden Erdgas-Bilanzkreise zuruck — greifen, die er in dem jeweiligen Marktgebiet (Gaspool oder NetConnect Germany) unterhalt und ein Biogas-BHKW uber diese mit Brennstoff beliefern. Er verzichtet dabei auf die durch die GasNZV eingeraumten Sonderrechte fur die Biogas — bilanzierung.

Die Entscheidung uber die Nutzung des Biogas — oder des Erdgas-Bilanzkreises hat — entgegen einer ersten Vermutung — keinen Einfluss auf die Vergutungsfahig — keit des aus dem transportierten Gas erzeugten Stroms. Wie das eingespeiste Gas aus Biomasse zu bilanzieren ist und der Transport abgewickelt wird, regelt das EEG nicht. Denn das EEG macht im Rahmen der sog. Mengenabtauschsregelung keine Vorgaben zur Abwicklung des Biogastransports. Der Wortlaut des § 27c Abs. 1 EEG stellt insoweit ausschliefilich darauf ab, dass aus einem Gasnetz entnommenes Gas als Gas aus Biomasse gilt, soweit die Menge des entnommenen Gases im War — meaquivalent am Ende eines Kalenderjahres der Menge von Gas aus Biomasse ent — spricht, das an anderer Stelle im Geltungsbereich des Gesetzes in das Erdgasnetz eingespeist worden ist. Dem EEG kommt es insoweit ausschliefilich darauf an, dass uberhaupt Gas aus Biomasse in das Erdgasnetz gelangt ist und auch nur die war — meaquivalente Menge an Gas wieder entnommen wird. In physikalischer Hinsicht entspricht die Regelung in § 27c Abs. 1 EEG damit der Funktionsweise des Erdgas — transports, bei dem die „Namlichkeit des Gases“ nicht gewahrt zu bleiben braucht (§ 8 Abs. 1 GasNZV).

Zur Erfullung der Lieferverpflichtungen wird sich der Biogaslieferant seines Biogasportfolios bedienen. Er wird in diesem Portfolio grofiere Mengen Biogas mehrerer Produzenten zusammenfassen, um etwaige Lieferpflichten mit minimalem Risiko erfullen zu konnen und ggf. Potenziale zur Optimierung zu nutzen.

Die Lieferung von Biogas wird mit dem Kunden in einem ublichen Gaslieferver — trag vereinbart, der als all-inclusive (mit Transportleistung unmittelbar zum Aus — speisepunkt) oder desintegrierter Vertrag (mit Lieferort Virtueller Handelspunkt — VHP) geschlossen werden kann.

Eine besondere Herausforderung ergibt sich, wenn sich unterschiedliche Bio — gasqualitaten im Portfolio des Lieferanten befinden, d. h. bestimmte Teilmengen, die z. B. fur den Gasaufbereitungsbonus qualifiziert sind (vgl. Anlage 1 zum EEG). So kann es bei der einen Biogasqualitat zu einer Uber-, bei einer anderen Qualitat zu einer Unterdeckung kommen. Der EEG-Anlagenbetreiber steht hier ggf. vor der Problematik des endgultigen Verlustes der Vergutungsfahigkeit seines erzeugten Stroms.

Qualifizierung des Vertrages

Ausgehend von der zuvor vorgenommenen Kategorisierung setzt sich ein General- unternehmervertrag aus verschiedenen Leistungspflichten zusammen. Versucht man nun, einen solchen Generalunternehmervertrag juristisch unter einen der im BGB geregelten Vertragstypen (beispielsweise: Dienstleistungs-, Werk — oder Kauf- vertrag) zu subsumieren, so stofit man in tatsachlicher Hinsicht an Grenzen. Denn letztendlich handelt es tatsachlich um einen sog. „gemischten Vertrag“ in dem Sinne, dass unterschiedliche Vertragsarten dem Generalunternehmervertrag zugrunde zu legen sind. In der Regel kann man aber schwerpunktmafiig davon ausgehen, dass es sich jedoch schlicht um eine Summierung werkvertraglicher Leistungspflichten handeln wird. Denn insbesondere Leistungen als Objektplaner haben wohl eher werkvertraglichen Charakter (vgl. hierzu Kapellmann 2004, Rn. 48).

Ausgehend von der grundsatzlich geltenden zivilrechtlichen Gestaltungsfreiheit haben die Vertragsparteien aufierdem die Moglichkeit, individuelle Vereinbarungen als auch andere Regelwerke ihrer Vertragsbeziehung zugrunde zu legen. Insoweit wird auf Abschn. 3.2.2.3 dieses Kapitels verwiesen.

Nach diesen grundlegenden Ausfuhrungen zur Anlagenerrichtung liegt nach — folgend der Schwerpunkt darauf, dem potenziellen Betreiber eines Biogaspro — jektes die relevanten Gesichtspunkte im Falle der Errichtung durch einen General — unternehmer aufzuzeigen. Hierbei sollen die Besonderheiten bei einer vertraglichen Ausgestaltung aufgezeigt und dabei die bereits angesprochenen Vorzuge, die sich aus der Einschaltung eines Generalunternehmers ergeben, im Blick behalten werden. Zwar konnen daruber hinaus nicht samtliche Fragestellungen im Hinblick auf den Abschluss eines Generalunternehmervertrages thematisiert werden. Einige besonders relevant erscheinende Punkte sollen in den nachfolgenden Ausfuhrungen jedoch an geeigneter Stelle — in der gebotenen Kurze — Erwahnung finden.

Unverbindlichkeit von Fristenregelungen

Bei der Vereinbarung von Terminen kommt es haufig zu erheblichen Unsicherheiten, ob die Termine auch verbindlich sind. Insbesondere wenn an das Uberschreiten von Fristen Schadensersatz und Vertragsstrafe geknupft sind, ist eine genaue und eindeutige Formulierung geboten. Ausfuhrungsfristen sind nur dann echte Ver- tragsfristen, wenn klare und eindeutige Regelungen vorliegen (Asam-Peter 1999, S. 114). Ausfuhrungsfristen in einem Bauzeitenplan sind in der Regel unver- bindliche Einzelfristen. Erst durch eindeutige Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer konnen sie zu verbindlichen Vertragsfristen gemacht werden.[210]

Vertrage enthalten haufig keine eindeutigen Regelungen zum Baufortschritt, dem Fristablauf oder Einzeltermine, deren Fristuberschreitung eine verbindliche, mit Vertragsstrafen bewehrte Vertragsfrist auslosen. Sind keine nach dem Kalender bestimmten Termine fur den Baubeginn oder die Fertigstellung vereinbart oder wird lediglich auf einen Bauzeitenplan verwiesen, ist das Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung grofi. Eine Klarstellung der Regelung beseitigt die Risiken der Unbestimmtheit und erleichtert die Vertragsabwicklung.

Methode, Ergebnisse und Fazit

Die Daten fur die sozialen Kriterien ruhren z. T. aus dem Aktionsforschungsprojekt „Das Bioenergiedorf Juhnde“ (s. Eigner-Thiel 2005), z. T. aus einer grofiangelegten Studie zur Akzeptanz unterschiedlicher Biomassepfade aus dem Jahr 2010 (vgl. Wuste & Schmuck 2012). Die ermittelten Werte der Kriterienauspragungen fur die drei Alternativen „Bioenergiedorf“, „Biogas-Grofianlage“ und „Biogas — Einzelanlage“ zeigt Tab. 3.6.[220] In der rechten Spalte sind die Gewichtungen der jeweiligen Kriterien aufgefuhrt, die sich auf insgesamt 100 % addieren lassen. Eine unmittelbare Ermittlung einer dominierten oder dominierenden Alternative ist nicht unmittelbar moglich. Eine Alternative heifit dominiert, wenn eine andere Alternative sie bezuglich eines oder mehrerer Kriterienauspragungen ubertrifft und bezuglich der anderen Attribute gleichwertig ist (Zimmermann & Gutsche 1991). Der Uber — blick wird vor allem deshalb erschwert, weil manche Kriterien zu maximieren und andere zu minimieren sind.

Zur Bestimmung von Kompromisslosungen fur derartige Entscheidungspro — bleme, in denen mehrere und z. T. gegenlaufige Ziele angestrebt werden, wird die multikriterielle Optimierung verwendet. Mit Hilfe von multiattributiven Ent — scheidungsmodellen (Multi Attribute Decision Making — MADM) konnen ver — schiedene diskrete Alternativen oder Handlungsoptionen im Hinblick auf mehrere Kriterien bewertet werden. Dabei werden mathematische Methoden angewendet, um Kriterienbundel zu einer moglichst in reellen Zahlen ausgedruckten Ordnung (Rangfolge) zu reduzieren (Zimmermann & Gutsche 1991; Geldermann 2006).

Um sich zunachst einen Uberblick uber mogliche Zielkonflikte in einem kon — kreten Entscheidungsproblem zu verschaffen, genugt als einfachste Methode der Mehrzielentscheidungsunterstutzung das „Simple Additive Ranking“ (SAR), bei der Rangfolgen der Alternativen fur jedes Kriterium gebildet werden (Geldermann & Schobel 2011). Allerdings ist diese Methode anfallig fur Fehlinterpretationen sowie unerwunschte Rangtausche, wenn irrelevante Alternativen aus der weiteren Bewertung ausgeschlossen werden.

Daher wird im Folgenden das Ergebnis der Anwendung des Outranking-Ver — fahrens PROMETHEE kurz vorgestellt. Outranking-Verfahren beruhen auf paar — weisen Vergleichen der Alternativen hinsichtlich jedes Kriteriums mit Hilfe einer Praferenzfunktion zur Quantifizierung der jeweiligen „Vorziehenswurdigkeit“ (Brans et al. 1986; Geldermann 2006). Ein erster Blick auf die Darstellung der relativen Starken und der relativen Schwachen der betrachteten Alternativen hinsichtlich der berucksichtigten Kriterien (vgl. Abb. 3.6) zeigt, dass das Bioener — giedorfkonzept mit Abstand am besten abschneidet. Um zu erkennen, welche

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Abb. 3.6 Relative Starken und Schwachen verschiedener Biogas-Konzepte205

Kriterien ausschlaggebend fur eine bessere oder schlechtere Bewertung einer Alternative sind, ist ein Spinnweb-Diagramm gut geeignet. Abbildung 3.7 illustriert, dass besondere Starken des Bioenergiedorfkonzepts im Bereich der Partizipation und im Bereich der psychologischen Konsequenzen liegen. Einzig bezuglich des Kriteriums „Geruchswahrnehmung“ schneidet die Grofianlage noch besser ab, was plausibel ist: Eine Grofianlage steht nicht direkt im Dorf, die vergorene Gulle wird auf die Acker von uber 40 Landwirten verteilt, so dass sich auch die Geruche uber ein weiteres Gebiet verteilen.

Fast gleich, aber beide deutlich schlechter als das Bioenergiedorfkonzept schneiden die Biogaseinzelanlage und die BiogasgroBanlage mit Einspeisung ab.

Fur beide Konzepte uberwiegen die relativen Schwachen, so dass auch der Gesamt- wert (Phi-netto) sich negativ darstellt.

Verursacht ist dies bei der Einzelanlage vor allem durch die geringe Anzahl von Arbeitsplatzen, die zusatzlich geschaffen werden, aufierdem durch die geringen Moglichkeiten fur die Bevolkerung, sich an den Planungen zu beteiligen und die als relativ hoch eingeschatzten Werte fur den Betriebslarm (s. Spinnweb-Diagramm, Abb. 3.7).

Das Spinnweb-Diagramm zeigt, dass die Schwachen der Grofianlage vor allem in fehlenden Moglichkeiten zur Erhohung der Selbstwirksamkeitsuberzeugung, fehlenden Gelegenheiten zur Erhohung des Wir-Gefuhls und fehlendem Gefuhl von [221]

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Abb. 3.7 Spinnweb-Diagramm zum Vergleich verschiedener Biomassepfade[222]

Autarkie bezuglich Rohstoffen und Energieversorgungsunternehmen liegen. Auch die wenigen Moglichkeiten zur Partizipation wirken sich hier sehr negativ aus.

Aus wissenschaftlicher Sicht ist jedoch methodisch festzuhalten, dass eine Spinnweb-Darstellung einen irrefuhrenden visuellen Eindruck vermitteln kann, weil durch die gleichen Winkel zwischen alien Kriterienstrahlen eine Gleichgewichtung aller Kriterien suggeriert wird und die Flache unter der Alternativenlinie moglicher — weise als eine Art Praferenzwert interpretiert wird. Im Hinblick auf die exem — plarische Fallstudie ist es auBerdem durchaus als kritisch zu werten, dass nur eine Dimension des Entscheidungsproblems, namlich die der sozialen Kriterien der Nachhaltigkeit, betrachtet wird.

Eineganzheitliche Einschatzung der Eignung bestimmter Biogaskonzepte fur eine bestimmte Region ist nur moglich, wenn letztlich auch die okologischen, die okonomischen und die technischen Kriterien mit einbezogen werden. Weiter mussen beispielsweise auch die geographischen Gegebenheiten wie Bodenbeschaffenheit, klimatische Bedingungen oder aber Moglichkeiten der wirtschaftlichen Nutzung

der Abwarme berucksichtigt werden, wie es im Forschungsprojekt „Biomasse im Spannungsfeld“ angestrebt wird. Ein allgemeingultiger Vergleich der drei betrachteten Alternativen (Bioenergiedorf, Biogas-Einzelanlage, Biogas-Grofi — anlage) ist schwerlich moglich. Da das Forschungsvorhaben „Biomasse im Spannungsfeld“ auf das Forschungsprojekt „Bioenergiedorf Juhnde“ aufbaut, liegen fur diese Alternative detaillierte Daten vor bzw. werden unter anderem in aktuellen landwirtschaftlichen Anbauversuchen erforscht. Hingegen sind aus betrieblichen Geheimhaltungsinteressen Daten fur Biogaseinzelanlagen sowie ins — besondere fur Biogasgrofianlagen schwer mit der gleichen Genauigkeit zu ermitteln. Eine weitere Schwierigkeit besteht in der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Grofiendimensionen. So haben Biogasgrofianlagen einen weit grofieren Biomasse — Einzugsbereich. Um eine Vergleichbarkeit zu ermoglichen, wird das Konzept der „funktionalen Einheit“, wie es aus der Okobilanzierung bekannt ist, genutzt. Samtliche Kriterienauspragungen mussten dann nach Moglichkeit auf die Agrar — flache normiert werden. Dies ist insbesondere fur die Bewertung der okologischen und okonomischen Nachhaltigkeit wichtig, aber weniger fur die Erprobung der sozialen Kriterien, deren Bewertung deshalb hier schon durchgefuhrt werden konnte.

Trotz dieser einschrankenden Anmerkungen stellt die bewusste Fokussierung auf die sozialen Kriterien bei der Bewertung von Biomassenutzungskonzepten in diesem Beitrag einen Kontrapunkt zu vielen anderen Studien dar, die genau diese Dimension der Nachhaltigkeit ausklammern.

Beispiele

Aufbauend auf den bisherigen Ausfuhrungen werden nachfolgend unterschiedliche Konzepte landwirtschaftlicher Biogasanlagen mit verschiedenen Inputstromen und Techniken vorgestellt und diskutiert. Dadurch wird die Bandbreite der heute in der Praxis umgesetzten Losungen deutlich (unter anderem Fachagentur Nach — wachsende Rohstoffe 2006; vTI 2009; Bischofsberger 2004; Carius 2010; Bundes — verband der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften 2008, Bioferm 2011; Bundesforschungsanstalt fur Landwirtschaft 2007).

4.3.3.1 Vergarung nachwachsender Rohstoffe

Die angelieferten Substrate (z. B. Maissilage) werden entweder in geschlossenen Silobunkern verschiedener Ausfuhrungen oder auf offenen, gut abgedichteten Flachen gelagert. Von dort werden sie mithilfe unterschiedlicher Fordertechniken (z. B. Radlader, Schubboden, Schnecken) uber eine Wiegevorrichtung zu einer Substrateintragseinrichtung transportiert. Hier werden sie verdichtet und in den eigentlichen Biogasfermenter eingebracht.

Die Vergarung findet in einem einstufigen Verfahren statt. Dann ist nur ein Reaktor vorhanden, in welchem die anaerobe Fermentation stattfindet. Bei dem hier betrachteten ausschliefilichen Einsatz nachwachsender Rohstoffe bietet sich dafur der Einsatz eines Pfropfenstromfermenters an, in dem der Abbau stattfindet. Der Fermenter wird mit einem Paddelruhrwerk durchmischt, welches beheizt ist und damit gleichzeitig auch die Warme in den Reaktor eintragt. Das entstandene Gas wird am oberen Teil des Fermenters abgezogen und das ausgefaulte Substrat an dem zum Substrateintrag entgegengesetzten Fermenterende. Dann wird das vergorene Material in ein gasdicht abgedecktes Garrestelager gebracht, das gleichzeitig auch als Gasspeicher verwendet werden kann und das zusatzlich als Nachgarer dient. Das Gas, welches hier im Vergleich zum eigentlichen Fermenter in deutlich geringerer Menge produziert wird, wird anschliefiend mit dem Gasstrom aus dem Fermenter zusammengefuhrt.

Das Biogas wird anschliefiend getrocknet, damit sichergestellt wird, dass es keine verfahrenstechnischen Probleme durch eine Wasserblockierung in den Gas — leitungen gibt. Weiterhin wird das Gas in einem separaten Fermenter biologisch entschwefelt, damit die gesetzlich vorgegebenen Schwefeldioxid-Grenzwerte bei der anschliefienden Nutzung sicher eingehalten werden konnen.

Danach wird das gereinigte Gas in einem BHKW verstromt und die elektrische Energie nach EEG in das Netz der offentlichen Stromversorgung eingespeist. Die parallel damit erzeugte Warme wird zur Bereitstellung von heifiem Wasser genutzt, mit dem das Paddelruhrwerk — und damit das Substrat — beheizt wird. Die uber — schussige Warme wird zur Beheizung eines angrenzenden Gewerbebetriebes genutzt.

Der Garrest wird mit den in der Landwirtschaft ublichen Techniken und Ver — fahrensablaufen als Wirtschaftsdunger auf die Felder ausgebracht. Dadurch werden die Nahrstoffkreislaufe geschlossen. Das Schema einer Biogasanlage zur Vergarung nachwachsender Rohstoffe ist in Abb. 4.14 dargestellt.

Vergarung in mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen

Im Jahr 2010 waren in Deutschland 45 mechanisch-biologische Behandlungsanlagen (MBA und MBS) sowie 3 mechanisch-physikalische Stabilisierungsanlagen (MPS- Anlagen) in Betrieb. Die Gesamtkapazitat aller Anlagen mit MBA-Technologie belauft sich auf etwa 5,9 Mio. Mg. Damit werden ca. 25 % der in Deutschland anfallenden Siedlungsabfalle in MBA behandelt (MBA-Steckbrief 2011).

In 18 MBA mit Vergarungsstufe wird der organische Anteil des Restabfalls in einer Anaerobstufe behandelt und so Biogas gewonnen. Dabei sind Nass — und Trockenvergarungsverfahren (Feststoffvergarungsverfahren) im Einsatz (MBA — Steckbrief 2011). Immer mehr MBA sind bemuht, zumindest einen Teilstrom der abgetrennten organischen Fraktion anaerob zu behandeln. Die staatlich geforderte Stromerzeugung aus Biogas ist auch fur MBA interessant. Die MBA Rostock beispielsweise wird seit 2008 mit einer Teilstromvergarung mit drei Pfropfen — stromfermentern (Kompogasverfahren) betrieben. Damit wird aus der mechanisch abgetrennten Organik Biogas gewonnen (EVG 2010). Da die Verwertung der bei der Stromerzeugung aus Biogas freiwerdenden Warme schwierig ist, wird seit 2010 ein Grofiteil des Gases zu Biomethan aufbereitet und in das Erdgasnetz eingespeist.

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Abb. 4.28 Moglichkeiten der Verwertung/Behandlung von Bioabfall. (Schuch 2010)

Es wird nur noch so viel Elektroenergie am Standort erzeugt, wie notig ist, um den Warmebedarf der Garreaktoren mittels der Abwarme der BHKW zu decken.

Die Restabfallvergarung stellt wegen des grofien Anteils an groben Storstoffen und abrasiven mineralischen Bestandteilen besondere Anforderungen an die Anlagenbetreiber. Beschadigungen, Verstopfungen und massive Sedimentations — prozesse werden erst nach und nach beherrscht. Feststoffvergarungsverfahren scheinen mit dem zu vergarenden Restmull bzw. den organischen Teilstromen besser klar zu kommen.

Die vergorenen Substrate werden i. d. R. aerob nachbehandelt und dann auf Deponien abgelagert. MBA erzeugen keinen fur den Einsatz in der Landschaft geeig — neten organischen Output. Fur die Ablagerung auf Deponien muss der behandelte Abfall ausreichend inert sein, d. h. er darf in der Deponie nicht mehr mit anderen Substanzen oder Medien reagieren und sich nicht weiter abbauen. Uberpruft wird diese Stabilitat mit einem Gartest (Gasbildungsrate in 21 Tagen — GB21) oder der Feststellung noch vorhandenen Abbaupotentials im aeroben Milieu (Atmungs — aktivitat innerhalb von 4 Tagen — AT4). Es gelten die Regelungen der Deponiever — ordnung (2009).

MBA-Betreiber prufen derzeit, den behandelten organischen Teilstrom nicht mehr zu deponieren, sondern mit Abwarme zu trocknen und anschliefiend ther — misch zu nutzen.

Der Schuldendienstdeckungsgrad als zentrale Kennziffer

Der Schuldendienstdeckungsgrad (Debt Service Cover Ratio, DSCR) ist die wahrscheinlich am haufigsten gebrauchliche Kennzahl innerhalb einer Projekt — finanzierung:

Cashflow der Periode + Schuldendienstreserve

DSCR =

Schuldendienst der Periode

Diese Kennzahl wird zum einen jahrlich — manchmal auch zu jedem Kapital — diensttermin — berechnet, zum anderen aber bereits zur Planung eines Projektes uber die gesamte Kreditlaufzeit ausgewiesen. Die Dominanz des DSCR erklart sich unmittelbar aus dem zentralen, wirtschaftlichen Charakteristikum einer Pro — jektfinanzierung: Da die zur Finanzierung des Projektes aufgenommenen Darlehen ausschliefilich aus dem vom Projekt generierten Cashflows zuruckgefuhrt werden, ist es nahe liegend, den Cashflow-Verlauf dahingehend zu untersuchen, ob er in der Lage ist, den Kapitaldienst fur die Darlehen zu erbringen. Wenn der Schulden­dienstdeckungsgrad die einzige verwandte Kennzahl ist, ist dies fur die Zwecke einer Projektfinanzierung gleichwohl ausreichend.

Der DSCR gibt an, um welchen Faktor der erwartete Cashflow den Kapitaldienst in jedem Jahr uber — oder unterdeckt. Banken sind aufgrund ihrer Risikopraferenzen nur bereit, Projektkredite bei Uberschreitung bestimmter Uberdeckungsverhalt — nissen zur Verfugung zu stellen. Wenn der DSCR unter 1,00 fallt, kann das Projekt seinen Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag nicht mehr vollstandig nachkommen und muss entweder weitere Kreditmittel aufnehmen, Eigenmitteleinschusse erhalten oder eine Anderung des Tilgungsprofils muss verhandelt werden. Die Kennzahl ist im besonderen Mafie dafur geeignet, das Ruckzahlungsprofil eines Projektes zu bestimmen. In der oben genannten Verwendung beinhaltet sie die Schuldendienst­reserve: Dies hat zwar den Nachteil, dass im Basisfall der DSCR strukturell uber — schatzt wird, aber den deutlichen Vorteil, dass in einem Belastungsfall — und vor allem dieser interessiert die Kreditgeber — die Belastbarkeit des Vorhabens inklusive der Reserven, die fur die Bedienung des Kapitaldienstes zur Verfugung stehen, auf- gezeigt wird.

Wenn die Kennzahl wie oben benutzt wird, sollte sich die Interpretation auf einen Belastungsfall beziehen. In einem Basisfall ist zu berucksichtigen, dass der DSCR um die Schuldendienstreserve zu hoch ausgewiesen wird. Keinesfalls durfen hier andere Konten als die Schuldendienstreserve eingerechnet werden, wie z. B. eine Wartungskostenreserve. Der Schuldendienstdeckungsgrad ist eine hochgradig verdichtete Kennzahl, da sie samtliche Einzahlungen und Auszahlungen eines Vor — habens vor dem Hintergrund der Kapitaldienstfahigkeit darstellt.

In jedem Fall sei davor gewarnt, allein auf den minimalen Schuldendienst­deckungsgrad eines Vorhabens zu sehen. Dies ist ein eher allgemeiner Merksatz, der bereits in einer Reihe von Rechnungslegungssystemen festgeschrieben ist: Es existiert keine Moglichkeit, die Performance eines Unternehmens in einer Kenn­zahl auszudrucken. Daher sollte keine alleinige, ubertriebene Bedeutung auf eine noch so wichtige Kennzahl gelegt werden, sondern zusatzlich untersucht werden, welche Parameter realistischerweise wie weit schwanken konnen und welche Kon — sequenzen sich insoweit auf die Belastbarkeit des Vorhabens ergeben.

Je nach Risikoeinschatzung kann der festgesetzte Mindestdeckungsgrad stark variieren, wobei er umso hoher sein wird, je grofier die Risikoubernahme der Pro — jektbeteiligten ist. Entsprechend schwanken die Uberdeckungsverhaltnisse in Abhangigkeit von den Erfahrungen der Branche und dem jeweiligen Risikoprofil eines Projektes. Wichtig ist die Frage, wie robust das Projekt gegenuber negativen Planabweichungen reagiert und welche Sicherungsmechanismen greifen, um daraus eine Mindestdeckungsrelation fur die Vergabe von Projektkrediten zu ermitteln.

Die Bedeutung der Risikoabsicherung nach dem Kriterium des Schuldendienst — deckungsgrades zeigt auch eine Schwache dieses Verfahrens: Sein Ausgangspunkt ist nicht die Analyse der Risiken als solche und ihre Bemessung, sondern die auf die moglichen Folgen abgestellte Bemessung eines Risikopolsters, mit dem die verbleibenden Risiken pauschal abgesichert werden sollen. Solange das pauschal bestimmte Sicherheitspolster eine ausreichende Abfederung verschafft, mag dies genugen. Je dunner allerdings die Polster werden, umso starker rucken wiederum die Einzelrisiken und die spezifischen Risikoinstrumente in den Vordergrund.

Informationsanspruche und Informationspflichten

Netzbetreiber sind verpflichtet, dem Einspeisewilligen nach Eingang eines Netz — anschlussbegehrens unverzuglich einen genauen Zeitplan fur die Bearbeitung des Netzanschlussbegehrens zu ubermitteln (§ 5 Abs. 5 EEG).[35] In diesem Zeitplan ist anzugeben:

• in welchen Arbeitsschritten das Netzanschlussbegehren bearbeitet wird und

• welche Informationen der Einspeisewillige aus seinem Verantwortungsbereich an den Netzbetreiber zu ubermitteln hat, damit dieser den Verknupfungspunkt ermitteln oder ihre Planungen fur einen eventuellen Netzausbau nach § 9 EEG durchfuhren kann.

Liegen die vom Netzbetreiber angeforderten Informationen des Einspeisewil — ligen vor, hat der Netzbetreiber unverzuglich, spatestens aber innerhalb von acht Wochen, weitere Informationen und Daten an den Einspeisewilligen zu ubermitteln (§ 5 Abs. 6 EEG):[36]

• einen Zeitplan fur die unverzugliche Herstellung des Netzanschlusses mit allen erforderlichen Arbeitsschritten,

• alle Informationen, die der Einspeisewillige fur die Prufung des Verknupfungs — punktes benotigt, sowie auf Antrag die fur eine Netzvertraglichkeitsprufung erforderlichen Netzdaten,

• einen nachvollziehbaren und detaillierten Voranschlag der Kosten, die dem Anlagenbetreiber durch den Netzanschluss entstehen; dieser Kostenvoranschlag umfasst nur die Kosten, die durch die technische Herstellung des Netzanschlusses entstehen und insbesondere nicht die Kosten fur die Gestattung der Nutzung fremder Grundstucke fur die Verlegung der Netzanschlussleitung.

Anschlusserrichtung

Anlagenbetreiber sind berechtigt, den Anschluss der Anlagen sowie die Einrichtung und den Betrieb von Messeinrichtungen einschlieBlich der Messung vom Netz­betreiber oder einer fachkundigen dritten Person vornehmen zu lassen (§ 7 Abs. 1

EEG). Der Anlagenbetreiber verfugt hinsichtlich der Anschlusserrichtung also uber ein Wahlrecht. Er ist fur die Errichtung der Anschlussleitung nicht auf den Netz — betreiber angewiesen, sondern kann fur sich selbst entscheiden, wer ihm die wirt — schaftlichste Losung anbietet.

Dass der Netzbetreiber bereits einen Kostenvorschlag erbracht hat, bindet den Anlagenbetreiber nicht (§ 5 Abs. 6 Satz 2 EEG). Gerade bei kleineren Anlagen wird aber dem Netzbetreiber haufig die Errichtung des Anschlusses, d. h. Verlegung der Anschlussleitung und Einbindung der Anlage in das entsprechende Netz, uber — lassen.

Auch wenn Vertrage fur den Netzanschluss und die spatere Einspeisung des erzeugten Stroms vom Netzbetreiber nicht verlangt werden durfen (§ 4 Abs. 1 EEG), durften gegen vertragliche Vereinbarungen zur Anschlusserrichtung keine erheblichen Bedenken bestehen. Auch ein Dritter wurde den Anschluss wohl kaum ohne den Abschluss eines entsprechenden Werkvertrages errichten. Fur die Errichtung durch den Netzbetreiber kann deshalb nichts anderes gelten.

Mindestwarmenutzung

Daruber hinaus stehen die Grundvergutung und die einsatzstoffabhangige Ver — gutung unter weiteren Vorbehalten. Der Gesetzgeber koppelt diese Vergutungen im Sinne einer ressourcen — und klimaschonenden Bioenergienutzung an bestimmte allgemeine Vergutungsvoraussetzungen (§ 27 Abs. 4 EEG). Diese gelten allerdings nur im Rahmen der garantierten Einspeisevergutung. Wird der Strom aus diesen Anlagen direkt vermarktet, mussen diese Restriktionen nicht berucksichtigt werden (§ 33c Abs. 3, § 33 h Satz 2 EEG).

Um einen Anspruch auf die gesetzliche Einspeisevergutung zu erhalten, mussen Biomasseanlagen zukunftig uber das gesamte Kalenderjahr betrachtet eine Nut — zung von mindestens 60 % der anfallenden Warme entsprechend den Vorgaben fur
anerkennungsfahige Warmenutzung nach Anlage 2 des Gesetzes nachweisen (§ 27 Abs. 4 Nr. 1 EEG).[65] Da viele Anlagen ihre volle Warmeleistung in der Anlauf — phase nach Inbetriebnahme noch nicht erreichen, genugt zur Vermeidung unbilliger Harten bis zum Ende des ersten auf die Inbetriebnahme folgenden Kalenderjahres eine Mindestwarmenutzung von nur 25 %.[66] Die Anforderungen an die Mindest­warmenutzung entsprechen im Wesentlichen den bislang fur den KWK-Bonus geltenden Anforderungen, der im Gegenzug gestrichen wurde.[67]

Zur Erfullung des Mindestanteils der Warmenutzung kann der prozessinterne Warmebedarf der Anlage (z. B. zur Beheizung des Fermenters) von bis zu 25 Pro — zentpunkten des in KWK erzeugten Stroms mit berucksichtigt werden.

Biogasanlagen sind ausnahmsweise von der Mindestwarmenutzung befreit, wenn zur Gewinnung des eingesetzten Biogases im jeweiligen Kalenderjahr ein durchschnittlicher Anteil von Gulle in Hohe von 60 % eingesetzt wird (§ 27 Abs. 4 Nr. 2 EEG). Der Gesetzgeber honoriert damit, dass durch die Gullevergarung Methanemissionen vermieden werden, die ahnlich wie ein hoher Kraft-Warme — Kopplungs-Anteil einen besonders positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten.[68]