Category Archives: Vereinfachtes Verfahren

Informationspflicht bei vorhersehbaren MaBnahmen

Sofern die Durchfuhrung des Einspeisemanagements vorhersehbar ist, haben Netzbetreiber die Anlagenbetreiber am Vortag, ansonsten unverzuglich uber den erwarteten Zeitpunkt, den Umfang und die Dauer einer Mafinahme des Einspeise­managements zu unterrichten (§ 11 Abs. 2 EEG).

Ziel einer Vorabinformation ist es, Anlagenbetreibern bereits fruhzeitig Informa — tionen uber eventuelle Netzengpasse zukommen zu lassen. Die Anlagenbetreiber sollen dann ihrerseits Mafinahmen zur Reduzierung der Netzlast ergreifen konnen und so Schaden im Fall einer Abregelung ihrer Anlagen vorbeugen konnen. Die Informationspflicht des Netzbetreibers ist daher spiegelbildlich als Anspruch des Anlagenbetreibers auf die entsprechende personliche Information ausgestaltet. Es genugt folglich nicht, eine Warnung fur „alle Anlagenbetreiber“ in der ent — sprechenden Netzregion auf der Internetseite zu veroffentlichen.

Der Gesetzgeber konkretisiert allerdings nicht, wie konkret die Gefahr von Engpassen bereits sein muss, um die Informationspflicht auszulosen. Man wird indes schon eine uberwiegende Wahrscheinlichkeit entsprechender Mafinahmen
fordern mussen, die sich beispielsweise auf Wetterprognosen und — daraus abge- leitet — auf entsprechende Prognosen der Windeinspeisung stutzen lassen. Wollte man bereits die abstrakte Gefahr einer Regelung genugen lassen, wurde der Sinn und Zweck der Vorabinformation durch gehaufte und uberflussige Informationen verwaschen.

Rechtsfolgen einer Direktvermarktung

Solange Strom direkt vermarktet wird, entfallt der Anspruch auf die gesetzliche Mindestvergutung (§ 33e EEG). Allerdings lauft die Frist, innerhalb derer der Strom einer Anlage den gesetzlichen Anspruch geltend machen kann (vgl. § 21 Abs. 2 EEG: 20 Jahre zuzuglich Inbetriebnahmejahr), weiter. Eine zwischen — zeitliche Direktvermarktung fuhrt also nicht zu einer Verlangerung der Gesamtver — gutungsdauer.

3.2 Projektvertrage: Generalunternehmervertrag und Biomasseliefervertrag

Kerstin Semmler

3.2.1 Einfuhrung

Eine fachgemafie Ausgestaltung von Vertragen ist grundsatzlich wohl das beste Mittel, um langfristig Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zwischen zwei Parteien zu gewahrleisten. Damit diese Wirkung erzielt werden kann, bedarf es nicht nur der Beachtung der rechtlichen Grenzen, sondern insbesondere einer umfassenden Berucksichtigung der tatsachlichen Bedurfnisse der Parteien. Diese zu analysieren ist meist bereits aufwendig und durchaus auch langwierig. Innerhalb dieses Abschnittes werden nachfolgend der Generalunternehmervertrag und der Biomasselieferver­trag in Bezug auf Biogas vor diesem Hintergrund dargestellt und die wesentlichen Elemente erlautert. Eine abschliefiende und umfassende Beschreibung aller Eventualitaten ist allerdings nicht intendiert, da eine schier unendliche Zahl von Einzelinteressen zu berucksichtigen ware, die jeglichen Rahmen einer Publikation sprengen wurde. Die hier abgebildeten Punkte zu den Besonderheiten „Biogas“ bilden aber neben den klassischen Standardvertragsklauseln die wichtigsten Ele — mente fur eine tragfahige und belastbare vertragliche Konstruktion im Hinblick auf Biogas-Projekte.

Gasnetzanschlussvertrage

Der Anschluss einer Biogaseinspeiseanlage an das Gasversorgungsnetz erfolgt unter anderen Bedingungen als der Netzanschluss einer Biogasanlage mit Direkt — verstromung an das Stromnetz. Netzanschluss in diesem Sinne ist nach der gesetzlichen Definition in § 32 Nr. 2 GasNZV „die Herstellung der Verbindungs — leitung, welche die Biogasaufbereitungsanlage mit dem bestehenden Gasver — sorgungsnetz verbindet, die Verknupfung mit dem Anschlusspunkt des bestehenden Gasversorgungsnetzes, die Gasdruck-Regel-Messanlage sowie die Einrichtungen zur Druckerhohung und die eichfahige Messung des einzuspeisenden Biogases“.

Im Gegensatz zur Rechtslage im Strombereich mussen Einspeiser und Netz — betreiber im Gasbereich einen Netzanschlussvertrag schliefien. Die GasNZV ermoglicht weitergehende vertragliche Gestaltungen zwischen Anlagen — und Netz- betreiber. Nach § 33 Abs. 2 Satz 3 GasNZV konnen Vereinbarungen uber Dienst- leistungen und deren Vergutung getroffen werden. Vereinbarungen uber War- melieferungen, einen gemeinsamen Stromanschluss oder Strombezug, uber die Gaskuhlung und Brennwertanhebung sollen damit ermoglicht werden.[201]

Gesetzlich sind Netzbetreiber gemafi § 32 Nr. 1 GasNZV verpflichtet, Einspeise — anlagen auf Verlangen des Betreibers, Projektentwicklers oder Errichters vorrangig an ihr Gasversorgungsnetz anzuschliefien.

Der Betreiber muss gemafi § 33 Abs. 1 GasNZV ein Viertel der Anschlusskosten tragen. 75 % der Kosten zahlt der Netzbetreiber. Auf die Ermittlung der Anschluss­kosten sollte ein Augenmerk gelegt werden. Zu den Anschlusskosten zahlen auch die Kosten fur die Anlagen zur Qualitatsmessung und zur Verdichtung. Bei einem Anschluss einschliefilich Verbindungsleitung mit einer Lange von bis zu 1 km muss der Anlagenbetreiber insgesamt hochstens 250.000 Euro zahlen. Bei einer

Verbindungsleitung mit uber 10 km Lange zahlt der Anlagenbetreiber die Mehr — kosten[202].

Fur die Kosten der Wartung und des Betriebes des hergestellten Netzanschlusses tragt der Netzbetreiber die Kosten. Dies ist nur folgerichtig, da der Netzanschluss nach § 33 Abs. 1 GasNZV in das Eigentum des Netzbetreibers ubergeht. Der Netz­betreiber muss auch fur die Kosten der Mengen — und Leistungsmessung aufkommen (Altrock und Schmeding 2008, S. 364).

Nach Mitteilung und Eingang des Anschlussbegehrens durch den Anschluss — nehmer hat der Netzbetreiber gemafi § 33 Abs. 4 Satz 1 GasNZV zwei Wochen Zeit, darzulegen, welche Prufungen zur Vorbereitung einer Entscheidung uber das Netzanschlussbegehren notwendig sind und welche erforderlichen Kosten diese Prufungen verursachen werden. Im Folgenden muss der Anschlussnehmer 25 % der ermittelten Kosten vorschiefien. Erst nach dem Zahlungseingang ist der Netzbetreiber gemafi § 33 Abs. 5 Satz 4 GasNZV verpflichtet, unverzuglich die mitgeteilten notwendigen Prufungen durchzufuhren. Er muss dem Anschluss — nehmer ein verbindliches Netzanschlussangebot mit der Zusage einer garantierten Mindesteinspeisekapazitat vorlegen. Der Anschlussnehmer muss dann innerhalb von 18 Monaten mit dem Bau der Anlage beginnen, so dass keine Netzkapazitaten unnotig vorgehalten werden. Verstofit der Anschlussnehmer gegen diese zeitliche Grenze und hat er dies zu vertreten, so wird der Netzanschlussvertrag nicht wirk — sam.

Eine hohe Verfugbarkeit des Netzanschlusses ist entscheidend zur Gewahr — leistung eines wirtschaftlichen Betriebs der Biogaseinspeiseanlage. § 33 Abs. 2 GasNZV verpflichtet den Netzbetreiber daher, die Verfugbarkeit des Netzan­schlusses dauerhaft, mindestens aber zu 96 %, sicherzustellen. Dies ist als ver — schuldensunabhangige Garantie zu werten. Andernfalls hatte die Regelung keinen Anwendungsbereich, denn bei Verschulden haftet der Netzbetreiber nach all — gemeinem Zivilrecht. Der Netzbetreiber haftet im Falle einer Unterschreitung der 96 % fur dadurch entstandene Schaden und zwar unabhangig davon, ob ihn Ver — schulden trifft. Der Netzbetreiber riskiert gemafi § 51 Abs. 1 Nr. 3 GasNZV bei Nichteinhaltung dieser Grenze sogar ein Bufigeld. Die Festlegung auf 96 % beruck — sichtigt Ausfallzeiten zur Behebung technischer Mangel oder Schaden.[203] Wartung und Betrieb des Netzanschlusses sind Aufgabe des Netzbetreibers, der auch die Kosten hierfur zu tragen hat.

Netzbetreiber konnen den Netzanschluss nur unter ganz engen Voraussetzungen ablehnen. In der Praxis fordern Netzbetreiber z. T. uberhohte technische Standards fur den Netzanschluss.

Eine Ablehnung des Netzanschlusses ist gemafi § 33 Abs. 8 Satz 1 GasNZV nur bei Vorliegen der Grunde aus § 17 Abs. 2 Energiewirtschaftsgesetz gerechtfertigt: Danach musste der Netzbetreiber nachweisen, dass ihm die Gewahrung des Netz­anschlusses aus betriebsbedingten oder sonstigen wirtschaftlichen oder technischen

Grunden nicht moglich oder nicht zumutbar ist. Bei gesetzeskonformer Prufung wird diese Ausnahme nur sehr selten greifen.

Arbeitsplatze

Wichtig im Zusammenhang mit der Bioenergienutzung ist die Schaffung, der Erhalt oder auch die Verdrangung von Arbeitsplatzen. Von 300.000 Arbeitsplatzen, die im Rahmen der Nutzung von erneuerbaren Energien bisher in Deutschland geschaffen wurden, werden 100.000 der Bioenergie zugerechnet (BMELV 2010). Daher werden zwei Kriterien zur Berucksichtigung der Schaffung von Arbeitsplatzen formuliert und bei der Auswahl von Biogas-Vorhaben berucksichtigt.

Arbeitsplatze netto

Die Biomassealternativen unterscheiden sich, je nach Grofie und Betreibergesell — schaft, darin, wie viele neu geschaffene Arbeitsplatze den ggf. verdrangten gegen — uberstehen. Bei einer kleinen Biogasanlage wird eine Teilzeitstelle mit einem Umfang von ca. 10 h pro Monat geschaffen, bei einer sehr grofien Anlage sind es funf bis zehn Vollzeitstellen. Auf der anderen Seite erhalt bei bestimmten Konzepten wie dem Bioenergiedorfkonzept beispielsweise der Schornsteinfeger weniger Auftrage, weil die vielen einzelnen Kamine nicht mehr zu betreuen sind. Diese Neuschaffung und der Wegfall von Arbeitsplatzen sind gegeneinander aufzurechnen. Je hoher die errechnete Zahl von Netto-Arbeitsplatzen, desto besser.

Teilzeitmoglichkeit

Fur die Familienplanung und die Gleichberechtigung von Mannern und Frauen ist es gut, wenn Unternehmen die Moglichkeit vorsehen, bei bestehendem Wunsch auch Teilzeitjobs anzubieten. Denn wie in zahlreichen Studien festgestellt wurde, konnen Teilzeitstellen zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf fur Manner und Frauen beitragen (BMFSJ 2008; OECD 2005, 2002; SEK 2006; Caspar et al. 2005). Ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei Interesse auch reduzierte Stellen angetreten werden konnen, bei einer Biomassealternative hoher als bei einer anderen, werden mehr Punkte vergeben.

Biomasseaufschlussverfahren

Unterschiedliche Komponenten organischer Stoffe (z. B. Proteine, Fette, Kohlehydrate, Cellulose, Hemicellulose, Lignin) sind anaerob mit verschieden — artiger Geschwindigkeit zu einem unterschiedlichen Ausmafi abbaubar. Bei­spielsweise werden Fette i. Allg. schnell und vollstandig mit einem vergleichs — weise sehr hohen Methanertrag vergoren. Im Unterschied dazu ist z. B. Lignin anaerob nicht abbaubar; deshalb ist verholzte Biomasse nur sehr schwer und nur z. T. in Biogasanlagen zersetzbar. Aufierdem bildet Lignin durch die Verbindung mit Hemicellulose uber sogenannte Lignin-Kohlenhydrat-Komplexe eine Matrix, welche die Cellulosefibrillen schutzend umschliefit. Dieser in der Natur wichtige Schutz der Cellulose vor dem Angriff von Mikroorganismen hemmt die Zugang — lichkeit der Biokatalysatoren beim anaeroben Abbau.

Deshalb muss lignocellulosehaltige Biomasse vor dem Eintrag in den Fermenter aufgeschlossen werden, um die Bioverfugbarkeit bzw. die Zuganglichkeit fur die Vergarung zu gewahrleisten und Abbauraten zu erzielen, die eine technisch-wirt — schaftliche Vergarung ermoglichen. Die jeweilige konkret zu realisierende ver — fahrenstechnische Losung wird dabei von der Substratart und dessen Eigenschaften sowie vom gewunschten Ergebnis bestimmt. Nachfolgend wird eine Auswahl unterschiedlicher Aufschlusstechniken erlautert.

Biologische Verfahren. Ein biologisch induzierter Substrataufschluss kann durch Pilze (z. B. Braunfaulepilze, Weififaulepilze) erreicht werden. Diese Pilze bilden Enzyme, die in die Lignocellulose abgegeben werden und dort die organischen Makromolekule spalten. Dies hat den Vorteil geringer Energiekosten und eines geringen Chemikalieneinsatzes. Allerdings benotigen diese Pilze viel

Platz und vor allem viel Zeit, was bisher einen grofitechnischen Einsatz — primar aus Kostengrunden — verhindert hat.

Physikalische Verfahren. Zu dieser Kategorie gehoren neben dem „klassischen“ Zerkleinern Mikrowellen-, Extrusions-, Kavitations — und Ultraschallverfahren. Sie werden im Folgenden kurz beschrieben.

Zerkleinerung. Durch das Zerkleinern wird die spezifische Oberflache erhoht und dadurch der Zugang der den anaeroben Abbau realisierenden Bakterien zu den abbaubaren Lignocellulosekomponenten verbessert. Jedoch ist die Aufmahlung von Lignocellulosebiomasse sehr energieaufwandig und daher allein bisher kaum sinn — voll einsetzbar.

Mikrowellenbehandlung. Bei einer Bestrahlung von Lignocellulose mit Mikrowellen wird der Polymerisationsgrad der Cellulose reduziert. Die lang- kettigen Makromolekule werden in kurzkettigere Oligosaccharide aufgespalten. Dadurch sind sie fur den anaeroben Abbau leichter zuganglich. Nachteilig ist, dass der benotigte Energieaufwand sehr hoch und die grofitechnisch erreichbaren Auf — schlussgrade begrenzt sind. Deshalb befindet sich dieses Verfahren noch im For — schungs — und Entwicklungs-Stadium.

Extrusion. Das Substrat wird hier mittels eines Extruders aufgeschlossen. Unter Extrudern sind Fordergerate zu verstehen, die vergleichbar einem Schneckenforderer feste bis dickflussige Massen unter hohem Druck und hoher Temperatur gleichmafiig aus einer formgebenden Offnung herauspressen (das Verfahren wird als Extrusion bezeichnet). Dabei wird die Struktur der Lignocellulose aufgeschlossen. Die organische Masse ist deshalb danach leichter anaerob abbaubar. Dieses Verfahren ist jedoch ebenfalls energieintensiv und befindet sich noch in der Entwicklung.

Kavitation. Durch Kavitation entstehen Scherkrafte, die auf die Zellen der Lignocellulose wirken und diese zerstoren konnen. Diese Krafte konnen durch eine Stromung oder durch Ultraschall hervorgerufen werden, mit der gezielt Kavitations — blasen erzeugt werden. Dabei hat sich gezeigt, dass bei geringeren Ultraschall — frequenzen grofiere Kavitationsblasen entstehen und dadurch grofiere Scherkrafte auftreten, die dann einen verbesserten Aufschluss versprechen.

Ultraschallbasierte Verfahren sind am Markt verfugbar. Sie konnen sowohl zu dem hier diskutierten Biomasseaufschluss vor der Substratzufuhrung in den Reaktor als auch zum Aufschluss eines aus dem Reaktor abgepumpten Teilstroms einge — setzt werden, der nach der Ultraschallbehandlung wieder dem anaeroben Abbau zugefuhrt wird.

Ultraschall. Neben dem Einsatz von so genanntem hartem Ultraschall (Frequenzen bis 1 MHz), der Kavitationsblasen erzeugt (s. o.), kann auch weicher Ultraschall (20 bis 100 kHz) helfen, Biomasse aufzuschliefien. Bei diesen Frequenzen kommt es jedoch nicht zur Kavitation, sondern lediglich zu einer mikrobiologischen Anregung, welche ebenfalls die Abbaubarkeit fordert. Der Einsatz von weichem Ultraschall in Biogasanalgen wird derzeit im Labormafistab untersucht.

Chemische Verfahren. Diese Gruppe von Aufschlussverfahren lasst sich in saure und alkalische Verfahren unterteilen. Dabei wird der pH-Wert der auf- zuschliefienden Biomasse jeweils kurzfristig in den sauren oder alkalischen Bereich verschoben.

Bei einer Alkalibehandlung bricht die Lignocellulosematrix aus Lignin, Hemicellulose und Cellulose auf, so dass die Cellulose und die Hemicellulose ligninfrei vorliegen und dem Garprozess zuganglich sind. Dadurch konnen die den anaeroben Abbau realisierenden Biokatalysatoren besser angreifen und die Abbaurate wird erhoht.

Bei einer Behandlung mit konzentrierter oder verdunnter Saure werden durch eine saurekatalysierte Hydrolyse Lignin und Hemicellulose aus der Zellwand gelost. Dadurch wird ebenfalls die anaerobe Abbaubarkeit deutlich erhoht.

Obwohl derartige Verfahren grundsatzlich nachgewiesenermahen eine gute Abbauverbesserung ermoglichen, befinden sie sich noch in der Entwicklung, da der Aufwand durch die notwendige Neutralisierung des Alkali — oder Saurezusatzes vor dem eigentlichen anaeroben Abbau erheblich ist und bisher eine kommerzielle Umsetzung verhindert hat.

Kombinierte Verfahren. Die bisher genannten Verfahren konnen auch unter- einander nahezu beliebig kombiniert werden mit dem Ziel, eine Win-win-Situation zu generieren.

Ein Beispiel fur eine derartige Kombination ist der Dampfaufschluss mit ver­dunnter Saure. Hier konnen zwei (energieintensive) Varianten unterschieden werden, die aber beide noch nicht Stand der Technik sind.

• Beim Steam-Explosion-Prozess werden physikalische und chemische Verfahren kombiniert. Dazu wird die Lignocellulose unter Druck mit gesattigtem Wasser — dampf beaufschlagt und anschliefiend unter schlagartiger Druckentspannung aus dem Reaktor gefordert. Das Wasser, welches zuvor in die Biomassestruktur eingedrungen ist, wird dadurch stark beschleunigt und zerfasert somit die Biomasse. Dabei werden die Hemicellulosen durch eine Autohydrolyse heraus — gelost und das Lignin koaguliert. Oftmals wird eine Saurezugabe in den Steam — Explosion-Prozess integriert, die diesen Prozess unterstutzt.

• Beim Steam-Refining-Prozess erfolgt die Zerfaserung der Lignocellulose durch einen Refiner (eine Art Mahltrommel) anstelle der schlagartigen Druck­entspannung. Auch hier wird das Material mit verdunnter Saure vorbehandelt. Dabei findet durch die chemische Behandlung bereits eine Zerkleinerung statt und deshalb wird fur eine weitere Zerkleinerung nur noch relativ wenig Energie benotigt.

Ausblick

Insbesondere durch die Nutzung organischer Reststoffe wie z. B. Gulle und Fest — mist und der vollstandigen Nutzung der anfallenden Warme des BHKW wird die Bedeutung des Energietragers Biogas hinsichtlich seines Beitrages zu Klimaschutz und Energieeffizienz gesteigert. Die Einspeisung von Biomethan und dessen Nut­zung in direkter Nahe zu Warmesenken ist hier eine Moglichkeit der vollstandigen Nutzung der chemischen Energie des Gases und wird somit weiter an Bedeutung gewinnen. Gerade die vielseitigen Nutzungsmoglichkeiten des Biogases fur die Strom-, Warme — und Kraftstoffbereitstellung sind ein groBer Vorteil gegenuber anderen Energietragern. Fur das Jahr 2011 wird ein erneut starker Biogasanlagen — zubau erwartet. Ende 2011 wird der Anlagenbestand auf rund 7.000 Biogas — anlagen mit einer installierten elektrischen Anlagenleistung von rund 2.700 MWe| geschatzt. Daneben werden rund 70-90 Biogasaufbereitungsanlagen auf Erdgas — qualitat aufbereitetes Biogas in das Erdgasnetz einspeisen. Mit dem Inkrafttreten des novellierten EEG am 1.1.2012 ist fur die nachsten Jahre von einem moderaten Anlagenzubau auszugehen.

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Bei Neuanlagen nach EEG 2012 ist weiterhin mit einem hohen Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen zu rechnen, wobei durch die Novellierung eine Ver — schiebung des Anteils weg von Maissilage und Getreidekorn hin zu Getreide — ganzpflanzensilage (Getreide-GPS), Grassilage, Zuckerrube und ggf. auch Hirse zu erwarten ist. Auch kleine Hofanlagen (hochstens 75 kW) zur regionalen Nut­zung von Exkrementen und der daraus erzeugten Energie werden, bedingt durch

die Gullekleinanlagen-Vergutung des EEG 2012, an Bedeutung gewinnen. Des Weiteren ist durch die spezielle Vergutung der Vergarung von getrennt erfassten Bioabfallen (z. B. Landschaftspflegeabfalle, getrennt erfasste Bioabfalle aus dem Hausmull, Marktabfalle) im EEG 2012, die Erweiterungen von Kompostierungs — anlagen um eine anaerobe Biogasstufe zu erwarten.

Methodik und Zusammenspiel zwischen Risikoidentifikation, Risikoallokation und Risikoquantifizierung

Jede unternehmerische Tatigkeit ist durch die Existenz von Unsicherheit und unvollkommener Informationen im Rahmen des betrieblichen Handelns Risiken ausgesetzt. Das Unternehmen ist allerdings nicht gezwungen, diese Risiken hin- zunehmen, sondern vielmehr gefordert, geeignete Gegenmafinahmen zu ergreifen. Bezogen auf eine Projektfinanzierung bedeutet dies in erster Linie die Sicherung der Projektexistenz. Dies ist darin begrundet, dass nur durch das Betreiben des Pro­jektes ein Cashflow generiert werden kann, der die in den meisten Fallen einzige bzw. werthaltigste Sicherheit darstellt, die zur Bedienung der Finanzierung zur Ver — fugung steht. Bevor wir auf den Aspekt der Risikoquantifizierung bei einem Bio — gasvorhaben eingehen, wollen wir das Thema Risikoquantifizierung im gesamten Zusammenhang des Risikomanagementprozesses mit seinen verschiedenen methodischen Hilfsmitteln darstellen. Dazu verweisen wir auf Kap. 2 und das Schaubild „Erfolgsfaktoren einer Projektfinanzierung“ (Tab. 2.1).

Im Rahmen einer qualitativen Projektprufung mussen zunachst bestimmte Fragen grundsatzlich positiv beantwortet werden:

1. 1st das Rechts — und Regulierungsumfeld hinlanglich verlasslich und prog — nostizierbar? Die relevanten Fragestellungen sind dabei in mehreren rechtlichen Fachkapiteln aufgegriffen worden.

2. Wird ausschliefilich bewahrte Technik eingesetzt? Dieses Thema haben wir in Abschn. 4.1 und Abschn. 4.3.

3. Wie konnen die verschiedenen, zentralen Projektbeteiligten angemessen an den Chancen und Risiken des Vorhabens partizipieren? Einige grundsatzliche Uber — legungen finden sich in Kap. 1.

Fur mindestens diese Fragen mussen zufrieden stellende Antworten gefunden werden, bevor eine Cashflow-Modellierung erfolgen kann, die dann wiederum in eine Finanzierungsstruktur einmundet.

Methodisch erfolgt im Anschluss an die drei genannten Fragen eine Uber — prufung der Wirtschaftlichkeit, die im Dialog zwischen dem Projekt und der fremd — finanzierenden Bank uber ein Cashflow-Modell erfolgt, wobei die Bank intern die Cashflow-Struktur zusatzlich uber ein separates Rating-Tool bewertet, woraus sich wiederum Anderungen an der Finanzierungsstruktur ergeben konnen. Dabei basiert diese zweite Analysestufe auf anderen methodischen Werkzeugen und ist auch von aufien her wenig transparent. Dies ist durchaus bedauerlich, da sich haufig durch relativ kleine Anderungen an den Vertrags — und Finanzierungsstrukturen deutliche Rating-Verbesserungen ergeben konnen, die in Vorteilen bei den Zinskosten und der Finanzierungsstruktur resultieren konnen.

Wir starten in diesem Abschnitt mit der Darstellung des Risikomanagement — prozesses bei einer Projektfinanzierung. In der betriebswirtschaftlichen Literatur existiert eine Vielzahl von Interpretationsvarianten fur den Risikobegriff. Im Rahmen dieses Beitrages soll Risiko als negative Abweichung vom Planwert einer Zielgrofie verstanden werden, da sie fur jeden Beteiligten eine Verlustgefahr bedeutet. Die Bedeutung der Behandlung von Risiken im Zusammenhang mit einer Projekt — finanzierung ergibt sich unmittelbar aus ihrem Charakter: Da es allein das Vorhaben ist, das als wirtschaftliche Basis fur die angemessene Eigenkapitalverzinsung und die Bedienung des Kapitaldienstes dient, sind die Werthaltigkeit und die Robustheit des Projektes von entscheidender Bedeutung. Da das Projekt aber erst sukzessive entsteht, lasst sich die Wirtschaftlichkeit nur per Prognose bestimmen. Da die Per- spektive in die Zukunft zunehmend unsicher ist, hat sich die Prognose mit dem Eintritt aller Arten von Einflussen zu befassen, deren Wirkung auf das Projekt ein — zuschatzen und nach Wegen zu suchen, ob und inwieweit einzelne Projektbeteiligte bereit sind, das Projekt von Risiken freizuhalten.

Die Risiken einer Projektfinanzierung sind mit dem Instrumentarium des Risikomanagements zu steuern, das versucht, Risiken den Projektbeteiligten zuzu — ordnen, die diese zu verantworten haben und damit auch kontrollieren konnen.

Wesensmerkmal jeder Projektfinanzierung ist die Orientierung an den zukunftigen Cashflows und der Einbindung der Projektbeteiligten, wie wir es in Kap. 1 skizziert haben.

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Abb. 5.5 Bestandteile des Risikomanagementprozesses

Das Risikomanagement umfasst die Gesamtheit aller Aufgaben zur Hand — habung von Projektrisiken unter Beachtung des Risk-Sharing-Prinzips. Das Ziel des Risikomanagements ist die Entwicklung einer Entscheidungsgrundlage fur die Auswahl besonders geeigneter risikopolitischer Mafinahmen zur Reduzierung der Projektrisiken auf ein akzeptables Niveau.

Der Prozess des Risikomanagements wird, wie in Abb. 5.5 dargestellt, haufig als eine Stufenfolge beschrieben.

Das Erkennen der einzelnen Risiken ist Grundvoraussetzung fur die Anwendung risikopolitischer Mafinahmen. Zur Identifikation der einzelnen Risiken bei der Projektfinanzierung werden die Phasen, die ein Projekt bei der Erstellung und im Betrieb durchlauft, systematisch auf ihre Einflussfaktoren hin untersucht. Die Bewertung der einzelnen Risiken erfolgt anhand ihrer Auswirkungen auf den Cashflow, wobei die Ursachen eines Risikos aufgedeckt und die Risikofolgen qualitativ und quantitativ aufgezeigt werden. Das dazu verwendete Instrument — das Cashflow-Modell — wird aufgrund seiner Bedeutung gesondert dargestellt. Im dritten Schritt sind die identifizierten Risiken mit Hilfe geeigneter Techniken auf das mogliche Minimum zu reduzieren. Bei der Zuteilung — der Risikoallokation — wird untersucht, ob und in welchem Mafie die identifizierten Risiken den Pro — jektbeteiligten zugewiesen werden sollen und welche Restrisiken nach Zuteilung bei den Kapitalgebergruppen verbleiben. Schliefilich sind die Risiken wahrend der Projektlaufzeit zu kontrollieren und — bei Bedarf — geeignete Gegenmafinahmen einzuleiten.

Die dargestellten Prozessstufen sind nicht als isolierte Teilaufgaben zu ver — stehen, sondern als ein wechselseitig ineinander greifender Prozess, der das Projekt begleitet und dessen Ergebnis nicht nur vom Risikoprofil des Projektes abhangt, sondern wesentlich auch von den Chance-/Risiko-Praferenzen der verschiedenen Projektbeteiligten. Die Aufgabe der Auswahl der Risikotrager und die Anwendung der Risikoinstrumente erweisen sich in der Praxis als komplexer und diffiziler Ver — handlungsprozess. In der weiteren Darstellung wird auch deutlich werden, dass die obige Stufenfolge zunachst aus didaktischen Grunden gewahlt wird. In der Praxis ergibt sich eine Wechselwirkung zwischen den einzelnen Prozessstufen.

Der Katalog der moglichen Mafinahmen des Risikomanagements ist umfang — reich und vielschichtig, wodurch sich fur den Kreditgeber und die Projektgesell — schaft eine Vielzahl von Handlungsoptionen ergeben. Die Auswahl der moglichen Mafinahmen wird als Risikopolitik bezeichnet, deren Ziel es ist, die Kombinationen von Sicherungsinstrumenten zu finden, welche eine auf das Projekt abgestimmte und von allen gemeinsam akzeptierte Risikoverteilung ermoglicht.

Tab. 5.1 Risikoart, Risiko-Instrument und Risikotrager

Risikoart

Risiko-Instrument

Risikotrager

Verfugbarkeit Rohstoffe oder Energie

Vertrag: Angebot oder Zahlung, Machbarkeitsstudie

Zulieferer, evtl. Sponsoren

Vertragserfullung

Vertragspartner

Machbarkeitsstudie

Sponsoren

Kostenuberschreitung

Fertigstellungsgarantie,

Kreditlinie

Sponsoren, Generalunterneh — mer, Kreditgeber

Abnahmerisiko

Take-or-Pay-Vertrage

Nachfrager des Outputs

Performancerisiko

Machbarkeitsstudie, Vertragskonditionen (Anreize)

Anlagenlieferant

Rechts — und Regulierungsrisiko

Reputation des Landes, gute Zusammenarbeit mit Regierungen

Sponsoren

Landerrisiko

Machbarkeitsstudie, Versicherung

Versicherungsagenturen, ECAs

Technologisches Risiko

Moglicherweise K.-O.-Kriterium, ansonsten: Lizenzvereinbarung

Lizenzgeber

Devisenkurs

Optionen, Futures, Swaps usw.

Finanzinstitute

Inflationsrate

Langfristige Vertrage (Kauf und Verkauf)

Anbieter und Nachfrager

Zinssatze

Feste Zinskonditionen, Zinsderivate usw.

Finanzinstitute, Glaubiger

Force Majeure

Eindeutige Abgrenzung, Versicherung

Versicherung

Die Risikoanalyse ist Ausgangspunkt des Risikomanagementprozesses, da sie mafigeblich die Struktur des Vertragsgeflechtes sowie die materiellen Regelungen jedes einzelnen Vertrages bestimmt. Daher wird man sich mit den Zielsetzungen der Projektbeteiligten und den wirtschaftlichen, technischen und rechtlichen Aspekten des Vorhabens vertraut machen mussen.

In den bisherigen Abschnitten haben wir uns vertieft mit den verschiedenen Risiken, Risikoinstrumenten und Risikotragern beschaftigt; insofern dient Tab. 5.1 nur der Erinnerung.

Im nachsten Schritt werden wir die wesentlichen Risiken bei Projekten im Bereich erneuerbare Energien betrachten, die wir bereits in Kap. 2 skizziert haben. Beispielhaft stellen sich die verschiedenen Risikokategorien im Zeitablauf bei einem Biogasprojekt wie in Abb. 5.6 dar.

Offensichtlich ist, dass die Risiken quantifizierbare Auswirkungen haben und in ihrer Gesamtheit betrachtet und bewertet werden mussen. Die Quantifizierung der Chancen und Risiken eines Projektes erweist sich als der Dreh — und Angel — punkt eines ubergeordneten Sicherungssystems. Die Quantifizierung ermoglicht dabei, aus Investorensicht die Wirtschaftlichkeit, aus Sicht der weiteren Projektbe­teiligten die Angemessenheit der Anreiz-Beitragsstruktur und aus Kapitalgebersicht die Robustheit des Projektes zu beurteilen.

Die Investoren beurteilen das Projekt aus einer Base-Case-Betrachtung, wobei sie in ihr Kalkul bessere und schlechtere Projektentwicklungen einbeziehen werden. Die anderen Projektbeteiligten beurteilen das Vorhaben danach, welche Beitrage sie zu leisten haben und ob die Gegenleistung dazu in einem angemessenen Verhaltnis

Cashflow

Biogas-

Projekt

Fertigstellung

Bau-

phase

Verspatung Erhohte Kosten Nicht-Fertigstellung

____

Einzahlungen V_____

Betriebs-

phase

Energie-Produktion — Technische Leistungsfahigkeit — Anlagenverfiigbarkeit

Absatzpreis

Absatzmenge

__ /

Auszahlungen

V___________________

Operative Kosten — Kostensteigerung — Inflation

Finanzierungskosten

Abb. 5.6 Risikoeinflusse auf ein Biogasprojekt

steht. Die Kreditgeber beurteilen das Projekt danach, ob bei einer Worst-Case — Betrachtung die Bedienung des Kapitaldienstes gesichert erscheint. Hierzu uber — prufen sie zum einen die Reagibilitat des Projektes gegenuber moglichen adversen Projektanderungen — z. B. verspatete Fertigstellung, Minder-Performance der Anlagen oder Preisverfall auf der Marktseite — und bewerten zum anderen die Moglichkeiten und Verpflichtungen des Projektes und der Projektbeteiligten, bei negativen Planabweichungen unterstutzend einzuspringen. Eine Moglichkeit, von Seiten des Projektes gegenzusteuern, kann dabei z. B. die Verpflichtung sein, bei Unterschreitung bestimmter Trigger Events — typischerweise Unterschreiten eines bestimmten Schuldendienstdeckungsgrades — eine beschleunigte Tilgung der Darlehen vorzunehmen (cash sweep).

Die verschiedenen Verpflichtungen der Projektbeteiligten gegenuber dem Projekt haben wir im Zusammenhang mit der Diskussion der Einzelrisiken diskutiert. Im Zusammenhang mit der Risikoquantifizierung geht es nunmehr darum, die vertrag — lichen Verpflichtungen der Projektbeteiligten zu bewerten, was neben dem Umfang der moglichen Verpflichtungen auch eine Bonitatsbeurteilung der Verpflichteten erfordert. Daruber hinaus signalisiert die Verpflichtung der Projektbeteiligten ein Interesse am Projekterfolg, was uber die Ebene der Quantifizierbarkeit hinaus von qualitativer Bedeutung ist.

Damit wird ersichtlich, dass Risikoquantifizierung und Risikoallokation in einem engen Wechselverhaltnis zueinander stehen. Eine Risikoquantifizierung ist erst dann vollstandig, wenn neben der isolierten Projektbetrachtung auch die ver­schiedenen Beitrage der Projektbeteiligten mit betrachtet werden, die bestimmte Projekt-Risiken ubernehmen und das Projekt insoweit freihalten. Nach der

Anreiz-Beitrags-Theorie nach Barnard und March konnen die individuellen Vor — und Nachteile der Beteiligten als positive und negative Anreize definiert werden, die die Projektbeteiligten durch ihre eingebrachten Beitrage erhalten.

Andererseits erfordert eine Risikoallokation die Quantifizierung der Chancen und Risiken sowohl auf Ebene der einzelnen Projektbeteiligten als auch auf Ebene des Gesamtprojektes. Der einzelne Projektbeteiligte kann erst dann seine Chance — Risiko-Position beurteilen, wenn er die vollstandige Risikoquantifizierung des Cashflow-Modells mit den oben beschriebenen Beitragen der einzelnen Projektbe­teiligten kennt.

An dieser Stelle wird deutlich, dass die Ermittlung einer geeigneten Finanzierungs­struktur mit der Ausgestaltung der Projektstruktur und der Projektvertrage auf das engste zusammenhangt: Einerseits bestimmt die Ausgestaltung der Finanzierungs­struktur daruber, welche Beitrage insbesondere die Sponsoren und die Kreditgeber zu leisten haben, andererseits lasst sich eine Finanzierungsstruktur nur vor dem Hintergrund der vertraglichen Verpflichtungen der verschiedenen Beteiligten beur­teilen. Aus diesem Grunde ist die von Seiten der Sponsoren gestellte Frage nach der notwendigen Hohe der Eigenmitteleinbringung auch erst dann abschliefiend zu beantworten, wenn neben dem Risikoprofil des Projektes auch die vertraglichen Verpflichtungen der einzelnen Projektbeteiligten bekannt sind.

Weiter ermoglicht erst die Risikoquantifizierung die Information uber die Performance des Projektes und ist damit Anknupfungspunkt fur Steuerungs — mafinahmen der Projektgesellschaft bzw. fur das Auslosen von Verpflichtungen der Projektbeteiligten. Weichen Kennzahlen von Planwerten ab, werden — je nach vertraglicher Ausgestaltung — die Projektbeteiligten verpflichtet, bestimmte Beitrage zu leisten oder bestimmte Kreditsicherheiten greifen. Damit ermoglicht die Risikoquantifizierung eine dauerhafte Begleitung des Projektes im Zeitablauf und erfullt die Funktion eines Steuerungsmechanismus. Abbildung 5.7 soll dies abschliefiend verdeutlichen.

Das Cashflow-Modell ist fur die Risikoquantifizierung von zentraler Bedeutung, aber die Risikoquantifizierung endet nicht mit dem Cashflow-Modell. Zusatzlich erfolgen auf Grundlage des Cashflow-Modells — zumeist separat vorgenommene — Simulationsrechnungen uber ein Rating-Tool, das verschiedene Projektverlaufe bei unterschiedlichen Umweltszenarien simuliert und aus Risikosicht der Banken bewertet. Darstellung der Reagibilitat eines Biogasvorhabens auf ver — schiedene Parameter-Anderungen

In Tab. 5.3 soll ein Biogas-Vorhaben mittels einer Analyse seiner Risikopotenziale auf seine Projektfinanzierungsfahigkeit hin untersucht werden. Da die Auspragung der Projektrisiken in grofiem Mafie von dem jeweiligen Finanzierungsobjekt abhangt, soll ein Fallbeispiel aus der Praxis betrachtet und bewertet werden (Name und Betrage geandert).

Auf Basis dieser Daten wurde von den Sponsoren ein erstes Cashflow-Modell als Sponsors Case erstellt. Dieses Modell stellt die Ausgangsbasis fur die Analyse einzelner Projektrisiken dar, bevor es spater im Rahmen der Risikoquantifizierung unter Berucksichtigung samtlicher zu bewertenden Risiken zur Entwicklung einer geeigneten und tragfahigen Projektfinanzierungsstruktur dient. (s. Abb. 5.8, s. Tab. 5.4)

Erkennbar ist, dass das Vorhaben unter den genannten Rahmendaten einen wirt — schaftlichen Betrieb bei allerdings sehr knapper Belastbarkeit zulasst. Die interne Rendite liegt bei 24,92 %, die Belastbarkeit bei einem Einnahmenniveau von

98,0 %.

Der DSCR-Verlauf weist hier abnehmende Deckungsrelationen auf, was fur die Mehrzahl ublicher Projektfinanzierungen eher ungewohnlich ist. Dies erklart sich aus dem hohen Anteil der Betriebskosten an den Einnahmen einerseits und einer angenommenen Preissteigerung des Materialaufwandes etwa in Hohe der Inflationsrate andererseits. Zur Einordnung: Bei heutigen Photovoltaik-Projekten liegen die operativen Kosten bei etwa 13 bis 20 % der Einnahmen, bei Biogas-Pro — jekten liegt diese Quote bei etwa 80 %.

Das Bild andert sich deutlich, wenn wir unterstellen, dass die Materialkosten auf ihrem anfanglichen Nominalwert verbleiben. In diesem Fall ergeben sich eher ver — traute DSCR-Verlaufe (s. Abb. 5.9, s. Graph 2) und auch Belastbarkeiten, wie man sie ublicherweise erwarten wurde (s. Graph 3). (s. Tab. 5.5)

Die Ergebnisse zeigen aber auch, wie vorsichtig man bei der Planung mit bestimmten Annahmen umgehen muss: der Unterschied zwischen den DSCR- Verlaufen liegt lediglich darin begrundet, dass in einem Fall eine moderate Inflationierung der Kosten von 2 % p. a. unterstellt wurde, im anderen Fall nicht. Das wirtschaftliche Ergebnis bei Biogasprojekten hangt damit wesentlich von den Annahmen zur anfanglichen Hohe der Materialkosten ab und deren zukunftiger Entwicklung. Zum Vergleich: Bei PV-Projekten in Deutschland liegt die interne Rendite im Jahr 2011 etwa in einer engen Spanne zwischen 6 und 9 %.

Die bisherigen Aussagen gelten unter der Pramisse, dass die genannten Finanzierungsparameter auch fur die Banken akzeptabel sind. Dies sehen wir uns im weiteren Verlauf an. Zunachst analysieren wir im Folgenden aber die Aus — wirkungen von einzelnen Parameter-Anderungen auf die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens.

Tab. 5.3 Rahmendaten eines Biogas-Projektes in Deutschland

Projektname:

Pleasant Valley

Projektstandort:

Deutschland

Technologie:

Biogas-Projekt

Gesamtinvestitionsvolumen:

6.535.000 €

Fremdkapitalvolumen:

4.400.000 e

Eigenkapitalvolumen:

2.135.000 €

Finanzierungsstruktur:

Ruckzahlung der Projektfinanzierungsdarlehen uber

16 Jahre mit linearem Tilgungsverlauf (Ratendarlehen).

Tilgungsfreie Zeit

36 Monate

Schuldendienstreserve:

nicht vorgesehen

Summe der Betriebskosten p. a.:

2.190.000 €

Inbetriebnahmezeitpunkt:

01.01.2011

Nennleistung:

3,00 MWel

Jahresenergieproduktion:

22,80 GWh

Einspeisetarif:

15,10 Cent/kWh fur die ersten 20 Jahre Projektbetrieb

Der Einspeisetarif ergibt sich auf Basis des EEG 2009 unter Zugrundelegung der folgenden

Preisbestandteile (Angaben in Cent/kWh), wobei ein

KWK-Bonus nicht mit eingerechnet

wurde:

Vergutungsstruktur des Beispielfalls:

Bis Leistung von Vergutung

NaWaRo

Technologie-Bonus (Innovative

… kW

Anlagentechnik)

150 11,44

6,86

1,98

500 9,18

6,86

1,98

5.000 8,25

3,92

1,98

image146

Abb. 5.8 DSCR-Verlauf Biogas-Projekt (Sponsors Case)

Tab. 5.4 Beurteilung des Sponsors Case aus Sicht der Kapitalgeber

Min. DSCR

0 DSCR

IRR

Sponsors Case

1,05

1,99

24,92 %

Einnahmen bei 97 %:

0,97

1,90

22,05 %

Einnahmen bei 98 %:

1,00

1,93

23,03 %

Operative Kosten plus 2,5 %:

0,91

1,88

21,69 %

Kombinationsfall (2 + 4):

0,76

1,79

18,54 %

image147

Abb. 5.9 DSCR-Verlauf bei unterstellten konstanten Betriebskosten

Tab. 5.5 Beurteilung einer Betriebskostenvariation aus Kapitalgebersicht

Min. DSCR

0 DSCR

IRR

Sponsors Case

1,05

1,99

24,92 %

Wie 1, keine Preisindexierung der Materialkosten:

1,74

2,37

29,86 %

Wie 2, Einnahmen bei 72,3 %:

1,00

1,42

3,06 %

Anschluss an das Elektrizitatsversorgungsnetz

Netzbetreiber sind verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien unverzuglich vorrangig an ihr Netz anzuschliefien (§ 5 Abs. 1 EEG).

Gesetzlicher Anspruch auf Netzanschluss

Die Anschlusspflicht sowie deren Voraussetzungen sind in § 5 EEG geregelt. Ver­pflichtet zum Netzanschluss sind Netzbetreiber, d. h. Betreiber von Netzen aller Spannungsebenen fur die allgemeine Versorgung mit Elektrizitat (§ 3 Nr. 8 EEG). Der Kreis der anzuschliefienden Anlagen umfasst solche zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien i. S. d. EEG.

Vorrangiger und unverzUglicher Netzanschluss

Der Netzanschluss ist vorrangig und unverzuglich vorzunehmen. Netzbetreiber mussen die Anlagen also „ohne schuldhaftes Zogern“ anschliefien. Geschieht dies nicht und hat der Netzbetreiber dies zu vertreten, kann daraus ein Schadens — ersatzanspruch des Anlagenbetreibers gegen den Netzbetreiber nach § 280 BGB resultieren.

Aus dem Merkmal „vorrangig“ ergibt sich, dass der Netzbetreiber Prioritaten setzen muss, wenn mehrere Erzeugungsanlagen gleichzeitig den Anschluss an sein Netz begehren. Anlagen, die Strom aus konventionellen Energien erzeugen, mussen auf Grand dieser klaren gesetzlichen Regel zu Gunsten der erneuerbaren Energie zuruckstehen.

Ermittlung der Vergutungshohe

Das EEG 2012 hat die bisherige Vergutungsregelung auf der Grundlage des EEG 2009 modifiziert.

Die Grundvergutung erfolgt in vier Leistungsklassen, wobei nunmehr klar — gestellt ist, dass sich die Einordnung einer Anlage anhand der „Bemessungsleistung“ orientiert. Mafigeblich ist damit nicht die Nennleistung des Generators, sondern der jahrlich zu ermittelnde Quotient aus der Summe der in dem jeweiligen Kalenderjahr erzeugten Kilowattstunden und der Summe der vollen Zeitstunden des jeweiligen Kalenderjahres abzuglich der vollen Stunden vor der erstmaligen Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien durch die Anlage und nach endgultiger Stilllegung der Anlage (§ 3 Nr. 2a EEG). Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage kommt es also nicht mehr auf die „nach § 8 abgenommene Strommenge“ an, sondem auf die erzeugte.

Die Leistungsklassen selbst sind gegenuber der Rechtslage nach dem EEG 2009 unverandert geblieben:

1. bis einschliefilich 150 kW: 14,3 Cent/kWh,

2. uber 150 kW bis einschliefilich 500 kW: 12,3 Cent/kWh,

3. uber 500 kW bis einschliefilich 5 MW: 11,0 Cent/kWh,

4. uber 5 MW bis einschliefilich 20 MW: 6,0 Cent/kWh.

Anlagen mit einer Leistung von mehr als 20 MW werden nicht von der Ver — gutungsregelung ausgeschlossen. Allerdings wird die Vergutung nur bis zu einer Bemessungsleistung von 20 MW gezahlt. Fur den ubersteigenden Anteil erfolgt keine Vergutung auf der Grundlage von § 27 EEG.

Die Hohe der Grundvergutung liegt z. T. uber der des EEG 2009. Dies geht zum einen auf die hoheren anlagenbezogenen Kosten zuruck, die sich aus den gestiegenen Anforderungen des Fachrechts ergeben (Investitionen in Immissions- schutzvorrichtungen, Sicherheits — und Automatisierungstechnik); zum anderen wurde der bislang vorgesehene KWK-Bonus teilweise mit in die Grundvergutung integriert.[56]

Praambel und Vertragsgegenstand

Die Praambel eines Substratliefervertrages sollte wie bei jedem anderen Vertrag dazu genutzt werden, die Parteibeziehung naher zu beschreiben, um auf diese Weise eine zusatzliche Auslegungs — und Konkretisierungshilfe zu schaffen. Fur den Bio- gaskontext bieten sich neben den allgemeinen Ausfuhrungen zu den Parteien (Name, Sitz/Betriebsort, Branche, kommunaler oder privatwirtschaftlicher Betreiber der Biogasanlage, Funktion und Aufgabe innerhalb der Geschaftsbeziehung etc.) ins — besondere mit Blick auf den Kontext der erneuerbaren Energien eine ausfuhrliche Beschreibung des Grundes und des Ziels der geschaftlichen Beziehung (Starkung der regionalen Substraterzeuger, Aufbau einer langfristigen Parteibeziehung fur die Biogasproduktion etc) sowie eine Fixierung des Sinn und Zwecks der Biogas — erzeugungsanlage (Versorgung einer kommunalen KWK-Anlage zur Starkung der regionalen Autonomie in Bezug auf Strom und Warme, Verbesserung der regionalen/ lokalen Okobilanz, Versorgung der Heizanlage eines kommunalen Schwimmbades, Verkauf des Biogas an einen Erdgasversorger und Einspeisung in das regionale Erdgasnetz, Herstellung von Biokraftstoff fur Kraftfahrzeuge etc.) an.

Im Rahmen des Vertragsgegenstandes ist eingangs die Biogaserzeugungs — anlage als Versorgungsobjekt mit einigen individualisierende Eigenheiten wie Adresse, Lage, Flurnummer, Kontaktperson, Telefonnummer etc. zu benennen.

Des Weiteren sind die Substrate mittels einschlagiger Termini und deren garan — tierter Lieferumfang eingehend zu beschreiben, wobei im Falle der Lieferung ver — schiedener Substrate durch einen Verkaufer eine aussagekraftige Auflistung erfolgen sollte. Als MaBeinheit fur den Lieferumfang kann grundsatzlich eine Mengen — angabe in z. B. metrischen Kilogramm (kg,) Tonnen (t) oder Kubikmetern (m3/ FM), der durchschnittliche Ertragswert einer Flache (z. B. kg/m2 oder t/ha) oder der durchschnittliche Gasertragswert eines Substrates[156] (z. B. m3/kg organischer Trockensubstanz (oTS) oder m3/t oTS) dienen. Die Wahl der MaBeinheit legt dem Grunde nach die erste Risikoverteilung fest. Werden Mengenangaben oder Flachen — ertragswerte als Referenzpunkt gewahlt, tragt der Substratlieferant lediglich das Mengenrisiko. Wird hingegen der Gasertragswert vereinbart, so obliegt dem Sub — stratlieferanten das Gasertragsrisiko. Dieses stellt im Vergleich zum Mengenrisiko ein hoheres wirtschaftliches Risiko dar, da die Gasausbeute z. B. pro t oTS schwankt und der Substratlieferant dementsprechend solange zur Lieferung von Substrat ver — pflichtet ist, bis die vereinbarte Gasmenge erreicht ist.

Als letzter Punkt im Rahmen des Vertragsgegenstandes ist die Abrechnungsform festzulegen, d. h. wird der Preis fur ein Substrat in Euro pro Mengeneinheit oder pro Gasertrag gezahlt. In diesem Kontext sollte zudem entschieden werden, ob die

Verwertung der Garreste durch den/die Substratlieferanten erfolgt und ob sich dies auf die Preisbildung fur die Substrate auswirkt.