Category Archives: Vereinfachtes Verfahren

Weitere Vertragsbestandteile/Sonstiges

Neben den zuvor (uberblickartig) aufgefuhrten — unter besonderer Berucksichtigung

eines Biogas-Projektes ausgearbeiteten — Leistungspflichten durfen die klassischen

Vertragsbestandteile eines Generalunternehmervertrages nicht vernachlassigt

werden und es gilt, auch diese zwischen den Vertragsparteien zu verhandeln und in

den Vertrag zu implementieren. Hierzu im Einzelnen:

1. Wie in Generalunternehmervertragen uber Bauleistungen ublich, obliegt es den Vertragsparteien die Vertragsbestandteile, inklusive der mafigeblichen Rangfolge, festzuschreiben. Nicht zuletzt deshalb sollte neben der Anlagen — beschreibung ein Lageplan, ein Rahmenterminplan sowie ein Verhandlungspro — tokoll zu festen Bestandteilen des Vertrages gemacht werden. Weiterhin emp — fiehlt es sich, die einschlagigen Regelwerke, wie VDI- oder DIN-EN, sowie erganzend den „Stand der Technik“ (vgl. hierzu Linke et al. 2011, S. 25 ff.) in den Vertrag einzubeziehen.

2. In diesem Zusammenhang stellt sich regelmafiig die Frage, inwieweit die VOB/B auf den Generalunternehmervertrag zur Anwendung kommt bzw. kommen sollte. Dies ist, solange es sich lediglich um die Erbringung gewerblicher Bau­leistungen handelt, unproblematisch der Fall. Umstritten ist die Rechtslage hin — gegen bei der gleichzeitigen Ubernahme von mehr oder weniger umfangreichen Planungsleistungen (vgl. Ausfuhrungen bei Vygen und Joussen 2004, Rn. 41 f. m. w. N.). Hier wird es letztendlich auf eine Einzelfallbetrachtung und — prufung ankommen. Im Ergebnis empfiehlt es sich, sofern man die VOB/B tatsachlich einbezogen haben mochte, dies im Vertrag explizit festzuschreiben, um auf diese Weise Rechtsklarheit zu schaffen. Dies gilt auch im Hinblick auf eine mogliche Verkurzung der Verjahrungsfrist auf vier Jahre durch die Einbeziehung des § 13 Abs. 4 VOB/B (vgl. Kapellmann 2004, Rn. 50 f.).[148]

3. Die Fertigstellung wird in der Regel durch einen umfassenden Leistungstest/Pro — bebetrieb (z. B. vierzehntagige Leistungsfahrt) belegt und durch einen Gutachter festgestellt werden. Diese gutachterliche Beurteilung ist sodann als Grundlage fur die (Gesamt-)Abnahme (§ 640 BGB) heranzuziehen. Des Weiteren bietet es sich an, die bestandkraftige Genehmigung der Anlage, die Behordenabnahme sowie die Erfullung der sich aus dem EEG ergebenden Anforderungen fur den Erhalt der Vergutungen und Boni zur Voraussetzung der (Gesamt-)Abnahme zu machen. Sofern Teil-Abnahmen vereinbart werden, sollte hierfur bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein detaillierter Plan erstellt und als Anhang dem Generalunternehmervertrag beigefugt werden.

4. Neben der Festschreibung der Zahlungsmodalitaten bietet es sich aufierdem an, einen Zahlungsplan in den Vertrag einzubeziehen. Sofern ein Festpreis fur die Vertragsleistung vereinbart ist, sollte geklart werden, inwieweit im Falle einer Uberschreitung des Zeitplans ein Anspruch auf Anpassung besteht.

5. Die gleiche Problematik stellt sich im Falle von Anderungen der Bauleistung. Der Umstand, dass die HOAI[149] im Verhaltnis Auftraggeber/Generalunternehmer in der Regel nicht gilt[150], bedeutet nicht, dass in diesem Kontext nicht auf ihre

Regelungsmodelle bei der Berechnung der Vergutung modifizierter Leistungen analog zuruckgegriffen werden konnte (so auch Kapellmann 2004, Rn. 55). Unabhangig davon empfiehlt es sich, nicht zuletzt angesichts der zugigen tech — nologischen Weiterentwicklung und dem gesetzgeberischen Forderungswillen hinsichtlich erneuerbarer Energien, geeignete Regelungen fur eine etwaige Anderung der Bauleistung inkl. der sich daraus ergebenden Kostentragung ver- traglich zu normieren.

6. Eine zentrale (potenzielle) Haftungsfrage, namlich diejenige nach dem Fertig — stellungsrisiko, ist im Falle der Beauftragung eines Generalunternehmers weit — gehend geklart: Dieses als auch die Verantwortung fur etwaige Verzogerungen liegt grundsatzlich in dessen Verantwortungsbereich.[151]

7. Im Hinblick auf die Festlegung etwaiger Vertragsstrafen gilt es den in der Recht — sprechung entwickelten Grundsatz zu beachten, dass eine Regelung dazu in den AGB des Auftraggebers unter anderem nur dann wirksam ist, wenn fur die Summe aller verwirkten Vertragsstrafen eine Obergrenze von 5 % auf die Auf — tragssumme vereinbart ist (vgl. Vygen und Joussen 2004, Rn. 60 mit Verweis auf die Rn. 572 und 719).

8. Abschliefiend bleibt noch festzuhalten, dass auch der Generalunternehmervertrag mit den (Standard-)Regelungen zum Gerichtsstand bzw. einer Schiedsabrede, zur Ubertragung von Rechten und Pflichten, zum anwendbaren Recht, zur Rechts — anderung, zur Eigentum und Gefahrtragung, einem Schriftformerfordernis, einer salvatorischen Klausel und einer Wirtschaftsklausel abgerundet werden sollte. Sofern sich diesbezuglich Besonderheiten im Kontext von Biogas-Projekten im Rahmen eines Generalunternehmervertrages ergeben, so wurden diese jeweils zuvor dargestellt.

Risiko verspatet eingetragener Dienstbarkeiten

Wurde die Biogasanlage auf einem fremden Grundstuck errichtet, sollte der Erwerber einer Biogasanlage prufen, ob fur die Errichtung und den Betrieb der Anlage rechtzeitig Dienstbarkeiten im Grundbuch eingetragen wurden. Bisher ist die Eintragung der Dienstbarkeit in das Grundbuch vor Errichtung der Biogasanlage der einzige rechtssichere Weg, um eine Verbindung der Anlage mit dem Grundstuck zu verhindern.

Errichter von Biogasanlagen stehen haufig unter erheblichem zeitlichen Druck, nach Verhandlung der wesentlichen Projektvertrage ein Vorhaben zu verwirklichen. Es kommt vor, dass die Dienstbarkeitsbewilligung im Pachtvertrag mit dem Grund — stuckseigentumer vereinbart wurde, dann jedoch der Antrag auf Eintragung und die Eintragung in das Grundbuch zu spat erfolgt sind. Wie schnell die Eintragung erfolgt, kann fur die rechtssichere Eigentumsfahigkeit der Biogasanlage von erheb — licher Bedeutung sein.

Streng nach dem Wortlaut des § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB muss die Verbindung der Anlage mit dem Grundstuck „in Ausubung eines Rechts“ erfolgen. Dazu muss die Dienstbarkeit eingetragen sein, bevor die Anlage auf dem Grundstuck errichtet wird.

Ursprunglich und wohl immer noch uberwiegend wird in Rechtsprechung und Schrifttum verlangt, dass bei der Errichtung der Anlage das dingliche Recht bereits eingetragen war.[212]

Von einigen Oberlandesgerichten[213] wird es mittlerweile als ausreichend erachtet, wenn zum Zeitpunkt der Anlagenerrichtung die notarielle Bewilligung der Bestellung der Dienstbarkeit vorlag. Da zudem unterschiedliche Ansichten daruber bestehen, ob es bereits durch die Fundamentsetzung oder erst durch die Errichtung der Anlage zur Verbindung mit dem Grundstuck kommt, sollte die Eintragung ins

Grundbuch bereits vor der Fundamentsetzung erfolgen. Andernfalls besteht bei einem Rechtsstreit jedenfalls ein erhebliches Risiko.

Nach neuerer Rechtsprechung[214] soll es auf die Eintragung eines Rechts zur Errichtung und zum Betrieb der Anlage nicht mehr ankommen, wenn der Grund — stuckseigentumer in einem schuldrechtlichen Vertrag der Eintragung einer beschrankten personlichen Dienstbarkeit zugestimmt hat. Manche Gerichte lassen auch eine nachtragliche Eintragung der Dienstbarkeit zu, um eine Verbindung „in Ausubung eines Rechts“ nachtraglich herzustellen.[215] In diesem Fall kame es wesentlich auf die Wirksamkeit der Pachtvertrage mit den Grundstuckseigentumern an.

Das Risiko eines Eigentumsverlustes bleibt bis zu einer abschliefienden hochst — richterlichen Klarung bestehen und sollte durch entsprechende Sorgfalt und Kon — trolle in der Phase der Projektentwicklung und durch Prufung bewaltigt werden. Insbesondere sollten Klauseln zur Scheinbestandteilseigenschaft im Pachtvertrag enthalten sein und vorsorglich eine Ruckubereignung im Falle der gesetzlichen Ver­bindung der Anlage mit dem Grundstuck vereinbart werden.[216]

Erfolgt die Eintragung zu spat, fallt das Eigentum an der Biogasanlage mit der Errichtung an den Grundstuckseigentumer. Es besteht dann das Risiko, dass der Grundstuckseigentumer uber die Anlage verfugt. Es besteht insbesondere ein Risiko, wenn Dritte in das Eigentum des Grundstuckseigentumers die Zwangsvoll — streckung betreiben.

In dem Fall der Verbindung der Biogasanlage als wesentlicher Bestandteil mit dem Grundstuck entfallt auch die Moglichkeit, wirksam Sicherungseigentum an der Biogasanlage zu begrunden. Um die Finanzierung des Projektes nicht zu gefahrden, sollte ein wesentliches Augenmerk auf die rechtzeitige Eintragung einer beschrankten personlichen Dienstbarkeit gerichtet werden. Gegenuber dem Notar und dem Grundbuchamt sollte die Dringlichkeit der Eintragung kommuniziert werden.

Der Verlust des Eigentums an der Biogasanlage durch Verbindung mit dem Grundstuck kann rechtssicher verhindert werden. Dafur ist vor der Fundamentset­zung eine beschrankte personliche Dienstbarkeit in das Grundbuch einzutragen.

Substrat-Mix: Machbarkeit versus ZweckmaBigkeit

Nachdem prinzipiell klar ist, welche Substrate vor Ort grundsatzlich zum Ein­satz kommen konnen, ist festzulegen, welche Substrate davon tatsachlich einge — setzt werden sollen. Hier sind neben biologisch/chemischen Aspekten der Sub­strate untereinander auch mechanische bzw. verfahrenstechnische, finanzielle und regulatorische Aspekte sowie das offentliche Interesse zu berucksichtigen. Dabei kann man die einzelnen Sachfelder oft nicht isoliert betrachten, da z. B. Anderungen im biologischen Prozess oft auch mechanisch/verfahrenstechnische Anpassungen etc. erforderlich machen.

Einer der wichtigsten Punkte, die beachtet werden mussen, ist auch aus kauf — mannischer Sicht, wie sich die Biologie im Fermenter verhalt, sofern verschiedene Substrate eingesetzt werden, weil ein reibungslos funktionierender biologischer Prozess die Grundlage fur wirtschaftlich profitable BGAs ist. Ohne auf die Biologie im Detail einzugehen, seien hier einige Schlagworte fur den Einsatz von Co-Sub — straten genannt:

• Andert sich der pH-Wert mit entsprechenden Auswirkungen auf die Biologie (Gegenmafinahmen erforderlich)?

• Andert sich die Reaktionsgeschwindigkeit/ Verweilzeit/ Durchlaufgeschwindig — keit (haufigere Kontrollen erforderlich)?

• Muss das Co-Substrat besonders aufgeschlusselt werden, damit es im Fermentationsprozess verfugbar ist (Hydrolyse, Nasszerkleinerer etc.)?

• Werden andere Spurenelemente oder andere Mengen an Spurenelementen benotigt?

• Andert sich die Gasausbeute je t Frischmasse (FM) signifikant?

• Andert sich der Methangehalt des erzeugten Gases signifikant?

• Kann das Co-Substrat auch ad hoc abgesetzt werden, ohne dass der biologische Prozess gefahrdet wird?

Auch bei den mechanischen Aspekten sind einige Fragen bei der Verwendung verschiedener Substrate zu berucksichtigen, die direkten oder indirekten Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der BGA haben. Einige davon sind:

• Stellt die Lagerung des Co-Substrates besondere Anforderungen?

• Ist dies der Fall, ist zu prufen, ob der eventuelle (Preis-)Vorteil durch hohere Lager/Logistikkosten nicht wieder aufgezehrt wird

• Wie kann/muss die Einbringung in den Prozess erfolgen?

• Kann das Co-Substrat z. B. uber den normalen Dosierer mit zugefuttert werden?

• Oder werden spezielle Zusatztechnik/Investitionen benotigt (Lagertank, extra Leitungsanbindung, Pumpentechnik, Steuerung)?

• Welche Auswirkungen hat das Co-Substrat auf die Konsistenz der Garmasse im Faulraum (zunehmende Viskositat fuhrt zu schlechterem Durchmischungsver — halten, hoherem Stromverbrauch, hoheren mechanischen Belastungen der Trans — portsysteme, Mischwerke und Pumpen etc.)?

Entwicklungstendenzen

Die anaerobe Fermentation ist — im Vergleich zu anderen Biomassenutzungs — optionen — eine sehr effiziente Option zur Umwandlung von Biomasse in Energie, da a) die Umwandlungswirkungs — und — nutzungsgrade relativ hoch sind, b) ein sehr vielseitig einsetzbarer Energietrager (d. h. Biogas bzw. Biomethan) entsteht und c) der Garrest zur Schliefiung von Nahrstoffkreislaufen und zur Humuserhaltung eingesetzt werden kann. Deshalb hat sie — unterstutzt durch eine durchaus wohl — wollende Setzung des energiewirtschaftlichen Rahmens (d. h. des Erneuerbare — Energien-Gesetzes, EEG) — in den letzten Jahren deutlich an Marktbedeutung in Deutschland gewonnen.

Gleichzeitig werden jedoch die Auswirkungen einer grofitechnischen Biogas — erzeugung insbesondere auf der Basis von Energiepflanzen auf die naturliche Umwelt zunehmend kontrovers diskutiert. Beispielsweise ist Mais als C4-Pflanze eine sehr effiziente Moglichkeit zur Biomasseerzeugung. Deshalb wird sie der — zeit verstarkt in Deutschland als Energiepflanze zur Vergarung angebaut mit der Folge, dass vermehrt Monokulturen (Stichwort: Vermaisung der Landschaft) mit allen damit verbundenen unerwunschten Auswirkungen auf die Bodenqualitat realisiert werden. Hinzu kommt die Flachen- und Biomassekonkurrenz zu

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Abb. 4.16 Beispiel fur eine Biogasanlage zur Vergarung von stapelfahigen Substraten

Nahrungsmittelerzeugung und damit die Diskussion um „Teller oder Tank“, welche letztlich zu der oft gestellten ethisch-moralischen Frage fuhrt, ob es in Anbetracht des Hungers auf der Welt zu verantworten ist, subventioniert Flachen zur Ener — giegewinnung zu nutzen. Diese, an politischer Bedeutung gewinnende, Diskussion hat wiederum entsprechende Konsequenzen auf die Weiterentwicklung sowohl der Biogasanlagentechnik als auch der in der Praxis umgesetzten Anlagenkonzepte.

Um vor dem Hintergrund dieser hier nur sehr bruchstuckhaft wiedergegebenen und sehr vielschichtigen Diskussionslage mit einer modernen Biogaserzeugung und — nutzung den politischen Forderungen in okologischer, okonomischer und ethisch-moralischer Hinsicht moglichst weitgehend gerecht zu werden, mussen deshalb zukunftig noch mehr als in der Vergangenheit Konzepte realisiert werden, mit welchen die Wirkungsgrade der gesamten Produktionskette bei der Bio — gasgewinnung (d. h. vom Anbau bis zur energetischen und stofflichen Nutzung) maximiert, die Umwelteffekte minimiert und die Akzeptanz optimiert werden.

Der Schlussel, mit dem aus Sicht der Verfahrenstechnik zur Meisterung der damit verbundenen Herausforderungen beigetragen werden kann, ist ein im Ver — gleich zum gegenwartigen Zustand deutlich verbesserter Biomasseabbau (d. h. das in den Reaktor eingebrachte Substrat muss in kurzerer Zeit mit geringeren Verlusten weitergehend abgebaut werden) und damit eine merklich bessere Ener — gieausbeute bei keinen oder nur sehr geringen Umweltauswirkungen. Nur wenn damit die technische und okologische Effizienz derartiger Systeme deutlich ver — bessert wird, konnen die Gasgestehungskosten weiter reduziert und damit auch die Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu anderen Energiebereitstellungsoptionen verbes — sert werden. Trotz der in den letzten Jahren erreichten Fortschritte (unter anderem deutlich hohere Raumbelastung[224] [225]) ist hier noch ein unausgeschopftes Entwicklungs — potenzial gegeben, das aber nur durch eine Vielzahl unterschiedlicher Mafinahmen — und insbesondere deren integriertes Zusammenspiel — erschlossen werden kann. Deshalb werden nachfolgend Einzelaspekte diskutiert, die hierzu einen Beitrag leisten konnen

• Biologischer Abbau. Bisher ist der eigentliche biologische Abbau, wie er in Biogasanlagen stattfindet, noch nicht vollstandig und umfassend verstanden. Dies erschwert die Umsetzung von Mafinahmen zu dessen Verbesserung. Des­halb muss es das Ziel zukunftiger Entwicklungen sein, das Verstandnis der biologischen Abbauvorgange — und der sie beeinflussenden exogenen Para­meter — deutlich zu verbessern und dadurch den Abbauprozess insgesamt zu optimieren. Ein Beispiel fur einen diesbezuglichen Ansatz ist die Entwicklung von Biokatalysatoren, die dem Fermenter zugegeben werden und einen hoheren Biogasertrag versprechen.

• Bedingungen im Reaktor. Bei den heute marktgangigen landwirtschaftlichen Biogasanlagen sind ein gleichmafiiger Warmeeintrag und eine gute Durch — mischung des Substrats nicht immer zwingend gegeben. Dies liegt unter anderem darin begrundet, dass die Wirkung der Ruhrwerke auf die z. T. hoch — viskosen Substrate, deren Viskositat sich zusatzlich noch im Laufe der Zeit mit wechselnder Substratzusammensetzung und/oder aufgrund jahreszeitlicher Unterschiede (z. B. der Gulle aufgrund mit den Jahreszeiten verschiedenartiger Futterzusammensetzung) verandern kann, noch nicht umfassend analytisch ver­standen wurde. Und wenn die Vermischung im Fermenter unvollstandig ist, ist zu erwarten, dass sich auch eine entsprechend ungleichmafiige Temperaturver — teilung im Fermenter einstellt; beides fordert nicht zwingend die biologischen Abbauprozesse. Deshalb muss — im Sinne einer weitergehenden Optimierung des Anlagenbetriebs — unter anderem die Systemkombination zwischen War­meeintrag und Vermischung — substratspezifisch — verbessert werden.

• Bessere Steuerung und Regelung. Biogasanlagen konnen bisher nur sehr lang — sam auf Anderungen in den Substrateigenschaften reagieren, die aber in der landwirtschaftlichen Praxis kaum verhindert werden konnen. Diese Tragheit der mikrobiellen Anpassungsfahigkeit liegt zum einen in der Biologie — und hier vor allem in den relativ langsamen Wachstumsraten bestimmter am anaer — oben Abbau beteiligten Bakterienstamme — und zum anderen an dem bisher noch unzureichenden Verstandnis der einzelnen, den Prozess regelnden Para­meter begrundet. Deshalb mussen Techniken und Verfahren verfugbar gemacht werden, mit denen Biogasanlagen besser im Hinblick auf einen stabilen Betrieb und einen maximalen Biomasseabbau — bei schwankender Substratzusammenset­zung — gesteuert und geregelt werden konnen.

• Mehrstufige und mehrphasige Anlagen. Aus Kostengrunden werden — ins­besondere im landwirtschaftlichen Bereich — oft nur einstufige Biogasanlagen realisiert (d. h. der biologische Abbauprozess findet am gleichen Ort und zur gleichen Zeit statt). Da bei einem derartigen System der Abbau in einem ein — zigen Fermenter stattfindet, in dem durchschnittliche Bedingungen vorliegen, lauft keiner oder nur wenige der einzelnen Umsetzungsschritte im optimalen bzw. nahe dem optimalen Bereich ab. Der anaerobe Abbau kann damit insgesamt nur in engen Grenzen maximiert werden. Dafur wird jedoch der technische Auf — wand minimiert, da nur ein Fermenter benotigt wird. Ziel der technischen Wei — terentwicklungen sollte es deshalb sein, kostengunstige Fermenterkonzepte zu entwickeln und umzusetzen, in denen jede einzelne Abbaustufe optimal umge — setzt werden kann. Derartige Konzepte sind vorhanden, aber bisher technisch noch zu aufwandig und damit teuer. Mit dem Ziel einer weiteren Effizienz — steigerung mussen derartige Konzepte — unter Kosteneffizienzgesichtspunkten — aber forciert entwickelt werden.

• Garrestaufbereitung. Der iiberwiegende Anteil des Garrestes besteht aus Wasser, das bei der Ausbringung (kostenintensiv) transportiert werden muss. Aufierdem benotigen einige Biogasanlagenkonzepte z. T. erhebliche Wassermengen dann, wenn sie eine Anmaischung der Substrate mit Frischwasser realisieren. Eine Garrestaufbereitung kann hier eine Win-win-Situation schaffen, da mit dem aus dem Garrest abgetrennten Wasser eine Anmaischung des Frischsubstrats realisiert werden kann und gleichzeitig noch ein Teil der aktiven Biomasse in den Abbauprozess ruckgefuhrt werden kann. Die Entwicklung entsprechender Techniken und Konzepte, die den jeweils gegebenen Anforderungen moglichst maximal Rechnung tragen, gewinnt deshalb in den kommenden Jahren zuneh — mend an Bedeutung. Dies gilt insbesondere auch fur die Kombination einer Ver — garung und einer Kompostierung.

Neben diesen Einzelaspekten mussen auch die den landwirtschaftlichen Biogas-

anlagen heute zugrunde liegenden Konzepte zukunftig weiterentwickelt werden,

um den sich andernden Rahmenbedingungen und Anforderungen adaquat Rech­nung zu tragen. Dies gilt unter anderem im Hinblick auf die folgenden Aspekte.

• GroBere Anlagenleistungen. Steuert der Gesetzgeber dem nicht durch die Set — zung der energie — und umweltpolitischen Rahmenbedingungen entgegen, wird es — economy of scale folgend — zukunftig aufgrund von Kostenreduktions- zwangen zu tendenziell grofieren Anlagenleistungen kommen. Diese sind spezi- fisch kostengunstiger und i. Allg. technisch ausgereifter, da eine aufwandigere Anlagentechnik eher bei grofieren Anlagen okonomisch darstellbar ist und der Betrieb hier i. Allg. von geschultem Fachpersonal realisiert wird. Insgesamt werden die in Biogasanlagen installierten Leistungen aber immer in einem ver- gleichsweise moderaten Leistungsbereich (d. h. der untere bis mittlere einstel- lige MW-Bereich bezogen auf die installierte Gasleistung) bleiben, da die mit steigender Leistung deutlich ansteigenden Biomassebereitstellungskosten einer weiteren Leistungssteigerung entgegenstehen.

• Biogaseinspeisung. Der energiewirtschaftliche Rahmen (EEG) in Deutsch­land forcierte bisher eine Biogasverstromung. Dies hat jedoch den Nachteil, dass dadurch die in Koppelproduktion anfallende Warme oft nur eingeschrankt genutzt werden kann und dadurch die okonomischen und okologischen Parameter der Gesamtanlage — trotz einer Vielzahl okologischer Vorteile — eher bescheiden ausfallen. Dieses Problem kann dann gelost werden, wenn das Biogas an Stand — orte transportiert wird, an denen eine entsprechende Warmesenke gegeben ist und die in Koppelproduktion anfallende thermische Energie (nahezu) voll — standig genutzt werden kann; dies kann durch eine Einspeisung des Biogases in lokale Biogasnetze oder — nach einer entsprechenden Aufbereitung — in das Erdgasnetz erreicht werden (aus okonomischer Sicht sind diese Ansatze aber nur bei einer entsprechend grofien installierten Gasleistung der Biogasanlage umsetzbar). Hinzu kommt, dass — ist das Biomethan im Gasnetz vorhanden — es unter anderem auch als effizienter Biotreibstoff in CNG-Fahrzeugen eingesetzt werden kann. Deshalb ist zu erwarten, dass durch die staatlich angestrebte Ver — besserung der okologischen KenngroBen zukunftig die Biogaseinspeisung merk — lich an Bedeutung gewinnen wird.

• Minimierung der gasformigen Emissionen. Biogas ist bereits seit Jahren in der Kritik, unter anderem bezuglich moglicher Methan-Leckagen und potenzieller Stickstoffoxid — bzw. Lachgas-Emissionen, welche die Klimabilanz einer Biogas — erzeugung deutlich verschlechtern konnen. Deshalb ist zu erwarten, dass der Gesetzgeber die diesbezuglichen Umweltstandards entsprechend anpassen bzw. verscharfen wird. Damit ist es wahrscheinlich, dass zukunftig die Anlagentech — nik umweltfreundlicher — und das meint vor allem — klimavertraglicher aus — gefuhrt werden muss; dies ist mit potenziell hoheren Investitions — und Betriebs — kosten verbunden.

Neben diesen MaBnahmen an der eigentlichen Anlage gewinnt auch die

Optimierung der Substratproduktion und — aufbereitung an Bedeutung, da hier

ebenfalls Verbesserungspotenziale erschlieBbar sind. Nachfolgend werden einige

Beispiele diskutiert.

• Weitere Energiepflanzen. Zukunftig mussen bei der Produktion von Ener — giepflanzen nicht nur die flachenspezifischen Aufwuchsraten erhoht werden, sondern auch alternative Pflanzenarten und — sorten gefunden werden, die unter den Bedingungen in Deutschland umweltvertraglich und nachhaltig — und das bei einem hohen Produktionsniveau — anbaubar sind (unter anderem gute Bodenbe — deckung im Winter, Bodenerosion in der vegetationsarmen Zeit vermeiden) und zusatzlich einen hohen Gehalt an leicht zu vergarenden Inhaltsstoffen auf — weisen. Des Weiteren mussen Anbau — und Erntetechniken sowohl im Hinblick auf eine Minimierung der energetischen Verluste als auch auf die Reduzierung der unerwunschten okologischen Folgen optimiert werden.

• Erweiterung der nutzbaren Riickstande, Nebenprodukte und Abfalle. Da von der Stoffgruppe der Ruckstande, Nebenprodukte und Abfalle (d. h. Rest — stoffe) in landwirtschaftlichen Biogasanlagen bislang hauptsachlich Gulle einge­setzt wird, kann hier die Ressourcenbasis erweitert werden. Deshalb werden heute teilweise schon Gras von Landschaftspflegeflachen und andere landwirt — schaftliche Nebenprodukte (z. B. Stroh) als Substrate in landwirtschaftlichen Anlagen eingesetzt; dies gilt auch fur andere agrarische Stoffstrome, fur die bisher keine stoffliche und/oder energetische Verwertungsmoglichkeit vor­handen ist (z. B. diverse Ernteruckstande); bei derartigen Substraten besteht auch keine Konkurrenz zu der Nahrungsmittelindustrie. Weiterhin konnten auch

bestimmte Stoffstrom-Komponenten des lokal anfallenden organischen Abfalls verstarkt genutzt werden, wenn er — unter Berucksichtigung der gesetzlichen Vorgaben — in die landwirtschaftlichen Stoffkreislaufe ruckgefuhrt werden kann und darf. Die Entwicklung durfte daher in Richtung einer deutlich breiteren Palette von Substratstromen gehen, welche vor allem Ruckstande, Nebenpro — dukte und organische Abfalle beinhaltet.

• Lagerung, Aufbereitung und Vorbehandlung. Hinzu kommen mogliche Optimierungspotenziale bei der Lagerung, Aufbereitung und Vorbehandlung der Substrate mit dem Ziel der Minimierung der energetischen Verluste und der oko — logischen Auswirkungen. Beispielsweise entziehen sich bestimmte organische Stoffstrome einem anaeroben Abbau teilweise und z. T. auch vollstandig. Sie konnen aber durch einen wie auch immer gearteten Aufschluss, welcher der eigentlichen anaeroben Fermentation vorgeschaltet sein muss, einem Abbau zuganglicher gemacht werden. Technisch ist das dadurch moglich, indem die organischen Makromolekule teilweise aufgebrochen und/oder deren chemische Struktur verandert wird. Ziel muss es sein, diesen Prozess kostengunstig so zu gestalten, dass ein fur jeden beliebigen Stoffstrom definiertes Ergebnis erreich — bar ist.

Neben einer weiteren Verbesserung des eigentlichen anaeroben Abbaus und dessen verfahrenstechnische Umsetzung sowie einer zunehmenden Anpassung und Optimierung der entsprechenden Konzepte einschliefilich der Biomasseproduktion bzw. — bereitstellung gewinnt auch eine Erweiterung des Systems „Biogasanlage“ immer mehr an Bedeutung. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf eine gekoppelte Erzeugung von Energie und Produkten fur eine stoffliche Nutzung innerhalb und auch aufierhalb der Landwirtschaft; ein wesentlicher Treiber fur den letzteren Aspekt ist die Tatsache, dass dadurch die Wertschopfung erhoht und die Akzeptanz in der Bevolkerung verbessert werden kann. Nachfolgend werden einige diesbezug — liche Ansatze diskutiert.

• Proteine. Im Ausgangssubstrat und ggf. im vergorenen Substrat konnen bestimmte Proteine vorhanden sein, die mit entsprechenden Techniken und Verfahren abgetrennt und auf dem Nahrungs — und Futtermittelmarkt gewinn — bringend abgesetzt werden konnen.

• Dungemittel mit definierten Eigenschaften. Die Garreste beinhalten eine Vielzahl an Nahrstoffen, die beim Pflanzenwachstum benotigt werden. Sie so aufzubereiten, dass sie zukunftig gezielter und mit besser abschatzbarer, klar definierter Wirkung — vergleichbar zu mineralischen Dungern — einsetzbar sind, ist eine wesentliche Herausforderung fur die kommenden Jahre.

• Kohlenstoffdioxid. CO2, wie es bei der Biogasaufbereitung als Abfallprodukt anfallt, kann einen Wertstoff dann darstellen, wenn es beispielsweise an die Getrankeindustrie zur Herstellung von mit Kohlensaure versetzten Produkten verkauft werden kann.

Insgesamt gesehen sind damit die gegebenen Herausforderungen, mit denen sich die Biogaserzeugung und — nutzung in den kommenden Jahren konfrontiert sieht, erheblich. Trotzdem lassen die in den vergangenen Jahren gemachten Fortschritte und Erfahrungen erwarten, dass diese Aufgaben gemeistert werden konnen und dass Biogas im Energiesystem der Zukunft einen deutlich weitergehenden tech — nisch effizienten, okonomisch darstellbaren und umwelt — und klimavertraglichen Beitrag wird leisten konnen und auch mussen, wenn die energie-, umwelt — und klimapolitischen Ziele der Bundesregierung erreicht werden sollen.

Umweltwirkungen

Die Biogasgewinnung und — nutzung stellt grundsatzlich und gegenuber fossilen Energietragern einen okologisch sehr vorteilhaften Pfad der Energiebereitstellung dar. Hierbei ist festzustellen, dass die Nachhaltigkeit der Biogaserzeugung und — nut — zung vorwiegend von der Wahl der Substrate, der Qualitat (Effizienz und Emis — sionen) der Anlagentechnik und der Effizienz der Nutzung des Energieinhaltes des produzierten Biogases abhangig ist. Beispielsweise werden durch den Gulleeinsatz im Biogasprozess nicht nur verfugbare und anderweitig nicht energetisch nutzbare Substratmengen sinnvoll genutzt; gleichzeitig werden auf diese Weise resultierende Emissionen der konventionellen Gullelagerung vermieden. Treibhausgasemissionen von etwa 500 g CO2-Aquvalent/kWh Strom werden bei der Biogasgewinnung aus Gulle gegenuber einer reinen Gullelagerung vermieden (Jungmeier et al. 1999, S. 150, 320, Appendices). Rechnet man zu diesem Wert noch die Treibhausgasemis­sionen des deutschen Strommix hinzu, werden insgesamt Emissionen von 1.100 g CO2-Aquivalent/kWh Strom eingespart. Wahrend bei Okobilanzierungen Abfallen keine Umwelteffekte der Produktion zugerechnet werden, da diese meist allein

Tab. 4.16 Vergarungsverfahren fur die Behandlung fester organischer Siedlungsabfalle

Systemname

Anlagen-

anzahl[234]

Kapazitat[235]

[Mg/a]

Anzahl der

Stufen

T rockenmassege — halt

Prozesstem-

peratur

1

2

< 20 % > 20 %

35 °C

55 °C

AAT

8

3.000­

55.000

x

x

x

ArrowBio

4

90.000­

180.000

X

x

x

BTA

23

1.000­

150.000

x

X

x

x

x

Biocel

1

35.000

x

x

x

Biopercolat

1

100.000

X

x

x

Biostab

13

10.000­

90.000

x

x

x

DBA-Wabio

4

6.000­

60.000

x

x

x

DRANCO

17

3.000­

120.000

x

x

x

Entec

2

40.000­

150.000

x

x

x

Haase

4

50.000­

200.00

X

x

x

x

Kompogas

38

1.000­

110.000

x

x

x

Linde-

8

15.000-

x

X

xx

x

x

KCA/

BRV

150.000

Preseco

2

24.000­

30.000

Schwarting-

Uhde

3

25.000­

87.600

X

x

x

Valorga

22

10.000­

270.000

x

x

x

x

Waasa

10+

3.000­

230.000

x

x

x

x

dem Produkt zugeordnet werden, muss bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen, die nachwachsende Rohstoffe (NawaRo) einsetzen, auch der Substratanbau beachtet werden. Bei der Nutzung von Energiepflanzen muss fur deren Anbau 100 bis 200 g CO2-Aquvalent/kWh Strom berucksichtigt werden (Plochl und Heiermann 2002).

Betriebe, die Biogasanlagen (n = 542) betreiben, produzieren durchschnitt — lich auf 30 % ihrer Flachen NawaRo fur die Biogaserzeugung. Tendenziell nimmt mit steigender Betriebsgrofie der Flachenanteil fur die Biogasproduktion ab. Auf den Flachen (n = 334) fur die Biogasgewinnung werden zu 54 % Silomais, 22 % Anwelksilage, 14 % Kornergetreide, 5 % GPS und 5 % Sonstiges angebaut (DBFZ 2011). Das bedeutet, dass der Mais dank seiner hohen masse — und energiebezogenen Flacheneffizienz vergleichsweise wenig Flache beansprucht. NawaRo werden im Durchschnitt uber eine Strecke von 5,4 km und Garreste uber 4,2 km trans — portiert (n = 34) (FNR 2009). Transportfahige und -wurdige NawaRo wie Getreide — korn werden auch uber grofiere Entfernungen befordert, wahrend NawaRo oder Wirtschaftsdunger (aufier Geflugeltrockenkot) sowie Garreste mit geringem Tro — ckensubstanzgehalt und entsprechend hohem Wassergehalt nur kurz transportiert werden.

Durch Befragung wurde auch der Betriebsmitteleinsatz in landwirtschaftlichen Betrieben vor und nach dem Bau einer Biogasanlage erhoben. Danach werden Insektizide und Fungizide entweder auf gleichem Niveau wie vor dem Anlagenbau oder haufig sogar weniger eingesetzt (FNR 2009). Bei Dungemitteln (Stickstoff, Phosphat, Kalium) war, abgesehen von wenigen Ausnahmen, der Einsatz haufig gleichbleibend oder niedriger nach dem Bau einer Biogasanlage. Der Stickstoff — dungereinsatz wurde von 70 % der Befragten als „weniger“ oder „deutlich weniger“ charakterisiert. Allein beim Treibstoffeinsatz waren deutliche Zuwachse zu ver — zeichnen (FNR 2009).

Hinsichtlich der Anlagentechnik sollte grofier Wert auf die Vermeidung von Emissionen (in Luft, Wasser und Boden) sowie die Erreichung einer hohen Effizienz — d. h. eines hohen Ausgarungsgrades der Biomasse — und eine moglichst unterbrechungsfreie Nutzung des produzierten Gases gelegt werden. Dies ist einerseits durch bauliche Vorkehrungen, andererseits durch eine auf die Anlagen — technik abgestimmte Betriebsweise der Biogasanlage moglich. Wie Emissionen an Biogasanlagen in der Landwirtschaft gemindert werden konnen, beschreibt umfassend die VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4 in ihrer aktuellen Fassung vom August 2010. Die letzte Fassung der VDI-Richtlinie 3475 Blatt 2 zur Emissionsminderung an biologischen Abfallanlagen ist vom Dezember 2005. An emissionsrelevanten Bereichen werden unterschieden: Substratlagerung, Substratzufuhr in das System, Emissionen wahrend der Vergarung sowie bei Betriebsstorungen, Garrestlagerung und Gaslagerung/-nutzung (VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4). Je nach Anlagenbereich konnen unterschiedliche Emissionen wie Geruche, Methan, Ammoniak, Schwefel — wasserstoff, Lachgas, Bioaerosole, Verbrennungsabgase (Staub, Rufi, Stickoxide, Schwefeloxide, Kohlenmonoxid, Formaldehyd) bzw. Larm auftreten (VDI-Richt­linie 3475 Blatt 4).

Bisher wurden noch verhaltnismafiig wenige Emissionsmessungen an Praxis — biogasanlagen durchgefuhrt bzw. veroffentlicht, da Emissionen messtechnisch schwierig zu erfassen sind bzw. die Methodik zur qualitativen und quantitativen Erfassung noch nicht etabliert ist. Auch wenn nur uber einige Stunden oder Tage Messwerte erhoben und darauf aufbauend Jahreswerte berechnet werden, ist der zeitliche und materielle Aufwand nicht unerheblich. Bei Messungen an 10 Biogasanlagen wurden als wesentliche Emissionsquellen offene oder nicht gas — dicht abgedeckte Garrestlager und die Gasverwertung (BHKW, Gasaufbereitung) identifiziert (Liebetrau et al. 2011). Berucksichtigt man, dass in Deutschland nur 37 % aller Biogasanlagen und nur 55 % aller Neuanlagen (nach EEG 2009) uber gasdicht geschlossene Garrestlager verfugen (s. Abschn. 4.5.1), wird das Emis — sionsminderungspotenzial sehr deutlich. Allerdings ist das Restgas — und damit Emissionspotenzial fur Methan, in Abhangigkeit von der Substratzusammenset — zung, der Substratvorbehandlung und der hydraulischen Verweilzeit im Fermenter, anlagenspezifisch unterschiedlich. So ist die Vorgabe (nach VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4 bzw. fur den Erhalt des NawaRo-Bonus 2009), Garrestlagerbehalter von NawaRo-BGAs grundsatzlich gasdicht auszufuhren, zumeist zielfuhrend fur eine Emissionsminderung; hydraulische Mindestverweilzeiten in allen gasdichten Behaltern einer BGA von insgesamt 110 bzw. 150 Tagen tragen dagegen nicht notwendigerweise zur Emissionsminderung bei und stehen ggf. Innovationen bei der Substrataufbereitung und damit einem beschleunigten Substratumsatz aus wirtschaftlicher Sicht entgegen. Grundsatzlich sind routinemaBige Leckageunter — suchungen bei Neu — und Altanlagen im Sinne der Anlageneffizienz, des Explosions — und Emissionsschutzes angeraten.

Als weitere relevante Emissionsquelle von Methan wird die Gasverwertung angefuhrt. Messungen an 11 BHKW haben mittlere Werte zwischen 0,44 und 2,43 % des auf der Anlage verwerteten Methans als,,MethanschIupf“ identifiziert (Liebetrau et al. 2011). Der Durchschnittswert uber alle BHKWs lag bei 1,25 % (Liebetrau et al. 2011). In der Praxis kommt damit der Wartung und Parameter- einstellung von Gasverwertungsanlagen eine hohe Bedeutung zu. Allerdings kann je nach Optimierungszielsetzung die Motoreinstellung ein unterschiedliches Emis — sionsmuster zeigen. Eine Optimierung des BHKW zugunsten eines hohen elek- trischen Wirkungsgrads verursacht mehr Stickoxide und Kohlenmonoxid, aber weniger unverbrannte Kohlenwasserstoffe (unter anderem Methan) als ein BHKW, das auf moglichst geringe Stickoxidemissionen eingestellt wird und dadurch nur einen geringeren elektrischen Wirkungsgrad erzielt (Aschmann et al. 2011).

Bei Wartungen und Storungen des BHKW empfiehlt sich eine alternative Bio — gasverwertung oder mindestens eine Verbrennung des Methans, so dass nur das wesentlich weniger klimawirksame Kohlendioxid emittiert wird. Die Verfugbar — keit der dafur eingesetzten Gasfackeln liegt bei Neuanlagen (Inbetriebnahme 2010, 2011) mit 72 % deutlich hoher als im Anlagendurchschnitt mit 49 % (DBFZ 2011).

Mit dem EEG 2009 wurde ein Bonus fur die Installation von BHKW-Abgas — Nachbehandlungssystemen eingefuhrt, der die Reduktion von Formaldehyd im Abgas zum Ziel hatte. Eine Differenzierung bei der Befragung hinsichtlich der daraufhin eingesetzten Abgasbehandlung nach installierter elektrischer Anlagenleis — tung der Biogasanlagen zeigt, dass diese im kleinen und mittleren Leistungsbereich eher selten zur Anwendung kommt. Demgegenuber erfolgt in Anlagen im mittleren und groBeren Leistungsbereich deutlich ofter eine zusatzliche Abgasbehandlung. Die Inanspruchnahme der Vergutungserhohung fur Emissionsminderung zeigt, dass vorrangig Anlagen im mittleren und hoheren Leistungsbereich diesen Bonus erhalten. Das ist vor allem darauf zuruckzufuhren, dass der Investitionsbedarf fur

einen Oxidationskatalysator oder eine thermische Nachverbrennung fur Anlagen im kleinen und mittleren Leistungsbereich vergleichsweise hoch ist, als dass eine zusatzliche Abgasbehandlung rentabel installiert werden kann (DBFZ 2011).

Laufzeit-Variation

Wahrend bei der ursprunglichen Struktur eine Laufzeit von 16 Jahren vorgeschlagen wurde, ist diese nunmehr um zwei Jahre erhoht worden. Damit ergibt sich das in Abb. 5.15 dargestellte Schaubild:

image153

Abb. 5.15 Variation der Laufzeit bei einem Biogasprojekt

Tab. 5.9 Beurteilung einer

Laufzeitanderung aus

Sicht der Kapitalgeber

Min. DSCR

0 DSCR

IRR

Sponsors Case

1,05

1,99

24,92 %

Einnahmen bei 97 %:

0,97

1,90

22,05 %

Verlangerung um 2 Jahre:

1,13

2,08

26,21 %

Wie 3, Einnahmen bie 95 %:

1,00

1,93

21,53 %

Erkennbar ist, dass der Schuldendienstdeckungsgrad im Sponsors Case durch — gangig niedriger ist als bei einer um zwei Jahre langeren Laufzeit. Wahrend die Belastbarkeit im Sponsors Case bei einem Einnahmenniveau von 98,0 % liegt, verbessert sie sich mit Verlangerung der Laufzeit um 3 Prozentpunkte auf 95,0 %. Zusatzlich geht die Verbesserung der Belastbarkeit mit einer Erhohung der internen Rendite einher und zwar von 24,92 % auf 26,21 %. Bei einer Verkurzung der Lauf­zeit kehren sich die beschriebenen Effekte spiegelbildlich um.

In einem ersten Schritt konnte man damit denken, dass beide Kapitalgeberg — ruppen ein gleichgerichtetes Interesse an einer moglichst langen Laufzeit der Darlehen haben. Doch tatsachlich findet man regelmafiig Laufzeiten bei Biogasvor — haben, die eine Laufzeit von max. 14 Jahren haben.

Der Grund liegt darin, dass nur fur eine okonomische Nutzungsdauer auch eine Finanzierung moglich ist. Die okonomische Nutzungsdauer wird begrenzt durch die technische Nutzungsdauer der Anlagen einerseits und die Laufzeit des Regulierungsumfeldes andererseits. Ublicherweise erwarten die Banken, dass ihre Darlehen fruher zugefuhrt sind als es die maximale Laufzeit der Vergutung nach dem Regulierungssystem vorsieht.

Laufzeit — Erkenntnisse:

1. Je langer die Laufzeit gewahlt wird, umso hoher wird die interne Rendite aus — fallen und umso besser werden die Deckungsrelationen sein.

2. Es gibt regelmafiig Restriktionen der Banken hinsichtlich einer maximalen Laufzeit des Term Loans, die sich wesentlich aus der Laufzeit und Struktur des Regulierungsumfeldes sowie der verwendeten Technik ableiten lassen.

3. Es lasst sich der allgemeine Hinweis ableiten, die Laufzeit des Term Loans so lange zu wahlen, wie es die anderen Beteiligten zulassen.

4. Die fur eine Bank maximale Laufzeit des Term Loans ist noch aus einem anderen Grunde interessant: Aus ihrer Kenntnis und der Kenntnis des geforderten Belast — barkeitsabschlages lasst sich mit dem restlichen Annahmen-Set ableiten, wie die Eigenkapital-/Fremdkapitalausstattung aussehen sollte.

Entstehen der Erweiterungsverpflichtung

Der Anspruch auf Kapazitatserweiterung besteht nicht ohne weiteres, sondern erst dann, wenn der Einspeisewillige dies verlangt und die Erweiterung der Netz — kapazitat dem Betreiber wirtschaftlich nicht unzumutbar ist (§ 9 Abs. 1 und 3 EEG).

Das Verlangen einer Kapazitatserweiterung sollte durch eine ausdruckliche und — aus Beweisgrunden — schriftliche Willenserklarung des Berechtigten erfolgen. Aus einem blofien Netzanschlussbegehren wird ein Netzbetreiber nicht automatisch ein entsprechendes Verlangen entnehmen mussen. Andernfalls wurde der Netzbetreiber automatisch mit jedem Anschlussbegehren faktisch in den Netzausbau getrieben, auch wenn der Einspeisewillige diesen moglicherweise gar nicht begehrt hat.

Der Netzbetreiber kann die Kapazitatserweiterung ablehnen, wenn er beweisen kann, dass die entsprechenden Mafinahmen fur ihn unzumutbar sind (§ 9 Abs. 3 EEG). Die zur Beurteilung anzulegenden Kriterien sind allerdings nicht im Gesetz geregelt, sondern sind durch die Rechtsprechung konkretisiert und vom Gesetz — geber in der Gesetzesbegrundung aufgegriffen worden.[40] Der Ausbau des Netzes soll demnach wirtschaftlich unzumutbar sein, wenn

• die Kosten hierfur 25 % der Kosten der Errichtung der Stromerzeugungsanlage uberschreiten bzw.

• die Vergutung fur die Gesamtstrommenge aus den durch den Ausbau anschliefi — baren Erzeugungsanlagen im Vergutungszeitraum nicht die Kosten des Ausbaus deutlich ubersteigt.

In der Praxis lassen sich diese Beurteilungsrichtlinien durchaus anwenden, wie vereinzelte Rechtsprechung und ein von der Clearingstelle EEG entschiedenes Ver — fahren[41] belegen.

Vergutung fur Strom aus kleinen Gulle-Anlagen (§ 27b EEG)

Einen besonderen Vergutungsanspruch gewahrt daruber hinaus § 27b EEG fur Strom aus Biogas, das durch die anaerobe Vergarung von Biomasse mit einem Gulleanteil von kalenderjahrlich im Durchschnitt mindestens 80 Masseprozent erzeugt wurde.[73]

Die Stromerzeugung muss in diesem Fall jedoch am Standort der Biogas — erzeugungsanlage und in einer Anlage mit einer maximalen installierten elek — trischen Leistung am Standort von hochsten 75 kW erfolgen (§ 27b Abs. 1 EEG). Der Gesetzgeber zielt damit bewusst auf die Forderung kleinerer Hofanlagen ab, die vor Ort anfallende Gulle unmittelbar verwerten. Sogenannte „Satelliten-BHKW“, die an einem anderen Standort als dem Betriebsstandort der Biogaserzeugung errichtet werden und das benotigte Biogas uber eine langere Biogasdirektleitung beziehen, sind daher nicht von dieser besonderen Vergutungsregelung erfasst.[74]

Zusatzlich gegen die Forderung grofierer Anlagen spricht die Begrenzung der installierten elektrischen Leistung „am Standort“ (§ 27b Abs. 1 Nr. 2 EEG). Allerdings steht der Begriff des „Standorts“ nicht zweifelsfrei fest, sondern ist der Interpretation zuganglich. Folgt man dem Willen des Gesetzgebers, der an einem Standort mehrere einzelne Anlagen mit einer installierten elektrischen Leistung von insgesamt mehr als 75 kW verhindern will, um die hohere Forderung nicht ausufem zu lassen[75], wird man den Begriff des Standortes weit und insbesondere uber Grundstucksgrenzen hinausgehend verstehen mussen. Erforderlich erscheint eine Betrachtung, die aus Sicht eines objektiven Diitten nach der funktionalen Zusammengehorigkeit verschiedener Anlagenkomponenten fragt. Selbst unmittel­bar aneinander angrenzende Anlagen wird man daher als „getrennte Standorte“ betrachten mussen, wenn die Anlagen von unterschiedlichen Betreibern vol — lig unabhangig voneinander betrieben werden (insbesondere eigene Rohstoff — beschaffung aus eigenen Stallen). Dass derartige Anlagen gegebenenfalls den gleichen Stromnetzanschluss zur Einspeisung des erzeugten Stroms nutzen, tritt demgegenuber zuruck, weil der Stromnetzanschluss in der Regel keine Aus — oder Ruckwirkungen auf die Grofienbemessung einer Biogasanlage hat.

Auch die Vergutung von Strom von Anlagen zur Vergarung von Gulle erfolgt auf der Grundlage einer speziellen Regelung, die hinsichtlich weiterer Voraussetzungen und Nachweisanforderungen auf die allgemeinere Norm des § 27 EEG verweist (§ 27b Abs. 3 EEG). Es handelt sich um

• die Regelungen zum Einsatz flussiger Biomasse zur Anfahr-, Zund — und Stutzfeuerung nach § 27 Abs. 5 Nr. 3 EEG sowie die diesbezuglichen Nachweis — regelungen in § 27 Abs. 6 Nr. 5 EEG,

• bezuglich der Rechtsfolgen einer nicht nachgewiesenen Einhaltung der Ver — gutungsvoraussetzungen die Regelungen des § 27 Abs. 7 Satz 1 EEG,

• die Pflicht zur Fuhrung eines Einsatzstoff-Tagebuchs einschliefilich der daten — schutzenden Regelung des § 27 Abs. 8 EEG.

Fallstricke bei Verhandlungen mit Grundstuckseigentumern

In unserer Praxis befassen wir uns haufig mit Pachtvertragen, die Projektentwickler selbst entworfen oder vielmehr „angepasst“ haben. Wenn unsere Mandanten um Prufung von selbst erstellten Vertragen auf Rechtswirksamkeit und Bankenfinanzier — barkeit bitten, stellt sich dies haufig als gute Entscheidung heraus. Je fruher die Pro — jektvertrage auf Rechtssicherheit und Bankenfinanzierbarkeit gepruft wurden, desto leichter und kostengunstiger ist eine Vertragsanpassung moglich. Je spater in einem Projekt Fehler entdeckt werden, desto teurer kann es fur den Planer oder Betreiber einer Biogasanlage werden.

Nach unserer Erfahrung bei der rechtlichen Einschatzung von Pachtvertragen zur Vorbereitung der Kauf — oder Verkaufsentscheidung fur Investoren, Kaufer oder Verkaufer eines Biogas-Projektes, also im Rahmen einer so genannten „legal due diligence“, wirken sich wesentliche Mangel des Pachtvertrages regelmafiig auf den Wert des Projektes aus (Kapoor 2010, S. 7).

Vertragswesentlich sind insbesondere die Sicherung der Wirksamkeit des Pacht­vertrages, die Verhinderung einer Vertragsbeendigung durch den Grundstucks — eigentumer vor Ablauf des Vergutungszeitraums fur die Biogasanlage und die Sicherung der Verfugungsbefugnis uber die Biogasanlage als Eigentumer.

Anlagenasthetik

Fur die Wahrnehmung der technischen Anlagen im Landschaftsbild gilt Ahnliches wie fur die Landschaftsasthetik. Oft existieren auch hier Bedenken bezuglich der Erscheinung innerhalb des Dorfbildes. Verbunden hiermit ist die Frage des Stand — ortes, der so ausgelotet werden sollte, dass neben den okonomischen Bedingungen auch die Akzeptanz der Bevolkerung sichergestellt ist. Indem die Menschen von Anfang an am Planungsprozess beteiligt werden und kontinuierlich Transparenz uber den Planungsstand herrscht (vgl. Abschn. „Partizipation“), kann hier die Akzeptanz erhoht werden.

Die Akzeptanz des aufieren Erscheinungsbilds der Biogasanlagen fur die ver­schiedenen energetischen Biomassenutzungskonzepte wird ebenfalls uber einen Fragebogen erhoben und uber eine 5-Punkte-Skala operationalisiert. Je hoher die Akzeptanz — die sich durch eine hohere Punktezahl ausdruckt -, desto besser.