Umweltwirkungen

Die Biogasgewinnung und — nutzung stellt grundsatzlich und gegenuber fossilen Energietragern einen okologisch sehr vorteilhaften Pfad der Energiebereitstellung dar. Hierbei ist festzustellen, dass die Nachhaltigkeit der Biogaserzeugung und — nut — zung vorwiegend von der Wahl der Substrate, der Qualitat (Effizienz und Emis — sionen) der Anlagentechnik und der Effizienz der Nutzung des Energieinhaltes des produzierten Biogases abhangig ist. Beispielsweise werden durch den Gulleeinsatz im Biogasprozess nicht nur verfugbare und anderweitig nicht energetisch nutzbare Substratmengen sinnvoll genutzt; gleichzeitig werden auf diese Weise resultierende Emissionen der konventionellen Gullelagerung vermieden. Treibhausgasemissionen von etwa 500 g CO2-Aquvalent/kWh Strom werden bei der Biogasgewinnung aus Gulle gegenuber einer reinen Gullelagerung vermieden (Jungmeier et al. 1999, S. 150, 320, Appendices). Rechnet man zu diesem Wert noch die Treibhausgasemis­sionen des deutschen Strommix hinzu, werden insgesamt Emissionen von 1.100 g CO2-Aquivalent/kWh Strom eingespart. Wahrend bei Okobilanzierungen Abfallen keine Umwelteffekte der Produktion zugerechnet werden, da diese meist allein

Tab. 4.16 Vergarungsverfahren fur die Behandlung fester organischer Siedlungsabfalle

Systemname

Anlagen-

anzahl[234]

Kapazitat[235]

[Mg/a]

Anzahl der

Stufen

T rockenmassege — halt

Prozesstem-

peratur

1

2

< 20 % > 20 %

35 °C

55 °C

AAT

8

3.000­

55.000

x

x

x

ArrowBio

4

90.000­

180.000

X

x

x

BTA

23

1.000­

150.000

x

X

x

x

x

Biocel

1

35.000

x

x

x

Biopercolat

1

100.000

X

x

x

Biostab

13

10.000­

90.000

x

x

x

DBA-Wabio

4

6.000­

60.000

x

x

x

DRANCO

17

3.000­

120.000

x

x

x

Entec

2

40.000­

150.000

x

x

x

Haase

4

50.000­

200.00

X

x

x

x

Kompogas

38

1.000­

110.000

x

x

x

Linde-

8

15.000-

x

X

xx

x

x

KCA/

BRV

150.000

Preseco

2

24.000­

30.000

Schwarting-

Uhde

3

25.000­

87.600

X

x

x

Valorga

22

10.000­

270.000

x

x

x

x

Waasa

10+

3.000­

230.000

x

x

x

x

dem Produkt zugeordnet werden, muss bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen, die nachwachsende Rohstoffe (NawaRo) einsetzen, auch der Substratanbau beachtet werden. Bei der Nutzung von Energiepflanzen muss fur deren Anbau 100 bis 200 g CO2-Aquvalent/kWh Strom berucksichtigt werden (Plochl und Heiermann 2002).

Betriebe, die Biogasanlagen (n = 542) betreiben, produzieren durchschnitt — lich auf 30 % ihrer Flachen NawaRo fur die Biogaserzeugung. Tendenziell nimmt mit steigender Betriebsgrofie der Flachenanteil fur die Biogasproduktion ab. Auf den Flachen (n = 334) fur die Biogasgewinnung werden zu 54 % Silomais, 22 % Anwelksilage, 14 % Kornergetreide, 5 % GPS und 5 % Sonstiges angebaut (DBFZ 2011). Das bedeutet, dass der Mais dank seiner hohen masse — und energiebezogenen Flacheneffizienz vergleichsweise wenig Flache beansprucht. NawaRo werden im Durchschnitt uber eine Strecke von 5,4 km und Garreste uber 4,2 km trans — portiert (n = 34) (FNR 2009). Transportfahige und -wurdige NawaRo wie Getreide — korn werden auch uber grofiere Entfernungen befordert, wahrend NawaRo oder Wirtschaftsdunger (aufier Geflugeltrockenkot) sowie Garreste mit geringem Tro — ckensubstanzgehalt und entsprechend hohem Wassergehalt nur kurz transportiert werden.

Durch Befragung wurde auch der Betriebsmitteleinsatz in landwirtschaftlichen Betrieben vor und nach dem Bau einer Biogasanlage erhoben. Danach werden Insektizide und Fungizide entweder auf gleichem Niveau wie vor dem Anlagenbau oder haufig sogar weniger eingesetzt (FNR 2009). Bei Dungemitteln (Stickstoff, Phosphat, Kalium) war, abgesehen von wenigen Ausnahmen, der Einsatz haufig gleichbleibend oder niedriger nach dem Bau einer Biogasanlage. Der Stickstoff — dungereinsatz wurde von 70 % der Befragten als „weniger“ oder „deutlich weniger“ charakterisiert. Allein beim Treibstoffeinsatz waren deutliche Zuwachse zu ver — zeichnen (FNR 2009).

Hinsichtlich der Anlagentechnik sollte grofier Wert auf die Vermeidung von Emissionen (in Luft, Wasser und Boden) sowie die Erreichung einer hohen Effizienz — d. h. eines hohen Ausgarungsgrades der Biomasse — und eine moglichst unterbrechungsfreie Nutzung des produzierten Gases gelegt werden. Dies ist einerseits durch bauliche Vorkehrungen, andererseits durch eine auf die Anlagen — technik abgestimmte Betriebsweise der Biogasanlage moglich. Wie Emissionen an Biogasanlagen in der Landwirtschaft gemindert werden konnen, beschreibt umfassend die VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4 in ihrer aktuellen Fassung vom August 2010. Die letzte Fassung der VDI-Richtlinie 3475 Blatt 2 zur Emissionsminderung an biologischen Abfallanlagen ist vom Dezember 2005. An emissionsrelevanten Bereichen werden unterschieden: Substratlagerung, Substratzufuhr in das System, Emissionen wahrend der Vergarung sowie bei Betriebsstorungen, Garrestlagerung und Gaslagerung/-nutzung (VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4). Je nach Anlagenbereich konnen unterschiedliche Emissionen wie Geruche, Methan, Ammoniak, Schwefel — wasserstoff, Lachgas, Bioaerosole, Verbrennungsabgase (Staub, Rufi, Stickoxide, Schwefeloxide, Kohlenmonoxid, Formaldehyd) bzw. Larm auftreten (VDI-Richt­linie 3475 Blatt 4).

Bisher wurden noch verhaltnismafiig wenige Emissionsmessungen an Praxis — biogasanlagen durchgefuhrt bzw. veroffentlicht, da Emissionen messtechnisch schwierig zu erfassen sind bzw. die Methodik zur qualitativen und quantitativen Erfassung noch nicht etabliert ist. Auch wenn nur uber einige Stunden oder Tage Messwerte erhoben und darauf aufbauend Jahreswerte berechnet werden, ist der zeitliche und materielle Aufwand nicht unerheblich. Bei Messungen an 10 Biogasanlagen wurden als wesentliche Emissionsquellen offene oder nicht gas — dicht abgedeckte Garrestlager und die Gasverwertung (BHKW, Gasaufbereitung) identifiziert (Liebetrau et al. 2011). Berucksichtigt man, dass in Deutschland nur 37 % aller Biogasanlagen und nur 55 % aller Neuanlagen (nach EEG 2009) uber gasdicht geschlossene Garrestlager verfugen (s. Abschn. 4.5.1), wird das Emis — sionsminderungspotenzial sehr deutlich. Allerdings ist das Restgas — und damit Emissionspotenzial fur Methan, in Abhangigkeit von der Substratzusammenset — zung, der Substratvorbehandlung und der hydraulischen Verweilzeit im Fermenter, anlagenspezifisch unterschiedlich. So ist die Vorgabe (nach VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4 bzw. fur den Erhalt des NawaRo-Bonus 2009), Garrestlagerbehalter von NawaRo-BGAs grundsatzlich gasdicht auszufuhren, zumeist zielfuhrend fur eine Emissionsminderung; hydraulische Mindestverweilzeiten in allen gasdichten Behaltern einer BGA von insgesamt 110 bzw. 150 Tagen tragen dagegen nicht notwendigerweise zur Emissionsminderung bei und stehen ggf. Innovationen bei der Substrataufbereitung und damit einem beschleunigten Substratumsatz aus wirtschaftlicher Sicht entgegen. Grundsatzlich sind routinemaBige Leckageunter — suchungen bei Neu — und Altanlagen im Sinne der Anlageneffizienz, des Explosions — und Emissionsschutzes angeraten.

Als weitere relevante Emissionsquelle von Methan wird die Gasverwertung angefuhrt. Messungen an 11 BHKW haben mittlere Werte zwischen 0,44 und 2,43 % des auf der Anlage verwerteten Methans als,,MethanschIupf“ identifiziert (Liebetrau et al. 2011). Der Durchschnittswert uber alle BHKWs lag bei 1,25 % (Liebetrau et al. 2011). In der Praxis kommt damit der Wartung und Parameter- einstellung von Gasverwertungsanlagen eine hohe Bedeutung zu. Allerdings kann je nach Optimierungszielsetzung die Motoreinstellung ein unterschiedliches Emis — sionsmuster zeigen. Eine Optimierung des BHKW zugunsten eines hohen elek- trischen Wirkungsgrads verursacht mehr Stickoxide und Kohlenmonoxid, aber weniger unverbrannte Kohlenwasserstoffe (unter anderem Methan) als ein BHKW, das auf moglichst geringe Stickoxidemissionen eingestellt wird und dadurch nur einen geringeren elektrischen Wirkungsgrad erzielt (Aschmann et al. 2011).

Bei Wartungen und Storungen des BHKW empfiehlt sich eine alternative Bio — gasverwertung oder mindestens eine Verbrennung des Methans, so dass nur das wesentlich weniger klimawirksame Kohlendioxid emittiert wird. Die Verfugbar — keit der dafur eingesetzten Gasfackeln liegt bei Neuanlagen (Inbetriebnahme 2010, 2011) mit 72 % deutlich hoher als im Anlagendurchschnitt mit 49 % (DBFZ 2011).

Mit dem EEG 2009 wurde ein Bonus fur die Installation von BHKW-Abgas — Nachbehandlungssystemen eingefuhrt, der die Reduktion von Formaldehyd im Abgas zum Ziel hatte. Eine Differenzierung bei der Befragung hinsichtlich der daraufhin eingesetzten Abgasbehandlung nach installierter elektrischer Anlagenleis — tung der Biogasanlagen zeigt, dass diese im kleinen und mittleren Leistungsbereich eher selten zur Anwendung kommt. Demgegenuber erfolgt in Anlagen im mittleren und groBeren Leistungsbereich deutlich ofter eine zusatzliche Abgasbehandlung. Die Inanspruchnahme der Vergutungserhohung fur Emissionsminderung zeigt, dass vorrangig Anlagen im mittleren und hoheren Leistungsbereich diesen Bonus erhalten. Das ist vor allem darauf zuruckzufuhren, dass der Investitionsbedarf fur

einen Oxidationskatalysator oder eine thermische Nachverbrennung fur Anlagen im kleinen und mittleren Leistungsbereich vergleichsweise hoch ist, als dass eine zusatzliche Abgasbehandlung rentabel installiert werden kann (DBFZ 2011).