Category Archives: Vereinfachtes Verfahren

Abgrenzung und Erscheinungsformen

Begrifflich wird haufig zwischen Bauunternehmer-, Generalunternehmer — und dem sog. Anlagenvertrag[104] differenziert. Obgleich naturlich Unterschiede hinsichtlich des Grades der baulichen Fertigstellung bestehen, handelt es sich letztlich um den Versuch, eine Vielzahl moglicher Gestaltungsformen begrifflich zu erfassen, ohne dadurch einen praktischen Mehrwert zu erreichen. Nachfolgend soll deshalb auf eine dahingehende Differenzierung verzichtet werden.

Viel wichtiger erscheint dagegen eine Abgrenzung anhand der inhaltlichen Aus — gestaltung eines Generalunternehmervertrages. Auch eine solche Kategorisierung ist naturlich aufierst schematisch. Dennoch ist es fur das Verstandnis der nach — folgenden Ausfuhrungen in diesem Abschnitt sinnvoll, folgende Grundtypen als Ausgangspunkt voranzustellen:

• Eine total-funktionale Leistungsbeschreibung (auch: Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm)[105] ist eine Ausgestaltungsform, bei der Planen und Bauen im Hochstmafi in eine Hand gelegt wird. Hierbei erstellt der Auftragnehmer nicht nur die Ausfuhrungsplanung und Bauausfuhrung, sondern bereits auch die Entwurfsplanung. Dies hat fur den Auftraggeber den haftungsrechtlichen Vor — teil, dass der Auftragnehmer auch fur Fehler in der Planung einzustehen hat (so auch Vygen und Joussen 2004, Rn. 835). Andererseits fuhrt die Auftragsvergabe auf Grundlage einer total-funktionalen Leistungsbeschreibung dazu, dass dem Auftraggeber der Gestaltungsspielraum fur das Projekt weitestgehend entzogen ist. Nicht zuletzt deshalb ist diese Ausgestaltungsform in der Praxis selten und scheint sich allenfalls dann anzubieten, wenn entweder die Realisierung eines Standardobjekts angestrebt wird oder aber ein besonderes Interesse besteht, vom besonderen Know-how des Auftragnehmers moglichst fruhzeitig und voll — umfanglich zu profitieren (vgl. insgesamt Kapellmann 2004, Rn. 17).

• Eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis stellt den Gegensatz zur total-funktionalen Leistungsbeschreibung dar. Hierbei handelt es um die tradierte Form der Einheitspreisvertragsausschreibung[106], bei der sich die Rolle des Auftragnehmers darauf beschrankt, das seitens des Auftraggebers vollstandig geplante Bauwerk zu errichten (Vygen und Joussen 2004, Rn. 833).

• Eine Vergabe auf Grundlage einer teil-funktionalen Leistungsbeschreibung zeichnet sich dagegen dadurch aus, dass der Auftraggeber selbst den Entwurf ein — bringt und ggf. sogar die notwendigen (offentlich-rechtlichen) Genehmigungen einholt, wahrend sich der Auftragnehmer um die Ausfuhrungsplanung und die sich anschliefiende Verwirklichung im Wege des Bauprozesses kummert. Auf diese Art und Weise wird in der Praxis die grofie Mehrzahl der Auftrage erteilt (vgl. Kapellmann und Messerschmidt 2010, Rn. 91 m. w. N.).

Fallstricke bei der Vereinbarung mit Generalunternehmern

3.3.6.1 Unsichere Bindung der Parteien

Aufschiebende und auflosende Vertragsbedingungen sollten vermieden werden. Sie haben sich in der Vertragsabwicklung nicht bewahrt. Wird ein Vertrag unterzeichnet, der aufschiebend von einer Bedingung abhangig ist, so ist der Vertrag bis zum Ein- tritt der Bedingung nicht geschlossen. Typische Vertragsbedingungen sind bei- spielsweise die Vereinbarung bestimmter weiterer Projektschritte als Bedingung fur das Bestehen des Vertrages. Werden die Bedingungen, wie beispielsweise der Erhalt einer Finanzierungszusage oder der Erteilung einer Genehmigung, nicht oder verspatet erfullt, wurde von den Parteien kein Vertrag geschlossen. Nach Vertrags — unterzeichnung verschwindet der Vertrag in der Schublade. Keine Partei pruft, ob die Bedingungen des Vertrages auch rechtzeitig eingetreten sind oder sorgt fur die Dokumentation der Erfullung der Bedingungen. Wickeln die Parteien den Vertrag dennoch ab, ohne schriftlich eine heilende Vereinbarung abzuschlieBen, entstehen Rechtsunsicherheiten und damit Risiken bei der Festlegung des Vertragsinhaltes, der Realisierung und im Zweifel der gerichtlichen Durchsetzung.

Auch im Generalunternehmervertrag finden sich neben den gesetzlichen Rechten auf vorzeitige Vertragsbeendigung aus wichtigem Grund weitere Moglichkeiten der Vertragsbeendigung. Dies ist weder fur den Generalunternehmer gunstig, der seine Dispositionen bereits getroffen hat, noch ist es fur den Auftraggeber gunstig, der eventuell sein Vorhaben mit weiteren Unternehmern fertig stellen muss.

Die Kundigungsregeln sollten deshalb rechtlich ausgewogen gestaltet werden. Eine Orientierung an den gesetzlichen Eskalationsschritten, Anzeige von Mangeln

und hinsichtlich der Fristsetzungen zur Mangelbehebung sind sinnvoll. Wir emp — fehlen dringend, eine Regelung zur aufierordentlichen Kundigung aufzunehmen, die den Interessen beider Parteien an der Durchfuhrung des Vertrages Rechnung tragt.

Gewichtungsprozess

Abbildung 3.5 zeigt den generellen Ablauf einer multikriteriellen Entscheidungs- unterstutzung. Nachdem die Zielsetzung, die Auswahl eines fur ein Dorf oder eine Region am besten geeigneten, nachhaltigen Biogas-Vorhabens, formuliert wurde, sind grundsatzlich durchfuhrbare technische Losungen als Alternativen aus — zuwahlen, wie etwa eine Biogaseinzelanlage, Bioenergiedorfkonzept und Biogas — grofianlage. Die Auswahl der heranzuziehenden Bewertungskriterien fur die vor — liegende Fragestellung wurde in diesem Kapitel ausfuhrlich beschrieben. Wahrend techno-okonomische und okologische Kriterienauspragungen berechnet oder gemessen werden konnen, werden die Auspragungen der sozialen Kriterien meistens durch Fragebogen anhand von Punkte-Skalen ermittelt. Um die gesammelten Daten zu allen untersuchten Alternativen zusammenzufuhren, ist eine Gewichtung der Kriterien notwendig, um ihre Bedeutsamkeit im Hinblick auf die ubergeordnete Zielsetzung der Entscheidung zu differenzieren.

Hierzu existieren verschiedene Methoden. Im vorliegenden Fall wurde auf die sog. SWING-Methode zuruckgegriffen (vgl. Eisenfuhr 2003). Dazu wurden sieben Experten (in diesem Fall: Sozialwissenschaftler und Psychologen) gebeten,

Kriterium

Bioenergie-

dorf

Biogas-

groBanlage

Biogas-

einzelanlage

Gewicht

(Prozent)

Akzeptanz: Landschaftsbild Anbau — konzepte (Werte: 1 bis 5: => MAX)

3,85

2,85

3,10

6,1 %

Akzeptanz: Landschaftsbild Prod. anlagen (Werte: 1 bis 5: => MAX)

3,32

2,70

2,60

4,9 %

Akzeptanz: wahrgenommener Geruch (Werte: 1 bis 5 => MIN)

1,42

1,21

2,00

6,0 %

Akzeptanz: wahrgenommener Betrieb — slarm (Werte: 1 bis 5: => MIN)

1,3

1,66

2,13

7,2 %

Akzeptanz: Verkehrsbelastigung (Werte: 5 bis 1: => MIN)

1,65

2,57

2,67

7,2 %

Partizipation: Planung (Werte: 0 bis 7:=> MAX)

5,00

2,00

1,00

8,2 %

Partizipation: Informiertheit (Werte: 0 bis 7: => MAX)

6,00

3,00

1,00

6,4 %

Partizipation: Finanzierung (Werte: 0 bis 7: => MAX)

7,00

0,00

0,00

8,1 %

Psych. Auswirkungen: Gefuhl der Unab — hangigkeit von grofien EVU (Werte: 1 bis 5: => MAX)

3,05

1,72

3,07

4,7 %

Psych. Auswirkungen: Gefuhl der Unab — hangigkeit von endlichen Rohstoffen (Werte: 1 bis 5: => MAX)

2,91

2,00

2,97

5,6 %

Psych. Auswirkungen: Wir-Gefuhl (Werte: 1 bis 5 => MAX)

3,03

1,17

2,17

6,3 %

Psych. Auswirkungen: Selbstwirksam-

keitsuberzeugung

(Werte: 1 bis 5: => MAX)

3,05

1,34

2,60

7,2 %

Psych. Auswirkungen: Stolz, Spafi, Sin — nerleben (Werte: 0 bis 2: => MAX)

2,00

0,00

1,00

7,4 %

Psych. Auswirkungen: Positives Image Ort (Wert: => MAX)

3,26

3,26

2,83

4,2 %

Arbeitsplatze: netto

(Wert: Absolutzahl: => MAX)

1,92

2,00

0,50

4,5 %

Arbeitsplatze: Teilzeitmoglichkeit (Wert: Absolutzahl: => MAX)

1,28

0,12

0,00

5,9 %

Summe der Gewichte

100 %

die Wichtigkeit der einzelnen Kriterien uber Vergabe der Zahlen 0 (niedrige Bedeutung) bis 100 (hohe Bedeutung) auf den verschiedenen Ebenen der Kriterien — hierarchie einzuschatzen. Die Einschatzung wurde dabei zunachst auf ubergeord — neten Ebenen, spater auf der untersten, der sog. „Attribut-Ebene“, vorgenommen. Die Gewichtungen wurden zunachst individuell schriftlich vorgenommen, anschliefiend der kleinen Gruppe vorgestellt und diskutiert, abschliefiend gab es fur jeden individuell die Moglichkeit, seine Einschatzung noch einmal zu revidieren.

Aus den individuellen Gewichtungen wurde pro Kriterium ein Gruppenmittelwert gebildet, der in Tab. 3.6 zu sehen ist.

Gasnutzung

Das methanhaltige Biogas kann direkt vor Ort in einem Blockheizkraftwerk (BHKW) in Strom und Warme umgewandelt werden (unter anderem Kaltschmitt et al. 2009; Urban et al. 2009). Alternativ dazu ist eine Einspeisung in lokale Bio- gasnetze moglich, mit denen dann umliegende Nachfrager versorgt werde konnen; aber auch bei solchen Konzepten wird das Biogas i. Allg. in einem BHKW zur gekoppelten Strom — und Warmeerzeugung genutzt. Zusatzlich dazu ist — nach einer entsprechenden Aufbereitung auf Erdgasqualitat und einer Gasnetzeinspeisung — auch eine beliebige Verteilung des Biomethans uber das Erdgasnetz moglich. Dann kann das Biomethan im ausschliefilichen Warmemarkt (z. B. Gasbrennwerttherme) oder in KWK eingesetzt werden; letztere Option ist primar wieder das bereits dis — kutierte BHKW, das dann aber so installiert werden kann, dass eine sehr weitgehende Nutzung der in Koppelproduktion anfallenden Warme moglich ist. Alternativ dazu kann das Biomethan auch stofflich (z. B. in der chemischen Industrie) oder als Bio — kraftstoff in CNG-Fahrzeugen eingesetzt werden. Nachfolgend wird, da dies die wesentliche und mit Abstand am meisten eingesetzte Komponente der Gasnutzung darstellt, das BHKW kurz dargestellt.

In Blockheizkraftwerken (BHKW) wird das Biogas bzw. das Biomethan in Kraft-Warme-Kopplung (KWK) bei sehr hohen Wirkungs — bzw. Nutzungsgraden in Strom und Warme umgewandelt. Insgesamt konnen drei Prinzipien unterschieden werden, nach denen sich BHKW’s betreiben lassen: motorische BHKW’s, BHKW’s mit Gasturbine und BHKW’s mit Brennstoffzellen.

Die haufigste und bisher einzige kommerzielle Anwendung ist der Einsatz von Biogas in motorischen BHKW’s. Dabei handelt es sich um „klassische“ Ver — brennungsmotoren (d. h. Gasmotoren), die mit Biogas bzw. Biomethan betrieben werden und einen Generator zur Strombereitstellung antreiben. Zusatzlich werden sowohl die Abgaswarme als auch die Abwarme des Motors genutzt.

Besonderheiten der Abfallwirtschaft

Einleitung

Die Vergarung von organischen Abfallen spielt, verglichen mit der Anzahl und der Kapazitat von Biogasanlagen, die nachwachsende Rohstoffe und oder tierische Exkremente einsetzen, bisher nur eine untergeordnete Rolle in Deutschland. [233]

Organischer Abfall/Bioabfall stellt aber eine wichtige Ressource dar, die nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittel — und Futterproduktion steht (BMU 2009). Durch die Nutzung des geschatzten Biogaspotenzials der organischen Abfalle konnte in Deutschland ca. 1 % des Endenergiebedarfs gedeckt werden (Ramesohl et al. 2006).

Bis zum Jahr 2005 wurden organische Abfalle, die nicht schon uber Biotonnen gesammelt wurden, in Deutschland zusammen mit dem Restabfall in gesicherten Deponien abgelagert. Das Ablagerungsverbot fur unvorbehandelte Abfalle aus dem Jahr 1993 gab der Abfallwirtschaft einen deutlichen Impuls, sich gezielter mit der im Siedlungsabfall enthaltenen Organik zu beschaftigen. Daraus haben sich ver — schiedene Herangehensweisen entwickelt, die bis heute Bestand haben.

Zur Behandlung des Restabfalls haben sich Mullverbrennungsanlagen (MVA) und mechanisch-biologische Behandlungsanlagen (MBA) nebeneinander etabliert. So werden betrachtliche Mengen biologisch abbaubarer Abfalle als organischer Bestandteil des Restabfalls in den MVA mit verbrannt bzw. in MBA biologisch (anaerob/aerob) behandelt. Erst seit dem Jahr 2008 wird die organische Fraktion des Restabfalls in einer steigenden Zahl von MBA in einer zusatzlichen Vergarungs — stufe behandelt, um Biogas zu gewinnen. MBA, die die anaerobe Behandlung des Restabfalls vorsehen, gibt es schon seit 2005.

Die getrennte Sammlung und Behandlung von organischen Abfallen entstand in den 80er Jahren zum Zweck, den Anteil an Organik im Restabfall und damit die bis dahin stetig wachsende Restabfallmenge zu reduzieren und stattdessen einen wert — vollen organischen Dunger zu produzieren. In der DDR wurden Kuchenabfalle zu Futterungszwecken flachendeckend erfasst.

Auch heute noch werden getrennt gesammelte Bioabfalle fast ausschliefilich kompostiert. 90 % werden aerob und nur 10 % anaerob behandelt, dieses Verhaltnis soll sich deutlich zu Gunsten der Vergarung andern. Das Potential vergarbarer Bio­abfalle betragt ca. 4,1 Mio. Mg (Knappe et al. 2007).

Verfahren der Risikoquantifizierung: Cashflow-Modell und Rating-Verfahren

5.2.4.1 Dynamische Ziele einer Risikoquantifizierung

Ziel einer Risikoquantifizierung ist, die Wahrscheinlichkeit und den quantitativen Umfang moglicher negativer Abweichungen des Projektes im zeitlichen Ablauf zu ermitteln. Die hierzu in der Praxis entwickelten Methoden haben dabei die betriebswirtschaftlichen Tendenzen nachvollzogen und entwickelten sich von den statischen Methoden zu dynamischen Verfahren, die nunmehr die einzelnen Risiken im zeitlichen Ablauf berucksichtigen. Zum Teil sieht man allerdings auch heute noch Kalkulationsbeispiele, die darauf abzielen, eine Betrachtung fur ledig- lich ein Jahr anzustellen oder aber eine GewinngroBe zu ermitteln. Von beiden

Herangehensweisen muss dringend abgeraten werden: Zum einen sollte klar sein, dass eine statische Betrachtung kunftige Veranderungen von Einzahlungen und Auszahlungen nicht abbilden und damit zu einer gravierenden Fehleinschatzung der Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens fuhren kann. Zum anderen sind es lediglich die zahlungswirksamen Grofien, die fur die Begleichung der operativen Kosten und des Kapitaldienstes herangezogen werden konnen, nicht aber eine aus der Gewinn — und Verlustrechnung stammende Grofie, die fur Rechnungslegungszwecke entwickelt wurde. Es sollte daher Standard sein, auf dynamische Verfahren zu setzen und nur Nach-Steuer-Cashflows zu betrachten (Abb. 5.13).

Aus Sicht des Investors werden regelmafiig die Ein — und Auszahlungen, die er leisten muss bzw. erhalt, auf den Zeitpunkt der Investitionsentscheidung mit einem geeigneten Kalkulationszinssatz abgezinst. Ergibt sich ein positiver Kapitalwert, erscheint das Vorhaben vorteilhaft. Alternativ — wenn auch mit gewissen theo — retischen Nachteilen — kann der interne Zinssatz den Investor daruber informieren, ob eine bestimmte Mindestverzinsung seines Eigenkapitals erreicht oder uber — schritten wird. In der Praxis wird hierfur meist der interne Zinssatz (Internal Rate of Return) herangezogen. Bei dieser Methode wird der Zinssatz berechnet, bei dem die Barwerte der Einzahlungen und Auszahlungen des Investitionsvorhabens gleich grofi sind. Daraus ergibt sich folgende Formel, wobei die Zielgrofie der interne Zinssatz r ist: n

2 (Et — At) • (1 + r)-t = 0 t = 0

Et: Einzahlungen in Periode t At: Auszahlungen in Periode t t: Periode

n: Nutzungsdauer des Investitionsobjektes r: interner Zinssatz

Auf diese Weise erhalt man die Effektivverzinsung eines Investitionsvorhabens. Die Investition wird unter der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes dann durchgefuhrt, wenn der interne Zins uber dem Kapitalmarktzins liegt. Fur die Berechnung wird aufierdem die Annahme getroffen, dass etwaige Zahlungsdefizite oder Zahlungsuberschusse zum jeweiligen internen Zinssatz verzinst werden. Allerdings sind die so abgeleiteten Kennzahlen nicht geeignet, die Dimensionierung und Struktur der Fremdmittel zu bestimmen. Hier kommt die Sichtweise der Fremd — kapitalgeber ins Spiel. Aus Sicht der Fremdkapitalgeber interessiert primar die Frage, wie sicher es ist, dass Zinsen und Tilgung aus dem Cashflow des Projektes erbracht werden konnen — je hoher hier die Uberdeckung ist, um so robuster sollte das Projekt auf Plananderungen reagieren. Die interne Rendite und die Belastbar- keit eines Projektes stehen im folgenden Verhaltnis zueinander: Solange das Projekt einen positiven Leverage-Effekt aufweist, sollte einem Vorhaben mehr Fremdkapital zugefuhrt werden, damit die interne Rendite maximiert werden kann. Damit stehen beide Ziele im Regelfall in einem Trade-Off zueinander: Die Fremdkapitalgeber bevorzugen Projekte mit einem hohen Eigenmittelanteil, der ihr Risiko reduziert, aber andererseits die interne Rendite des Vorhabens verringert. Im Regelfall stehen

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Abb. 5.13 Gegenuberstellung Interner Zinssatz/Debt Service Cover Ratio

Eigenkapitalgeber und Fremdkapitalgeber in einem Wettbewerb um die freien Cashflows des Projektes. Eine Ausnahme bilden Regelungen ab, die die Situation eines Dritten betreffen, also etwa die Ausgestaltung von Wartungs- oder Betriebs — fuhrungsvertragen.

Im Folgenden betrachten wir das Cashflow-Modell unter dem Blickwinkel der Ausgestaltung einer Finanzierungsstruktur und damit in einem fortgeschrittenen Stadium aus Sicht der Fremdkapitalgeber.

Hauptproblem der im Folgenden darzustellenden Verfahren ist die Prognose der zukunftigen Periodenerfolge, die sich — in den Planungen der Projektbeteiligten — haufig als eine einmalige Analyse der wahrscheinlichen Entwicklung des Pro­jektes darstellt. Dabei weisen diese Verfahren zwei Mangel auf: Zum einen wird die Wechselwirkung des Projekterfolgs mit den Interessen der verschiedenen Projektbeteiligten meist nicht thematisiert. Wir haben diesen Aspekt in Kap. 2 skizziert. Zum anderen werden Handlungsmoglichkeiten der Projektbeteiligten — vor allem der Projektgesellschaft — auf Veranderungen der Umwelt, die auf das Projekt einwirken, nicht abgebildet, so dass die eher statische und gerichtete Sicht der traditionellen Bewertungsverfahren erganzt werden muss. Gleichwohl sind die Kennzahlenermittlung und die Projektsteuerung uber Kennzahlen die zentralen Ele — mente jeder Risikoquantifizierung.

Der primare Finanzierungsgedanke einer Projektfinanzierung beinhaltet, dass der generierte Cashflow ausreichen soll, um einerseits den Schuldendienst zu decken und andererseits eine angemessene Absicherung gegen den Eintritt moglicher Risiken zu bieten. Zur Umsetzung dieser Zielvorgabe werden die erwarteten Pro — jekterlose ermittelt und anschliefiend in Bezug zum ausstehenden Schuldendienst oder Kreditbetrag gesetzt.

Bei diesem Modell werden die Cashflows des Projekts unter Annahme der Plan — daten periodenweise simuliert und es wird dann gepruft, inwiefern das Projekt in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Die ermittelte Uber — oder Unterdeckung kann mit Hilfe des Debt Service Cover Ratio (DSCR, Schuldendienstdeckungsgrad) aggregiert dargestellt werden. Der DSCR beschreibt dabei, inwieweit der Cashflow zur Deckung des Schulden — dienstes ausreicht. Da es ublich ist, zur Erhohung der Belastbarkeit des Projekts eine Schuldendienstsreserve (SDR) vorzuhalten, wird der DSCR im weiteren Ver — lauf der Arbeit wie folgt definiert:

Cashflow der Periode + Schuldendienstreserve

DSCR =

Schuldendienst der Periode

Die so fur die einzelnen Perioden ermittelten DSCR konnen in einem Graphen, der die gesamte Kreditlaufzeit abbildet, dargestellt werden, wodurch die fur das Projekt kritischen Phasen leicht zu identifizieren sind.

Bei einem DSCR > 1,0 ist der Schuldendienst der Periode durch die Cashflows gedeckt. Um eine Absicherung gegen Schwankungen des Cashflows vorzunehmen, besteht von Seiten des finanzierenden Kreditinstituts im Allgemeinen der Anspruch, dass das Projekt in der Lage sein muss, auch in einem Worst-Case-Fall einen DSCR > 1,0 zu generieren. Die Anforderung an die als notwendig angesehene Uberdeckung hangt von dem Umfang der Risikouberwalzung ab, so dass eine bank — seitige Forderung nach einem Mindestdeckungsverhaltnis durch die projektspezi — fische Risikostruktur mit beeinflusst wird. Je ausgepragter die Risikoubernahme unter Berucksichtigung der Risikotragfahigkeit des betreffenden Risikotragers ist, umso geringer kann die Uberdeckung ausfallen.

Der Schuldendeckungsgrad fordert lediglich eine pauschale Uberdeckung fur den Risikofall. Demnach gibt der DSCR noch keine Auskunft uber die Entwick — lung des Cashflows unter Risikoeinfluss. Inwieweit eine im DSCR enthaltene Sicherheitsmarge im Falle einer Risikorealisation ausreichend bemessen ist, wird zunachst noch nicht ersichtlich. Erst unter Anwendung von dynamischen Analyse — methoden wird der DSCR zu einer Bewertungs — und Steuerungsgrofie. Der Ein — satz des Cashflow-Modells und die Betrachtung des DSCR als zentrale Kenngrofie unterstutzt auch die in dieser Arbeit eingenommene Sichtweise, da die aus Sicht der Kredit gebenden Bank elementare Fahigkeit des Projektes zur Leistung von Zins und Tilgung abgebildet wird (s. Abb. 5.14).

Neben der Bewertung der Ausgangssituation mit Plandaten kann mit dem Cashflow-Modell auch der Einfluss einzelner Risiken auf das Projekt bewertet werden. Mit Hilfe der Sensitivitatsanalyse wird dabei durch eine Simulation der verschiedenen Input-Daten gepruft, inwiefern entstehende Veranderungen im Cashflow die Tragfahigkeit des Projektes beeinflussen. Ziel ist es, die Reaktions — empfindlichkeit des Projektes auf veranderte Umweltbedingungen aufzuzeigen. Auf diese Weise wird ersichtlich, welche Bedeutung jeweils der Absicherung eines Risikos zukommt.

Da sich die Einzelrisiken und die spezifischen Risikoinstrumente im zeitlichen Ablauf des Projektes wandeln konnen, treten neben die eher statische Betrachtung des Schuldendienstdeckungsgrades den zeitlichen Ablauf starker betonende dynamische Methoden in den Vordergrund, namlich die Sensitivitatsanalyse, die Szenariotechnik, die simulative Risikoanalyse und neuerdings die Methode der Real — oder Handlungsoptionen.

Ziel der Sensitivitatsanalyse ist die Darstellung der Auswirkungen von Varia — tionen des Wertes einzelner oder mehrerer Parameter auf das Entscheidungskriterium

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Abb. 5.14 Grundlegendes Cashflow-Modell mit Base — und Worst-Case. (Nevitt und Fabozzi 2000, S. 12)

(z. B. Cashflow oder DSCR), um so zusatzliche Informationen uber den Risiko — gehalt des Projektes zu gewinnen. Die Sensitivitatsanalyse kann dabei grund — satzlich in zweierlei Weise vorgenommen werden: Zum einen vom gewahlten Beur — teilungskriterium zum variablen Risikoparameter (Fragestellung: um wie viel darf der Risikoparameter schwanken, ohne den Zielwert beim gewahlten Kriterium zu beintrachtigen? — Methode der kritischen Werte), zum anderen vom Risikopara­meter zum Beurteilungskriterium (Fragestellung: Wie schwankt die Messzahl des Beurteilungskriteriums, wenn der Risikoparameter verandert wird — Alternativen — rechnung). Vorteilhaft ist dabei die Ermittlung, welche Anderungen des Daten — kranzes sich besonders sensibel auf den Cashflow auswirken.

Nachteilig bei der Sensitivitatsanalyse ist der Umstand, dass sich in der Realitat nur selten einzelne Parameter c. p. verandern, sondern Interdependenzen zwischen den Cashflow-Determinanten eher die Regel sind. Weiter ist mit der Sensitivitats­analyse noch nichts fur die Frage der Eintrittswahrscheinlichkeit der verschiedenen Parametereinsatze gewonnen. Das Verfahren macht jedoch deutlich, auf welche Anderungen das Projekt — gemessen am Beurteilungskriterium — am sensibelsten reagiert und weist so darauf hin, welchen Risiken besonderes Augenmerk geschenkt werden muss.

Einen Schritt weiter geht die Szenariotechnik. Die Szenariotechnik stellt eine besondere Form der Sensitivitatsanalyse dar, bei der auf Basis verschiedener als realistisch angenommener Datenkonstellationen — so genannten Szenarien — die Auswirkungen auf den Cashflow aufgezeigt werden, gemessen uber den Schulden — dienstdeckungsgrad (DSCR). Dadurch wird abgebildet, wie sich die Wirtschaftlich — keit des Vorhabens in Abhangigkeit der fur die wichtigsten Einflussparameter hypothetisch unterstellten Entwicklungen verandern kann. Die Untersuchung wird haufig auf drei Szenarien eingegrenzt:

• Base-Case (Unterstellung der wahrscheinlichsten Parameterwerte),

• Best-Case (Unterstellung gunstigster Parameterwerte) und

• Worst-Case (Unterstellung ungunstigster Parameterwerte).

Als Vergleichsgrofie dient das Base-Case-Szenario, das die verschiedenen Pro — jektparameter mit ihrem wahrscheinlichsten Wert berucksichtigt. Ausgehend von dem Base-Case-Szenario lasst sich durch pessimistische Schatzungen ein Worst — Case-Szenario aufstellen. In diesem Szenario wird eine Projektsituation antizipiert, die bei einer ungunstigen Entwicklung der Cashflow-Determinanten eintritt und des — halb fur die Fremdkapitalgeber von besonderer Bedeutung ist. Denn anhand einer Worst-Case-Betrachtung kann festgestellt werden, ob auch bei stark negativen Ent — wicklungen das Projekt in der Lage ist, den Schuldendienst zu erbringen. Ergeben die Auswertungen dieses Szenarios, dass eine Unterdeckung des Schuldendienstes vorliegt, mussen die Banken uber mogliche Modifikationen am entworfenen Finanzierungsplan nachdenken. Aus Sicht der fremd finanzierenden Bank ist ein besserer Verlauf als der Base Case nicht entscheidungsrelevant, da ihr Risikobegriff aufgrund ihrer Chance-Risikoposition als negative Zielabweichung definiert ist und der Schuldendienst unabhangig davon erbracht werden muss, welches Ergebnis das Projekt generiert.

Bedeutung des Base-Case-Szenarios:

1. Als Vergleichsgrofie zu anderen Vorhaben dient das Base-Case-Szenario, das die verschiedenen Projektparameter mit ihrem wahrscheinlichsten Wert beruck­sichtigt.

2. Fur die Eingaben in das Rating-Tool der Banken mussen die Annahmen auf ein Base Case-Niveau gebracht werden. Die Rechnung innerhalb des Rating-Tools simuliert auch negative Projektverlaufe, die das maximal vertretbare Fremd — finanzierungsvolumen aufzeigen.

Bedeutung des Worst-Case-Szenarios:

1. In diesem Szenario wird eine Projektsituation antizipiert, die bei einer unguns­tigen Entwicklung der Cashflow-Determinanten eintritt und fur die Fremd­kapitalgeber von besonderer Bedeutung ist, da gepruft wird, ob auch bei stark negativen Entwicklungen das Projekt in der Lage ist, den Schuldendienst zu erbringen.

2. Liegt im Worst-Case-Szenario eine Unterdeckung des Schuldendienstes vor, mussen die Banken uber mogliche Modifikationen am entworfenen Finanzierungsplan nachdenken.

Bei Biogas-Vorhaben werden die folgenden Parameter im Rahmen einer Simulationsrechnung variiert:

1. Die Volatilitaten, die sich aus dem Biomasseangebot ergeben, werden fort — geschrieben und sind der Haupttreiber fur das Rating-Ergebnis eines Biogas — Projektes.

2. Fur das Zinsumfeld, soweit die Darlehenstranchen nicht zinsgesichert sind, erfolgt ebenfalls eine Simulation von Zinsszenarien, die landerspezifisch hin — terlegt sind.

3. Des Weiteren gibt es weitere makrookonomische Grofien — wie z. B. Inflations — satze — die als eigene Datensatze hinterlegt sind.

Dabei wird das Rating-Ergebnis umso besser ausfallen, je geringer die Volatilitaten sind und je hoher die Uberdeckungsrelationen (DSCRs) ausfallen.

Die Tatsache, dass auf der Grundlage der Sensitivitatsrechnung bzw. Szenario — technik keine Aussage uber die Eintrittswahrscheinlichkeit der unterstellten Cashflow-Konstellationen moglich ist, wird als das grofite Defizit dieser Unter — suchungsmethode angesehen. Um dies zu kompensieren, konnen aufgrund vor — handenen Fachwissens subjektive Eintrittswahrscheinlichkeiten unterstellt werden.

In den folgenden Abschnitten werden wir die verschiedenen, in der Praxis dominierenden Kennzahlen innerhalb einer Projektfinanzierung darstellen und kritisch wurdigen.

Ablauf des Netzanschlussverfahrens

Um einen Netzanschlussprozess zu eroffnen, bedarf es eines Netzanschlussbegeh- rens seitens des (kunftigen) Anlagenbetreibers.

Zeitpunkt zur Geltendmachung des Anspruchs

Anlagenbetreiber haben ein elementares Interesse daran, die Verbindung zwischen ihrer Anlage mit dem Elektrizitatsversorgungsnetz bis zur Inbetriebnahme ihrer Anlage herzustellen. Dies erfordert jedoch einen gewissen zeitlichen Vorlauf fur den Netzbetreiber, um notwendige Baumafinahmen vorzunehmen und ggf. Trassen zu sichern.

Подпись: 16Der Gesetzgeber betont daher zu Gunsten des Anlagenbetreibers, dass der Anspruch auf Anschluss der Anlage auch schon vor Errichtung der Anlage geltend

gemacht werden kann.[34] Dies ergibt sich aus dem Sinn der Regelung, den Anschluss sicherzustellen. Konnte der Anspruch erst nach Errichtung der Anlage geltend gemacht werden, wurde sich ein deutliches Investitionshemmnis ergeben. Anlagen — betreibende konnten vor Errichtung der Anlage nicht feststellen, ob ihre Anlage an diesem Standort auch angeschlossen werden kann und sahen sich so einem Risiko gegenuber, das die Finanzierung des Projekts gefahrden wurde.

Dies fuhrt zu einem Interessenkonflikt zwischen Anlagen — und Netzbetreiber. Wahrend Anlagenbetreiber darauf drangen, die Arbeiten am Netzanschluss so fruh wie moglich zu beginnen, um eine zeitgerechte Einspeisung nicht zu gefahrden, werden Netzbetreiber zunachst ein gewisses MaB an Sicherheit dafur anstreben, dass die anzuschlieBende Anlage auch tatsachlich gebaut wird.

Besondere Anforderungen an die Anlagentechnik (§ 27 Abs. 3 und 4 EEG)

Das Gesetz sieht in § 27 Abs. 3 EEG Beschrankungen vor, die den Vergutungs- anspruch fur einzelne Anlagenkategorien unter besondere Vorbehalte stellen.

Begrenzung der Bemessungsleistung fur Biogasanlagen

Biogasanlagen haben nur dann einen Anspruch auf die Grundvergutung und die ein — satzstoffbezogene Mehrvergutung, wenn sie bis zum 31.12.2013 in Betrieb gehen. Erfolgt die Inbetriebnahme spater, darf die installierte Leistung der Anlage 750 kW nicht uberschreiten (§ 27 Abs. 3 EEG). Fur grofiere Anlagen halt der Gesetzgeber eine vollstandige Forderung mit einer garantierten Mindestvergutung nicht mehr fur angemessen. Stattdessen ist der Strom aus diesen Anlagen nach dem Marktpra — mienmodell direkt zu vermarkten.[64] Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 3 EEG, der fur die betreffenden Anlagen lediglich die gesetzliche Mindestvergutung ausschliefit. Eine konkrete Form der zu praktizierenden Direkt — vermarktung wird damit gerade nicht vorgegeben. Allerdings folgt die Beschrankung der Direktvermarktungsmoglichkeiten mittelbar aus § 33c Abs. 3 EEG, denn nur fur die Direktvermarkung nach dem Marktpramienmodell wird auf das Bestehen eines gesetzlichen Vergutungsanspruches (dessen es nach § 33c Abs. 2 Nr. 1 lit. a) EEG grundsatzlich bedarf) verzichtet. Von einer Direktvermarktung zur Reduktion der EEG-Umlage (§ 33b Nr. 2 EEG) sind die grofien, nach dem 31.12.2013 in Betrieb gehenden Biogasanlagen mithin ausgeschlossen.

Im Hinblick auf eine eventuelle Projektfinanzierung dieser Anlagen mit einer Leistung von mehr als 750 kW stellen sich daher neue Fragen: Insbesondere sind die zu erwartenden Erlose nicht mehr uber die gesamte Forderdauer der Anlage mathematisch berechenbar, sondern werden volatiler. Zwar fuhren Marktpramie und Managementaufschlag dazu, dass der Anlagenbetreiber prinzipiell Erlose erzielen kann, die die gesetzliche Einspeisevergutung ubersteigen. Allerdings hangt dieses Ergebnis auch ganz wesentlich von dem jeweils mit dem Stromaufkaufer verein — barten Kaufpreis fur den erzeugten Strom ab. Im Ergebnis durfte die Finanzierung von Biogasanlagen mit einer Leistung von mehr als 750 kW zumindest komplexer, aber wohl auch schwieriger werden.

Laufzeit und Kundigung

Die Laufzeit eines Substratliefervertrags oder der Substratliefervertrage ist dem Gmnde von dem Gedanken geleitet, dass fur die angestrebte Inbetriebnahmezeit der konkreten Biogaserzeugungsanlage Substrate in Form des gewahlten Substratmix zur Verfugung stehen (Scholwin et al. 2009, S. 907).

Daneben empfehlen sich grundsatzlich sowohl Regelungen zur ordentlichen und aufierordentlichen Kundigung des Vertragsverhaltnisse als auch Regelungen fur eine eventuelle Vertragsverlangerung (Automatismus oder Nachverhandlung) innerhalb des Vertragswerks. An dieser Stelle gilt es, insbesondere das AGB-Recht zu berucksichtigen, falls der Vertrag mehrfach Verwendung finden soll.

3.2.1.4 Entgelte und Entgeltbildung

Die Entgelte fur Substrate lassen sich dem Gmnde nach auf zweierlei Arten regeln. Einerseits konnen Festpreise unter Berucksichtigung der gewahlten

Abrechnungsform vereinbart und vertraglich fixiert werden, andererseits ist es ebenso moglich, eine Preisformel zur Berechnung der Substratpreise festzulegen.

Festpreise bieten sich vor allem fur Vertrage mit kurzeren Laufzeiten (2-3 Jahre) an. Allerdings sollte auch hier eine jahrliche Preisanpassungsmoglichkeit unter gewissen Voraussetzungen (z. B. Marktpreise verlassen einen definierten Preis — korridor) vorgesehen werden, um das Preisrisiko fur beide Vertragsparteien zu min — dern. Hierbei ware auch eine Preisminderung zu uberlegen. Die Vereinbarung einer dynamischen Preisformel zur Erfassung der Marktentwicklung erscheint hingegen auf Grund der Komplexitat der Materie in erster Lime fur Langfristvertrage (ab 3 Jahren bis zur Lebenszeit der Biogaserzeugungsanlage) sinnvoll.

Als Orientierungspunkte fur die Entgeltbildung sollten insbesondere die bereits besprochenen Qualitatskriterien, die Produktions — und Transportkosten sowie als Ruckkoppelung an den Markt regionale, uberregionale oder internationale Preis- indizes fur Substrate herangezogen werden. Einer der wichtigsten Werte fur die Bestimmung der Wertigkeit eines Substrates ist der TS — oder oTS-Wert[172], da sich hieraus annahrungsweise das Gaspotenzial eines Substrates mittels des Verdau- ungsquotienten ableiten lasst (Anspach 2010, S. 78 f.; Weifienbach 2009, S. 107). Neben der bereits genannten Futterwerttabelle des DLG kann in diesem Kontext beispielsweise auch die Veroffentlichung „Faustzahlen Biogas’" des Kuratoriums fur Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) herangezogen werden.

Als unabdingbarer und wesentlicher Vertragsbestandteil im Rahmen der Ent­geltbildung sind Korrekturfaktoren fur Abweichungen von Qualitatskriterien oder Liefermengen zu vereinbaren (Wagner 2011, S. 3). Aufierdem konnte fur den Fall der Abnahme von Garresten eine Verrechnung der ersparten Mineraldungerkosten an Hand des MDA mit dem Substratpreis vereinbart werden.[173]

Zur Abwicklung der Entgeltzahlung hat der Vertrag Zahlungsfristen (nach Lieferung innerhalb von x Tagen, quartalsmafiig, Rechnungsstellung etc.), Rege — lungen zu Verzug (Verzugszinsen etc.) und die Kontodaten des Substratlieferanten zu enthalten.

Okologische, okonomische und technische Kriterien

Bevor ausfuhrlich auf die sozialen Kriterien eingegangen wird, werden der Voll — standigkeit halber auch die okologischen, die okonomischen und die technischen Kriterien kompakt vorgestellt, die im Projektteam fur die Bewertung von Bioener — giedorfkonzepten erarbeitet wurden (vgl. Eigner-Thiel et al. 2012). Dabei handelt es sich um eine vorlaufige Sammlung der entscheidungsrelevanten Kriterien, die jedoch erst beim Vorliegen aller aussagekraftigen Kennzahlen einer abschlieBenden Validierung unterzogen werden konnen.

Okologische Kriterien. Als Ausgangspunkt fur die Beurteilung der oko­logischen Vorteilhaftigkeit von Biogasanlagen konnen Okobilanzen (englisch Life Cycle Assessment, LCA) herangezogen werden. Ziel einer Okobilanz ist es, die

Umweltbelastungen, die durch Produkte oder Prozesse auf deren „Lebensweg“ von der Produktion bis zur Entsorgung entstehen, darzustellen und die damit ver — bundenen potenziellen Auswirkungen solcher Umwelteinflusse auf die Umwelt — medien Luft, Boden und Wasser zu analysieren. Die okologischen Kriterien wurden unter Beteiligung von Geowissenschaftlern, Biologen, Nutzpflanzenkundlern und Agrarwissenschaftlern zusammengestellt und diskutiert. Vorlaufiges Ergebnis ist eine Liste aus 20 Kriterien auf der untersten Ebene (Attributen), die sich funf Oberkategorien zuordnen lassen. Die identifizierten Kriterien werden im Folgenden kurz genannt. Ferner wird angegeben, ob die Zielrichtung eine Minimierung (=> MIN) wie bei Emissionen oder eine Maximierung (=> wie beim Bodenbe- deckungsgrad) ist.

1. Luft und Klima: Zur Oberkategorie „Schutz des Klimas und der Luft“ zahlen die Attribute „Treibhauspotenzial“ als Indikator des durch die Bioenergie potenziell verursachten Klimawandels (CO2-Aquivalente => MIN), „toxische Substanzen“ (Feinstaubmenge => MIN, „Menge organischer Schadstoffe“ => MIN, Menge anorganischer Schadstoffe => MIN) und die „Versauerung“ (Versauerungs — potenzial => MIN).

2. Wasser: Den Wasserschutz beschreiben zwei Indikatoren: Zum einen die durch den Anbau von Energiepflanzen direkt oder indirekt hervorgerufene „aquatische Eutrophierung“ (Menge applizierten Stickstoffdungers => MIN) und zum anderen der „Eintrag toxischer Substanzen“ (Menge applizierter Pestizide => MIN).

3. Boden: Der Boden ist zum einen durch „Erosion“ gefahrdet (Bodenbear — beitungsklasse => MIN, jahrlicher Bodenbedeckungsgrad => MAX), zum anderen auch durch „Eutrophierung“ (terrestrisches Eutrophierungspotenzial => MIN) und „toxische Substanzen“ (Schadstoffanreicherung => MIN, Schad — stoffmobilisierung => MIN).

4. Ressourcenschutz: Wichtig fur den Erhalt von Ressourcen ist der zu minimierende „Energieverbrauch“ (kumulierter Energieverbrauch => MIN, benotigte Roh — olaquivalente => MIN), der „Verbrauch von Mineralien“ fur Herstellung von Dunger (Phosphaterzmenge => MIN), der „Flachenverbrauch“ (=> MIN) und der „Wasserbedarf“ fur die Bewasserung der Energiepflanzen (=> MIN).

5. Schutz der Biodiversitat: Zum Erhalt der Artenvielfalt spielt die „Kultur — artenanzahl“ eine Rolle (Menge unterschiedlicher Sorten => MAX), dazu die „Verwendung synthetischer Pestizide“ (Pestizidmenge => MIN) und die „Ver — wendung synthetischer Dungemittel“ (Dungemittelmenge => MIN). Okonomische Kriterien. Die okonomischen Kriterien wurden gemeinsam

mit Betriebswirtschaftlern, Wirtschaftsingenieuren und Agrarwissenschaftlern zusammengestellt. Vorlaufiges Ergebnis ist eine Liste aus 13 Kriterien, die sich wiederum funf Oberkategorien zuordnen lassen. Bei den okonomischen Kriterien wird die Gegenlaufigkeit der Ziele besonders deutlich: Kriterien, die aus Sicht der einen Interessengruppe minimiert werden sollten, sind aus Sicht einer anderen Interessengruppe zu maximieren. Ein Beispiel sind die Rohstoffpreise fur die Energiepflanzen: Aus Sicht der Betreibergesellschaft und fur die Warmekunden sollten diese moglichst niedrig sein; aus Sicht der Landwirte moglichst hoch. Ein

interessanter Interessenskonflikt kann sich in Bioenergiedorfern ergeben, wenn Landwirte im Extremfall drei Rollen haben: als Erzeuger von Energiepflanzen mit einem Interesse an hohen Erlosen, als Warmekunden mit einem Interesse an moglichst gunstiger Warmeversorgung, sowie aus Sicht der Genossen der Betrei- bergesellschaft mit einem Interesse an gunstigen Bezugspreisen fur die Biomasse.

Im Folgenden sind die okonomischen Kriterien nach Interessengruppe auf — gefuhrt. Diese Aufstellung greift weiter als die meist ubliche Berucksichtigung von okonomischen Kriterien von Umweltschutzkonzepten, die im Wesentlichen zwischen Investitionen und Betriebskosten unterscheiden.

1. Betreibergesellschaft: Aus Sicht der Betreibergesellschaft spielt der Kapitalwert, also samtliche abgezinsten Aus — und Einzahlungen einer Investitionsmafinahme, eine wichtige Rolle (=> MAX), aber auch die Lange der Liefervertrage mit den Landwirten (=> MAX).

2. Warmekunden: Die Warmekunden sind an einer moglichst gunstigen War­meversorgung interessiert (Warmepreispaket => MIN, Mindesteinlage in die Betreibergesellschaft => MIN, Anschluss — und Umstellungskosten => MIN).

3. Arbeitnehmer: Die Moglichkeit einer Gewinnbeteiligung (=> ja/MAX) und die Moglichkeit, dass zusatzliche Honorarkrafte auf den Anlagen arbeiten konnen (=> ja/MAX), sind hier anzustreben. Aspekte wie „Hohe des Gehaltes“ oder „Urlaubstage“ differenzieren in Deutschland nicht oder kaum zwischen ver — schiedenen Anlagentypen und werden daher im Forschungsprojekt „Biomasse im Spannungsfeld“ nicht weiter berucksichtigt.

4. Landwirte: Die Rohstoffpreise sollten aus Sicht der Landwirte moglichst hoch sein (=> MAX), ebenso die Vertragslange (=> MAX). Da der Anbau von Ener­giepflanzen durch den Flachenverbrauch zu einem Anstieg der Pachtpreise fuhren kann, sollte die Gesamtflache fur den Anbau von Energiepflanzen aus der Sicht eines einzelnen Landwirts moglichst gering bleiben (Anteil Flache Bio — energie => MIN).

5. Region: Eine wichtige Rolle fur die Region spielen regionale Investitionen durch den Bau von Bioenergieanlagen (=> MAX). Dazu zahlen Auftrage fur Ingenieure sowie das ortliche Handwerk und das Baugewerbe. Hinzu kommen Einnahmen fur die Region durch Wartungs — und Reparaturarbeiten, Kosten fur Notar und Steuerberater, Versicherungen sowie Gelder, die an die Landwirte fliefien (=> MAX). Aufierdem generiert der Betrieb der Bioenergieanlagen Steuereinnahmen (=> MAX).

Technische Kriterien. Die technischen Kriterien wurden gemeinsam mit Naturwissenschaftlern sowie in Abstimmung mit technischen Experten formuliert. Das vorlaufige Ergebnis benennt elf Kriterien zu dieser Liste, die sich wiederum in funf Oberkategorien zahlen lassen.

1. Anlageneffizienz. Ein Aspekt der Effizienz ist der Wirkungsgrad der Anlagen (=> MAX). Dazu kommen die Standzeiten der Anlage, die anfallen, wenn Reparaturarbeiten notig sind (=> MIN) und die Anlagenhaltbarkeit (=> MAX). Wenn die (Abfall-)Warme genutzt wird (=> MAX), erhoht dies ebenfalls die Effizienz und wenn die Anlage aus mehreren Modulen aufgebaut ist, erhoht dies auch die Effizienz, weil bei einem Ausfall die Reparaturarbeiten schneller und kostengunstiger zu erledigen sind.

2. Arbeitssicherheit. Je hoher die Arbeitssicherheit in der Bioenergieanlage (=> MAX), desto besser.

3. Umweltfreundlichkeit der Materialien. Je hoher der Prozentsatz an Materialien, die recycelbar fahig sind (=> MAX), desto besser im Sinne einer Nachhaltigen Entwicklung.

4. Transportaktivitaten. Biomasse muss vom Feld zu den Anlagen transportiert werden und der Garrest wieder zuruck auf den Acker. Hierzu werden meist Traktoren mit Anhanger oder spezielle Lastwagen eingesetzt. Relevant ist hier die Haufigkeit, mit der diese pro Woche fahren (=> MIN), da mit dem Transport Larm und Energieverbrauch verbunden sind, der Zeitpunkt der Fahrten (tagsuber wird besser beurteilt als nachts) sowie die Art der Transportmittel: Je grofier dieses ist, desto leichter werden Zufahrtswege beschadigt (Grofie => MIN).

5. Verwaltungsaufwand. Je nach Anlagengrofie unterscheiden sich die Biomassepfade in ihrem Verwaltungsaufwand in der Genehmigungsphase. Je kurzer diese Phase rein zeitlich gesehen dauert (=> MIN), desto gunstiger ist die Wirkung auf die Planung der Anlage.

Ausfuhrlicher erlautert sind die okologischen, okonomischen und technischen Kriterien in Eigner-Thiel et al. (in Vorbereitung).