Category Archives: Vereinfachtes Verfahren

Zusammenfassung und Ausblick

Versicherungen stellen nach den verschiedenen Formen der Risikovermeidung bzw. — minimierung nur die zweitbeste Losung der Risikoabsicherung dar. Die Aus — wirkungen der Sachschaden werden zwar durch die Versicherung gemindert, aber es ist immer besser, wenn Schaden erst gar nicht eintreten. Banken und Versicherer haben daher in den letzten Jahren eine standige Verbesserung des technischen Risikos verlangt und durchgesetzt.

Wichtig ist ein umfassendes und schlussiges Risikomanagement: Die sinn — volle Kombination von gefahrenmindernden Mafinahmen und Versicherungen gibt Anlagenbesitzern und Betreibern Sicherheit.

Unter dem Begriff Biogas-Versicherung werden auf dem Markt zurzeit noch viele Policen angeboten, die die Risiken aus dem Betrieb einer Biogasanlage nur unzureichend abdecken. Hier empfiehlt sich die Beratung durch unabhangige, tech — nische Berater, die eigene, spezielle Deckungskonzepte entwickelt haben und auch Unterschiede zu anderen Konzepten aufzeigen konnen.

Rechtsschutzmoglichkeiten fur Drittbetroffene

Ein Grofiteil der Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb von Biogasanlagen betrifft sog. Nachbarklagen. Oftmals lehnen betroffene Anwohner eine Biogasanlage wegen der befurchteten Immissionen in ihrer Nachbarschaft ab und legen Widerspruch oder Anfechtungsklage gegen die dem Anlagenbetreiber erteilte Genehmigung ein.

Die Rechtsschutzmoglichkeiten der betroffenen Nachbarn hangen dabei auch von der immissionsschutzrechtlichen Verfahrensart ab. Im Falle des formlichen Ver — fahrens konnen grundsatzlich nur diejenigen Personen Anfechtungsklage erheben, die bereits im Rahmen der Offentlichkeitsbeteiligung schriftlich Einwendung gegen das Vorhaben erhoben haben. Andere Betroffene sind nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG prakludiert. Wurde hingegen nur ein vereinfachtes oder gar kein immis- sionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchgefuhrt, steht grundsatzlich allen Betroffenen der Klageweg offen.

Anwohner sind jedoch nur dann klagebefugt, wenn die Moglichkeit besteht, dass die Errichtung und der Betrieb der Biogasanlage sog. nachbarschutzende Vor — schriften verletzt, die speziell ihrem Schutz dienen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn einem Nachbarn erhebliche Larm — oder Geruchsimmissionen drohen, die die Schwelle des nach den einschlagigen Regelungen (wie etwa der TA Larm oder der

GIRL) Zumutbaren uberschreiten. Nicht rugen kann der Nachbar dagegen z. B., dass einer Anlage die nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB erforderliche Privilegierung fehle, weil die Biomasse nicht uberwiegend aus dem eigenen Betrieb des Anlagen — betreibers stamme.[29] Denn hierbei handelt es sich um eine allgemeine, bauplanungs — rechtliche Anforderung, die nicht (zumindest auch) den Schutz der Nachbarschaft bezweckt.

Die Klage eines Drittbetroffenen gegen eine nach Immissionsschutzrecht erteilte Genehmigung hat gemafi § 80 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufschiebende Wirkung. Dies bedeutet, dass der Anlagenbetreiber die Genehmigung nicht vollziehen, also nicht mit dem Bau und dem Betrieb der Biogasanlage anfangen darf. Mochte er lange Verzogerungen vermeiden, bleibt dem Anlagen­betreiber in diesem Falle zwar die Moglichkeit, im Wege des einstweiligen Rechts — schutzes eine Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit zu beantragen. Der Antrag ist zunachst gemafi § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO an die zustandige Behorde zu richten, bevor gegebenenfalls nach § 80a Abs. 3 VwGO das zustandige Verwaltungsgericht angerufen werden kann.[30] Hat der Antrag Erfolg, kann der Anlagenbetreiber trotz des laufenden Rechtsstreits mit dem Bau und dem Betrieb der Anlage beginnen. Es besteht in diesem Falle allerdings die Gefahr, dass sich (erst) am Ende des Rechts­streits herausstellt, dass die Errichtung der Biogasanlage rechtlich nicht zulassig war und die Genehmigung nicht hatte ergehen durfen. Wird die angefochtene Genehmigung im Rahmen des Rechtsstreits aufgehoben, ist die bereits errichtete Anlage grundsatzlich zuruckzubauen, so dass der Anlagenbetreiber hier ein nicht unerhebliches Risiko eingeht.

Offnung des AusschlieBlichkeitsprinzips

Gerade im Zusammenhang mit der Nutzung von Biomasse zur Stromerzeugung wird das strenge Ausschliefilichkeitsprinzip des § 16 Abs. 1 EEG fur einzelne Aus — nahmefalle gelockert.

Hybrid-Anlagen

Der Vergutung fur Strom aus Biomasse auf der Grundlage des EEG 2004 lag noch das strenge AusschlieBlichkeitsprinzip zu Gmnde. Dieses wurde geoffnet, so dass der gemeinsame Einsatz von nach der BiomasseV anerkannter Biomasse mit Deponie — und Klargas oder anderen Stoffen, die wegen ihres biogenen Ursprungs zwar Biomasse sind, jedoch keine Biomasse im Sinne der BiomasseV darstellen, moglich ist. Solche Kombinationen werden vom Gesetzgeber toleriert, weil sie die energetische Effizienz der Anlage erhohen und zu einer gleichmafiigeren oder regel — baren Produktion von Strom beitragen konnen.

Wird hingegen Biomasse im Sinne der BiomasseV mit sonstiger Biomasse kombiniert, fuhrt dies zu einer nur anteiligen Vergutung auf Basis des jeweiligen Energietragers. Aus dem zwingend zu fuhrenden Einsatzstoff-Tagebuch (vgl. § 27 Abs. 5 und 6 EEG), aus dem die entsprechenden Brennstoffe, deren Art, Menge und Einheit sowie Herkunft ersichtlich sind (§ 27 Abs. 5 EEG), lassen sich die ent­sprechenden Anteile ableiten.

Der Biomasseliefervertrag

3.2.1.2 Primarbiomasse, biogene Sekundarenergietrager, Substrate

Biomasse ist generell ein dehnbarer und konturloser Begriff (vgl. Atrock et al. 2006, Rn. 22), der je nach Kontext einen anderen Inhalt annehmen kann. Dement- sprechend ist eine Begriffsklarung notwendig.

In der Naturwissenschaft werden mit Biomasse ganz allgemein alle Stoffe organischer Herkunft (d. h. kohlenstoffhaltige Materie) bezeichnet (vgl. Kalt — schmitt 2009, S. 2). Diese extensive Grunddefinition wird fur den Energiekontext jedoch auf die in der Natur lebende Phyto — und Zoomasse (Pflanzen und Tiere), die daraus resultierenden Ruckstande (z. B. tierische Exkremente wie Gulle oder Mist), abgestorbeneaber noch nicht fossilePhyto — und Zoomasse (z. B. Stroh etc.) und alle sonstigen Stoffe, die aus den zuvor genannten Stoffen beispielsweise mittels technischer Umwandlung und/oder stofflicher Nutzung entstanden bzw. angefallen sind (z. B. Schwarzlauge, Schlachtabfalle, organischer Hausmull, Papier, Zellstoff, Pflanzenol, Alkohol, Biogas, Deponiegas, Klargas, Holzpellets, Hackschnitzel, Schredderholz, Holzkohle etc.), beschrankt (vgl. Kaltschmitt 2009, S. 2), um mit dem Begriff Biomasse einen Abgrenzungsterminus zu den fossilen Primarenergietragern (Erdol, Kohle und Erdgas)[152] zu schaffen.

Der Europaische Gesetzgeber versteht unter Biomasse „den biologisch abbaubaren Teil von Erzeugnissen, Abfallen und Reststoffen der Landwirtschaft mit biologischem Ursprung (einschliefilich pflanzlicher und tierischer Stoffe), der Forstwirtschaft und damit verbundener Wirtschaftszweige einschliefilich der Fischerei und der Aquakultur sowie den biologisch abbaubaren Teil von Abfallen aus Industrie und Haushalten“.

Die Reichweite dieser Definition hangt grundsatzlich davon ab, wie weit man den Kreis der, verbundenen Wirtschaftszweige“ zieht. Wahlt man ein breites Ver — standnis, ist die gemeinschaftsrechtliche Definition wohl deckungsgleich mit der naturwissenschaftlichen (vgl. Ekardt 2010, § 3, Rn. 28 f.).

Der deutsche Gesetzgeber hat die gemeinschaftrechtliche Definition uber — nommen. Das EEG 2009 enthalt zwar keine explizite Legaldefinition (vgl. § 3 und § 27 EEG 2009) und die Definition aus § 2 Abs. 1 der Biomasseverordnung (BiomasseV)[153] kann auf Grund ihres Standortes innerhalb einer Verordnung nicht als allgemeine Begriffsbestimmung herangezogen werden. Aber aus der Gesetzes — begrundung zum EEG 2009 ergibt sich, dass der deutsche Gesetzgeber mit dem EEG 2009 unter anderem die Umsetzung der Richtlinie 2001/77/EG beabsichtigt hat, welche der Ursprung der europarechtlichen Begriffsbestimmung ist.[154]

Legt man diese weite Definition nun dem Begriff, fiiomasseliefervertrag“ zu Grunde, ist das Spektrum des Begriffs identisch mit der Reichweite der Definition. Ein Biomasseliefervertrag kann somit sowohl die Lieferung von lebender und/ oder abgestorbener Phyto — und Zoomasse sowie die daraus resultierenden Ruck — stande als auch die Lieferung von Stoffen zum Gegenstand haben, die aus den zuvor genannten Stoffen hergestellt wurden. Auf den Biogaskontext bezogen bedeutet dies, dass sowohl ein Vertrag uber die Lieferung von Substraten zur Biogas — erzeugung als auch ein Vertrag uber die Lieferung von Biogas Biomasselieferver- trage im weitesten Sinne sind.

Im Hinblick auf die Darstellung der Charakteristika des Biomasseliefervertrags im Biogaskontext ist ein derartig weiter Terminus von Natur aus ungunstig, da es ohne eine systematische Untergliederung in der Regel zu inhaltlichen Missver — standnissen und Ungenauigkeiten kommt. Im Folgenden werden daher in gebotener Kurze die Vertrage gruppiert, die sich unter dem Begriff Biomasseliefervertrag ver- sammeln.

Biomasse kann auf Grundlage der obigen Definition in Primarbiomasse und biogene Sekundarenergietrager unterteilt werden. Der Begriff Primarbiomasse umfasst alle organischen Stoffe, die ohne wesentliche Be — oder Verarbeitung, d. h. dem Grunde nach in ihrer naturlich vorgefundenen Form, direkt in End — oder Nutz — energie umgewandelt oder als Grundstoffe fur die Erzeugung biogener Sekundar­energietrager in mechanischen, thermochemischen, physikalisch-chemischen oder biochemischen Umwandlungsprozesse eingesetzt werden konnen. Primarbiomasse beinhaltet damit die in der Natur lebende Phyto — und Zoomasse (Pflanzen und Tiere), die daraus resultierenden Ruckstande (Gulle, Mist etc.), abgestorbene aber noch nicht fossile Phyto — und Zoomasse (Stroh, abgestorbenes Holz, Tierkadaver etc.) sowie Abfalle (organischer Haus — und Industriemull: Industrieholz, Schlachthof- abfalle, Klarschlamm etc.). Biogene Sekundarenergietrager sind all die Stoffe, die am Ende eines mechanischen, thermochemischen, physikalisch-chemischen oder biochemischen Umwandlungsprozesse stehen, in dem als Grundstoff ausschliefilich Primarbiomasse eingesetzt wurde. Damit umfasst der Begriff biogener Sekundar­energietrager alle festen, flussigen und gasformigen Brennstoffe, die auf Grund­lage von Primarbiomasse erzeugt wurden (z. B. Ethanol, Pflanzenole, Palmolme — thylester, Pyrolyseol, Biogas, Deponiegas, Klargas, Holzpellets, Hackschnitzel, Schredderholz, Holzkohle, Maissilage etc.) (vgl. Kaltschmitt 2009, S. 4).

Entsprechend dieser Untergliederung konnen Biomasseliefervertrage in Primarbiomasseliefervertrage und Liefervertrage uber biogene Sekundar — energietrager eingeteilt werden.

Auf den Biogaskontext bezogen ergibt sich hieraus nun, dass ein Vertrag uber die Lieferung von Biogas der letzteren Untervertragsart entspricht. Einen Vertrag uber die Lieferung von Substraten zur Biogaserzeugung stellt allerdings eine Mischform der beiden Untervertragstypen dar, da die zur Vergarung eingesetzten Stoffe teils der Primarbiomasse (z. B. Rindergulle, Rindermist, Huhnermist etc.) und teils den biogenen Sekundarenergietragern (z. B. Biertreber, Maissilage, Melasse, Press — schnitzel etc.) zuzuordnen sind. Der Klarheit wegen wird daher im Folgenden fur diese Vertragsart ausschliefilich der Begriff Substratliefervertrag verwendet.

Ein Liefervertrag uber Biogas ist insoweit keine rechtliche Neuerung, da Gas — liefervertrage seit der ersten energetischen Nutzung dieses Stoffes durch den Menschen geschlossen werden und daher ausreichend rechtlich kommentiert sind. Substratliefervertrage hingegen sind ein Produkt der jungeren Vergangenheit und derzeit rechtlich noch wenig ausgeleuchtet. Aus diesem Grund begrenzt sich die Darstellung innerhalb der folgenden Abschnitte ausschliefilich auf die Eigenheiten des Substratliefervertrags.

3.2.1.3 Typisierung des Vertrages

Der Substratliefervertrag ist ebenso wie die ubergeordneten Vertragstypen gesetzlich nicht normiert. Dementsprechend steht entweder das Etikett sui generis oder das eines der normierten Vertragstypen zur Verfugung. Betrachtet man die rudimentaren Vertragspflichten eines Substratliefervertrages (Lieferung von Sub­straten in der Regel im Austausch gegen eine andere Leistung — meistens Geld) entspricht das Grundnaturell des Vertrages auf den ersten Blick einem klassischen zivilrechtlichen Kaufvertrag i. S. d. §§ 433 ff. BGB. Inwieweit diese erste Einschat — zung tragfahig ist, hangt freilich davon ab, ob die allgemeinen Charakteristika des Substratliefervertrags generell mit der Dogmatik des Kaufvertrages vereinbar sind oder ob nicht eventuell ein anderer normierter Vertragstypus passender ist.

Der erste Ansatzpunkt in diesem Kontext ist das Gut Substrat selbst sowie die Frage, ob Substrate uberhaupt tauglicher Gegenstand eines Kaufvertrages sein konnen. Gegenstand eines Kaufvertrages sind nach dem Gesetz Sachen (§ 433 BGB) oder Rechte (§ 453 BGB). Sachen i. S. d. § 433 BGB sind uber die Legalde — finition des § 90 BGB hinausgehend alle verkehrsfahigen, auch unkorperlichen Vermogensgegenstande und Sachgesamtheiten (Westermann 2009, § 433, Rn. 10). Der extensive Sachenbegriff wird in diesem Kontext allerdings nicht benotigt, da Substrate auf Grand ihres Aggregatzustandes (fest oder flussig) bereits unter den engeren Sachenbegriff des § 90 BGB fallen (vgl. Holch 2009, § 90, Rn. 7; Ellen — berger 2011, § 90, Rn. 1) und somit zweifelsfrei Gegenstand eines Kaufvertrags sein konnen. Hinsichtlich der anderen dogmatischen Elemente des Kaufvertrags ergeben sich in Bezug auf Substrate keine Besonderheiten, da wie bei jeder anderen beweglichen Sache sowohl die Eigentums — und Besitzverschaffung durch den Ver — kaufer als auch die Entgegennahme durch den Kaufer moglich ist. Auberdem ist es moglich, den Austausch von Substraten in ein Gegenseitigkeitsverhaltnis mit einer Geldleistung des Kaufers an den Verkaufer zu stellen. Folglich sind die Cha­rakteristika des Substratliefervertrags mit der Dogmatik des Kaufvertrags i. S. d. §§ 433 ff. BGB grundsatzlich vereinbar und somit kann der Substratliefervertrag dem Grande nach als Unterfall des Kaufvertrags charakterisiert werden.

In Anbetracht der Tatsache, dass Substrate auch planmabig und zweckgerichtet erzeugt, gesammelt und/oder verfugbar gemacht werden konnen, stellt sich allerdings die Abgrenzungsfrage, ob der Substratliefervertrag nicht eher einem Werklieferungsvertrag i. S. d. § 651 BGB entspricht. Grundsatzlich unterfallt dem Tatbestandsmerkmal „erzeugen“ in § 651 BGB die Urproduktion (vgl. Jacoby und Peters 2008, § 651, Rn. 12) und somit kann der Substratliefervertrag dem Grande nach auch diesen Vertragstypus darstellen. Der Anknupfungspunkt fur die Abgrenzung zwischen Kauf — und Werklieferungsvertrag ist stets die Frage, ob sich die Verpflichtung des Lieferanten lediglich auf die Eigentums — und Besitzver­schaffung erstreckt oder ob daneben auch die Herstellung der Sache geschuldet ist (vgl. Westermann 2009, § 433, Rn. 21; Jacoby und Peters 2008, § 651, Rn. 14). Hier wird es auch wiederum auf den Einzelfall ankommen. Eine abstrakt-generelle Klarung dieses Umstandes ist im Substratkontext wohl nicht moglich, da den Ver — tragsparteien keinerlei rechtliche oder faktische Schranken gesetzt sind, einen Sub­stratliefervertrag als reinen Kaufvertrag oder als Werklieferungsvertrag auszuge — stalten. Die Abgrenzung ist insoweit auch rein akademischer Natur, da es sich bei Substraten um vertretbare Sachen i. S. d. § 91 BGB handelt und somit gemab § 651 Satze 1 und 3 BGB Kaufrecht ohne Modifikationen Anwendung findet.

Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass der Substratliefervertrag sowohl als Kaufvertrag oder als Werklieferungsvertrag typisiert werden kann. In der Regel wird man den Substratliefervertrag aber wohl als Kaufvertrag bzw. Sukzessivliefer — vertrag (eine Unterart des Kaufvertrags, vgl. Westermann 2009, § 433, Rn. 38)

i. S. d. §§ 433 ff. BGB klassifizieren mussen, da der Abnehmer gewohnlich keinen Wert auf die Erzeugung der Substrate durch seinen Vertragspartner legt, sondern lediglich Interesse an den Substraten haben wird (vgl. Westermann 2009, § 433, Rn. 21; Jacoby und Peters 2008, § 651, Rn. 14).

Risiken fur den Bestand der Genehmigung durch Betreiberwechsel

Die Behorde kann eine Genehmigung fur den Betrieb einer Biogasanlage unter den Voraussetzungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes widerrufen. Eine immis- sionsschutzrechtliche Genehmigung kann nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 Bundesimmis- sionsschutzgesetz (BImSchG) unter anderem dann widerrufen werden, wenn die Genehmigungsbehorde aufgrund nachtraglich eingetretener Tatsachen berechtigt ware, die Genehmigung nicht zu erteilen.

Die Genehmigung sollte deshalb im Falle einer Ubernahme der gesamten Biogasanlage oder dem Eintritt in die Gesellschaft genau gepruft werden. Wurde die Genehmigung als eine fur eine im AuBenbereich privilegierte Anlage erteilt, muss gepruft werden, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB in der jeweils anwendbaren Fassung noch vorliegen. Anderenfalls entfallt die bauplanungsrechtliche Privilegierung der Anlage (Peine et al. 2009, S. 119).[217]

Der Betreiber der privilegierten Tierhaltung oder Landwirtschaft im AuBen­bereich soll auch bei nachtraglichem Eintritt von Investoren in das Projekt noch maBgeblichen Einfluss auf die Biogasanlage haben. Die Anforderungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB werden in der Praxis unterschiedlich beurteilt. Es bestehen differenzierte Ansichten dazu in den einzelnen Bundeslandern. Der jeweils aktuelle Stand der Rechtsprechung und die Anwendbarkeit von Landes verwaltungsvor — schriften sind deshalb im Einzelfall zu prufen. Unterschiedlich wird insbesondere beurteilt, ob der maBgebliche Einfluss des Landwirts auch ohne dessen Beteiligung an der Betreibergesellschaft begrundet werden kann.[218] So lange keine hochst — richterliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Frage existiert, ob vertragliche Bindungen allein den maBgeblichen Einfluss begrunden konnen, wird hier ein Spielraum bestehen.

Fehlt es nach dem Betreiberwechsel an dem maBgeblichen Einfluss, liegt eine Nutzungsanderung im Sinne der jeweiligen Landesbauordnung vor. Diese fuhrt zu einer baurechtlich formellen Illegalitat der Anlage. Eine immissionsschutzrechtliche Nutzungsanderung liegt nicht vor, da eine Anderung der bauplanungsrechtlichen Belange nicht zu einer wesentlichen Anderung der Anlage i. S. d. § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG fuhrt. Um die formelle baurechtliche Illegalitat der Anlage rechtssicher zu beseitigen, ist eine nachtragliche Genehmigung der Nutzungsanderung zu bean — tragen. Die Anlage muss dann die Bestimmungen des aktuellen Rechts einhalten. Es besteht die Gefahr der Rucknahme der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

Variabel gehaltener Substrat-Mix versus Zuschuss-Berechtigungen

Der grundsatzlich zu begrufiende, variabel gehaltene Substratmix birgt neben biologischen, mechanischen und lagertechnischen Herausforderungen noch wei- tere Fragen, welche geklart werden sollten, sofern man einen problemlosen Betrieb der jeweiligen BGA gewahrleisten will. Obwohl nuchtern betrachtet ein variabel gehaltener Substratmix besonders im Hinblick auf die offentliche Meinung sehr sinnvoll erscheint, sind die EEG-Leitplanken einzuhalten.

• Kann das geplante Co-Substrat eingesetzt werden, ohne dass ich einen der eventuell vorhandenen Boni nach EEG 2009 Anhang 2 verliere (NawaRo Bonus, Gulle-Bonus, Landschaftspflegematerial-Bonus)?

• Von 2004 bis 2008 errichtete Biogasanlagen konnten unter bestimmten Bedingungen den durch das EEG 2004 garantierten Technologiebonus fur die Trockenfermentation (TF-Bonus) in Anspruch nehmen, der eine um 2 Cent pro eingespeister kWh Strom erhohte Vergutung fur 20 Jahre ermoglichte.

Sollten die noch gultigen Boni bei der Novellierung des EEG fur neue Anlagen

an Bedeutung verlieren, so sind sie fur die Wirtschaftlichkeit vieler bestehender Anlagen von entscheidender Bedeutung. Regelmafiig ist das ursprungliche Anlagen — konzept extra so ausgelegt worden, um einen oder mehrere Boni zu erhalten.

Ebenfalls im EEG 2009 Anhang 2 ist geregelt: „Sobald die Voraussetzungen nicht mehr erfullt sind, entfallt der Anspruch auf den Bonus endgultig, soweit sich nicht aus der Rechtsverordnung nach § 64 Absatz 2 etwas anderes ergibt.“

Dies verdeutlicht sehr eindringlich, dass sorgfaltig zu prufen ist, ob die vor — gesehenen Co-Substrate die eventuell bestehenden Boni-Anspruche nicht gefahrden, damit aus einer „einmaligen Gelegenheit“ fur gunstiges Substrat kein wirtschaftliches Desaster wird. Ein dauerhafter Verlust z. B. des NawaRo-Bonus sollte unter allen Umstanden vermieden werden.

Management zentraler Fertigstellungsrisiken

Kai Jens Basedow

4.4.1 Einleitung

Viele Wege fuhren nach Rom und ebenso viele fuhren zu einer gut funktionierenden effizienten Biogasanlage. Wer heute eine Biogasanlage bauen mochte, kann zur Realisierung verschiedene Wege einschlagen. War vor zehn Jahren noch das Kon- zept der Selbstbauanlage das Mittel der Wahl, werden die Biogasanlagen heute als:

• schlusselfertige Biogasanlage vom Generalunternehmer oder

• vom Fachplaner ausgelegte Biogasanlage

realisiert. Beide Varianten haben Vor — und Nachteile und je nach Typ des Betreibers auch die besseren Realisierungschancen. Der folgende Artikel will Vor — und Nachteile, Risiken und Vermeidungsstrategien fur den erfolgreichen Weg von der Idee bis zur fertigen Biogasanlage aufzeigen.

Wirtschaftliche Aspekte

5.1 Risiko — und Versicherungsmanagement bei Biogasanlagen

Dr. Michael Harig

5.1.1 Einleitung

Auf die Begriffe Risiko und Risikomanagement ist bereits an anderer Stelle in diesem Buch eingegangen worden. Dieser Abschnitt beschaftigt sich mit dem Transfer von Risiken auf Versicherungen, was neben den anderen in diesem Buch aufgezeigten Moglichkeiten einen Weg der Risikoabsicherung darstellt.

Die anhaltend schlechten Erfahrungen der Versicherer mit Biogasanlagen durch hohe Schadenquoten und schlecht kalkulierbare Risiken fuhrten dazu, dass sich viele Versicherer aus dem Markt der Biogasanlagen zuruckgezogen haben oder nur stark eingeschrankten Versicherungsschutz anbieten.

Fur die grofie Anzahl von Schaden gibt es verschiedene Grunde. So wurden z. B. — vor allem bei alteren Anlagen — Komponenten auf Biogas umgerustet und ohne ausreichende Betriebserfahrung in den Anlagen eingesetzt. Andere Schaden ent — standen durch eine unsachgemafie oder nachlassige Betriebsfuhrung. Um solche nicht kalkulierbaren Risiken zu vermeiden, sind die Anforderungen der Versicherer an Anlage und Betriebsfuhrung gestiegen. Beispielsweise wird der Abschluss eines Wartungsvertrages fast durchgangig verlangt.

Kurz: Es ist nicht einfach, adaquaten Versicherungsschutz zu erhalten. Dabei ist ein umfassender Versicherungsschutz unter Einbeziehung aller Gefahren fur die komplette Biogasanlage aufierst wichtig, wie die Schadenserfahrungen der ver — gangenen Jahre zeigen. Die Ergebnisse einer Studienarbeit (Gleichmann 2005), die vom Risikoberater und Versicherungsmakler Marsh gemeinsam mit der Universitat Flensburg durchgefuhrt wurde und die eine Analyse der eingetretenen Schadenfalle enthalt, bestatigt dies ebenfalls. Sollte man daher unter Berucksichtigung der eigenen Risiko — und Versicherungsphilosophie zur Eigentragung von Risiken tendieren, empfiehlt es sich, den Selbstbehalt der Versicherung entsprechend zu

J. Bottcher, Management von Biogas-Projekten,

DOI 10.1007/978-3-642-20956-7_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
erhohen, anstatt bestimmte Gefahren in Kauf zu nehmen bzw. Teile der Biogas­anlage nur eingeschrankt zu versichern.

Dieser Abschnitt beschaftigt sich hauptsachlich mit Sachversicherungen. Diese werden zum Schutz der eigenen Anlage sowie zur Deckung des mit den Sach — schaden verbundenen Vermogensschaden (entgangene EEG-Vergutung oder andere Einnahmeausfalle) abgeschlossen. Am Markt werden Konzepte mit der traditionellen Trennung von Feuer — und Maschinenversicherung sowie Allgefahren — versicherungen angeboten. Auf die Unterschiede gehen wir im Rahmen dieses Abschnitts ebenfalls ein.

Die Biologie spielt bei einer Biogasanlage eine ganz besondere Rolle. Da es nach einem Ausfall Monate dauern kann, bis sie wieder voll funktionsfahig ist, sollte die Biologie bei den Versicherungen berucksichtigt werden. Oft ist jedoch die Mitver — sicherung der Biologie in den Konzepten der verschiedenen Versicherer nicht vor — gesehen und „Verzogerungen durch Biologie“ sind explizit ausgeschlossen.

Auch wenn der Schwerpunkt dieses Abschnitts auf den Sachversicherungen liegt, durfen Haftpflichtversicherungen, die Schaden bei Dritten abdecken, nicht vernachlassigt werden. Einerseits konnen diese Schaden sehr grofie Dimensionen annehmen, andererseits ist die Prufung, ob uberhaupt ein gerechtfertigter Anspruch einer dritten Partei vorliegt, eine wichtige Aufgabe der Haftpflichtversicherung. Ihr kommt somit also auch eine passive Rechtsschutzfunktion zu.

Auf Versicherungen zum Schutz der Unternehmensorgane wie die D&O (Directors & Officers) oder die Rechtsschutzversicherung wird in diesem Abschnitt nicht eingegangen, da hier keine Eigenschaften zu beachten sind, die fur den Betrieb von Biogasanlagen in besonderem Mafie relevant sind.

Tilgungsfreie Zeit

Im nachsten Beispiel sei die Veranderung der tilgungsfreien Zeit des Vorhabens dargestellt. Wahrend bei der ursprunglichen Struktur eine tilgungsfreie Zeit von 36 Monaten vorgeschlagen wurde, ist diese nunmehr auf zwolf Monate gekurzt worden, wobei die Gesamtlaufzeit der Darlehen bis zu ihrer vollstandigen Ruck- fuhrung gleich geblieben ist (s. Abb. 5.16).

Erkennbar ist, dass der Schuldendienstdeckungsgrad im Sponsors Case praktisch durchgangig geringer ist als bei einer um zwei Monate kurzeren tilgungsfreien Zeit. Dies korrespondiert mit einer verbesserten Belastbarkeit der kurzeren tilgungsfreien Zeit in einem Belastungsfall. Wahrend die Belastbarkeit im Sponsors Case bei einem Einnahmenniveau von 98,0 % liegt, verbessert sie sich im zweiten Fall um Prozentpunkte auf 76,0 %. Allerdings geht die Verbesserung der Belastbarkeit mit einem Ruckgang der internen Rendite einher und zwar von 24,92 % auf 21,09 %.

Der Grund fur die unterschiedlichen Belastbarkeiten ergibt sich aus folgender Uberlegung: Angenommen sei, man verzichte bei gegebener Gesamtlaufzeit des Darlehens auf eine tilgungsfreie Zeit. In diesem Fall ergeben sich einerseits ins — gesamt mehr Ruckzahlungszeitpunkte, in denen das Darlehen zuruckgezahlt werden kann, so dass sich die jeweiligen Tilgungsbetrage reduzieren und die aus — gewiesenen Schuldendienstdeckungsrelationen erhohen. Andererseits besteht in einem Belastungs-Szenario praktisch keine Moglichkeit mehr, die Schuldendienst — reserve aus dem Cashflow des Projektes aufzubauen, so dass kein Risikopuffer vor — handen ist. Im umgekehrten Fall einer verhaltnismaBig langen tilgungsfreien Zeit kann zwar auch in einem Belastungs-Szenario die Schuldendienstreserve aufgebaut werden, aber die Tilgungsbetrage steigen pro Ruckzahlungstermin an, da relativ weniger Ruckzahlungstermine zur Verfugung stehen. Aus Sicht der Fremdkapital — geber ergibt sich damit eine Optimierungsaufgabe mit Blick auf die Ausgestaltung der tilgungsfreien Zeit, die jeweils projektspezifisch zu losen ist. Die Sponsoren haben tendenziell ein Interesse daran, eine moglichst lange tilgungsfreie Zeit durch — zusetzen, da sie ihnen ermoglicht, fruher Ausschuttungen vorzunehmen, so dass sich ihre interne Rendite verbessert.

Uber die reine Cashflow-Betrachtung hinaus sollte man die technologische Anfahrphase einer Biogas-Anlage berucksichtigen, die eine tilgungsfreie Zeit von mindestens einem halben Jahr nahelegt (Fischer 2011, S. 756).

Tilgungsfreie Zeit — Erkenntnisse:

1. Bereits leichte Veranderungen der tilgungsfreien Zeit haben deutliche Anderungen der internen Rendite zur Folge und noch groBeren Einfluss auf die Belastbarkeit.

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Abb. 5.16 DSCR-Verlauf bei Veranderung der tilgungsfreien Zeit

Tab. 5.10 Beurteilung der Veranderung aus Sicht der Kapitalgeber

Min. DSCR

0 DSCR

IRR

Sponsors Case

1,05

1,99

24,92 %

Tilgungsfreie Zeit bei 1 Jahr:

1,21

1,83

21,09 %

Tilgungsfreie Zeit bei 2 Jahren:

1,13

1,91

23,05 %

2. Die Auswirkungen auf die Belastbarkeit fallen umso grofier aus, je flacher der DSCR-Verlauf ist.

3. Fur die meisten Projekte ist eine tilgungsfreie Zeit von 18 Monaten eine erste gute Naherung; die allermeisten Vorhaben sollten mit einer tilgungsfreien Zeit zwischen 18 und 24 Monaten realisiert werden.

Die Dimensionierung der tilgungsfreien Zeit muss auch im Zusammenhang mit der Hohe und Dotierung der Schuldendienstreserve gesehen werden, wie wir im Folgenden darstellen werden.

Schadensersatz bei nicht rechtzeitiger Erweiterung der Netzkapazitat

Kommt ein Netzbetreiber seinen Verpflichtungen aus § 9 EEG zu einer unver — zuglichen Erweiterung der Netzkapazitat und der entsprechenden Information zu drohenden Mafinahmen des Einspeisemanagements nicht nach, konnen Ein­speisewillige den hierdurch entstehenden Schaden ersetzt verlangen (§ 10 EEG). Nach dem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz des § 249 BGB, ist der Anlagen — betreiber im Rahmen des Schadensersatzes so zu stellen, wie er stehen wurde, wenn der Netzbetreiber seine Pflichten erfullt hatte.

Abgedeckt sind damit vor allem Einnahmeausfalle, die dem Anlagenbetreiber durch eine dauerhaft eingesenkte Einspeisung entstehen.[42] Der Anspruch ist in diesem Fall auf den Ersatz der jeweils entgangenen Einspeiseerlose gerichtet. Der Anlagenbetreiber muss allerdings nachweisen, wie viel Strom er im ent­sprechenden Zeitraum tatsachlich hatte erzeugen konnen. Im Gegenzug wird sich der Betreiber einer Biogasanlage aber einen gegebenenfalls ersparten Einsatz von Rohstoffen anrechnen lassen mussen. Denkbar sind daneben auch Ersatzanspruche fur kurzfristige Einspeisereduzierungen. Diese werden aber auf der Grundlage der spezielleren und deshalb vorrangigen Regelung in § 12 EEG abgewickelt.

Den in Anspruch genommenen Netzbetreiber trifft allerdings dann keine Ersatz — pflicht, wenn er nachweisen kann, dass er

1. die MaBnahmen, zu denen er verpflichtet ist, unverzuglich ergriffen hat oder

2. die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Das Gesetz gewahrt dem Anlagenbetreiber daruber hinaus einen Anspruch auf Auskunft gegenuber dem Netzbetreiber, ob und inwieweit dieser seinen Ver — pflichtungen zur Optimierung, Verstarkung oder zum Ausbau seines Netzes nach — gekommen ist (§ 10 Abs. 2 EEG). Die Vorschrift dient nicht nur der Sicherung des Schadensersatzanspruches, sondern versetzt den anspruchstellenden Anlagen­betreiber zunachst uberhaupt in die Lage zu erkennen, ob uberhaupt ein Anspruch besteht.

Kostentragung

In der Vergangenheit gehorte die Frage nach den vom Netzbetreiber und von Anlagenbetreiber jeweils zu zahlenden Kosten fur Netzanschluss und Netzver- starkung zu den am heftigsten umstrittenen. Das Gesetz differenziert zwischen den Anschlusskosten, die vom Anlagenbetreiber zu tragen sind und den Kosten der Kapazitatserweiterung, die dem Netzbetreiber zur Last fallen.