Wirtschaftliche Aspekte

5.1 Risiko — und Versicherungsmanagement bei Biogasanlagen

Dr. Michael Harig

5.1.1 Einleitung

Auf die Begriffe Risiko und Risikomanagement ist bereits an anderer Stelle in diesem Buch eingegangen worden. Dieser Abschnitt beschaftigt sich mit dem Transfer von Risiken auf Versicherungen, was neben den anderen in diesem Buch aufgezeigten Moglichkeiten einen Weg der Risikoabsicherung darstellt.

Die anhaltend schlechten Erfahrungen der Versicherer mit Biogasanlagen durch hohe Schadenquoten und schlecht kalkulierbare Risiken fuhrten dazu, dass sich viele Versicherer aus dem Markt der Biogasanlagen zuruckgezogen haben oder nur stark eingeschrankten Versicherungsschutz anbieten.

Fur die grofie Anzahl von Schaden gibt es verschiedene Grunde. So wurden z. B. — vor allem bei alteren Anlagen — Komponenten auf Biogas umgerustet und ohne ausreichende Betriebserfahrung in den Anlagen eingesetzt. Andere Schaden ent — standen durch eine unsachgemafie oder nachlassige Betriebsfuhrung. Um solche nicht kalkulierbaren Risiken zu vermeiden, sind die Anforderungen der Versicherer an Anlage und Betriebsfuhrung gestiegen. Beispielsweise wird der Abschluss eines Wartungsvertrages fast durchgangig verlangt.

Kurz: Es ist nicht einfach, adaquaten Versicherungsschutz zu erhalten. Dabei ist ein umfassender Versicherungsschutz unter Einbeziehung aller Gefahren fur die komplette Biogasanlage aufierst wichtig, wie die Schadenserfahrungen der ver — gangenen Jahre zeigen. Die Ergebnisse einer Studienarbeit (Gleichmann 2005), die vom Risikoberater und Versicherungsmakler Marsh gemeinsam mit der Universitat Flensburg durchgefuhrt wurde und die eine Analyse der eingetretenen Schadenfalle enthalt, bestatigt dies ebenfalls. Sollte man daher unter Berucksichtigung der eigenen Risiko — und Versicherungsphilosophie zur Eigentragung von Risiken tendieren, empfiehlt es sich, den Selbstbehalt der Versicherung entsprechend zu

J. Bottcher, Management von Biogas-Projekten,

DOI 10.1007/978-3-642-20956-7_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
erhohen, anstatt bestimmte Gefahren in Kauf zu nehmen bzw. Teile der Biogas­anlage nur eingeschrankt zu versichern.

Dieser Abschnitt beschaftigt sich hauptsachlich mit Sachversicherungen. Diese werden zum Schutz der eigenen Anlage sowie zur Deckung des mit den Sach — schaden verbundenen Vermogensschaden (entgangene EEG-Vergutung oder andere Einnahmeausfalle) abgeschlossen. Am Markt werden Konzepte mit der traditionellen Trennung von Feuer — und Maschinenversicherung sowie Allgefahren — versicherungen angeboten. Auf die Unterschiede gehen wir im Rahmen dieses Abschnitts ebenfalls ein.

Die Biologie spielt bei einer Biogasanlage eine ganz besondere Rolle. Da es nach einem Ausfall Monate dauern kann, bis sie wieder voll funktionsfahig ist, sollte die Biologie bei den Versicherungen berucksichtigt werden. Oft ist jedoch die Mitver — sicherung der Biologie in den Konzepten der verschiedenen Versicherer nicht vor — gesehen und „Verzogerungen durch Biologie“ sind explizit ausgeschlossen.

Auch wenn der Schwerpunkt dieses Abschnitts auf den Sachversicherungen liegt, durfen Haftpflichtversicherungen, die Schaden bei Dritten abdecken, nicht vernachlassigt werden. Einerseits konnen diese Schaden sehr grofie Dimensionen annehmen, andererseits ist die Prufung, ob uberhaupt ein gerechtfertigter Anspruch einer dritten Partei vorliegt, eine wichtige Aufgabe der Haftpflichtversicherung. Ihr kommt somit also auch eine passive Rechtsschutzfunktion zu.

Auf Versicherungen zum Schutz der Unternehmensorgane wie die D&O (Directors & Officers) oder die Rechtsschutzversicherung wird in diesem Abschnitt nicht eingegangen, da hier keine Eigenschaften zu beachten sind, die fur den Betrieb von Biogasanlagen in besonderem Mafie relevant sind.