Rechtsschutzmoglichkeiten fur Drittbetroffene

Ein Grofiteil der Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb von Biogasanlagen betrifft sog. Nachbarklagen. Oftmals lehnen betroffene Anwohner eine Biogasanlage wegen der befurchteten Immissionen in ihrer Nachbarschaft ab und legen Widerspruch oder Anfechtungsklage gegen die dem Anlagenbetreiber erteilte Genehmigung ein.

Die Rechtsschutzmoglichkeiten der betroffenen Nachbarn hangen dabei auch von der immissionsschutzrechtlichen Verfahrensart ab. Im Falle des formlichen Ver — fahrens konnen grundsatzlich nur diejenigen Personen Anfechtungsklage erheben, die bereits im Rahmen der Offentlichkeitsbeteiligung schriftlich Einwendung gegen das Vorhaben erhoben haben. Andere Betroffene sind nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG prakludiert. Wurde hingegen nur ein vereinfachtes oder gar kein immis- sionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchgefuhrt, steht grundsatzlich allen Betroffenen der Klageweg offen.

Anwohner sind jedoch nur dann klagebefugt, wenn die Moglichkeit besteht, dass die Errichtung und der Betrieb der Biogasanlage sog. nachbarschutzende Vor — schriften verletzt, die speziell ihrem Schutz dienen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn einem Nachbarn erhebliche Larm — oder Geruchsimmissionen drohen, die die Schwelle des nach den einschlagigen Regelungen (wie etwa der TA Larm oder der

GIRL) Zumutbaren uberschreiten. Nicht rugen kann der Nachbar dagegen z. B., dass einer Anlage die nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB erforderliche Privilegierung fehle, weil die Biomasse nicht uberwiegend aus dem eigenen Betrieb des Anlagen — betreibers stamme.[29] Denn hierbei handelt es sich um eine allgemeine, bauplanungs — rechtliche Anforderung, die nicht (zumindest auch) den Schutz der Nachbarschaft bezweckt.

Die Klage eines Drittbetroffenen gegen eine nach Immissionsschutzrecht erteilte Genehmigung hat gemafi § 80 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufschiebende Wirkung. Dies bedeutet, dass der Anlagenbetreiber die Genehmigung nicht vollziehen, also nicht mit dem Bau und dem Betrieb der Biogasanlage anfangen darf. Mochte er lange Verzogerungen vermeiden, bleibt dem Anlagen­betreiber in diesem Falle zwar die Moglichkeit, im Wege des einstweiligen Rechts — schutzes eine Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit zu beantragen. Der Antrag ist zunachst gemafi § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO an die zustandige Behorde zu richten, bevor gegebenenfalls nach § 80a Abs. 3 VwGO das zustandige Verwaltungsgericht angerufen werden kann.[30] Hat der Antrag Erfolg, kann der Anlagenbetreiber trotz des laufenden Rechtsstreits mit dem Bau und dem Betrieb der Anlage beginnen. Es besteht in diesem Falle allerdings die Gefahr, dass sich (erst) am Ende des Rechts­streits herausstellt, dass die Errichtung der Biogasanlage rechtlich nicht zulassig war und die Genehmigung nicht hatte ergehen durfen. Wird die angefochtene Genehmigung im Rahmen des Rechtsstreits aufgehoben, ist die bereits errichtete Anlage grundsatzlich zuruckzubauen, so dass der Anlagenbetreiber hier ein nicht unerhebliches Risiko eingeht.