Category Archives: Management von Biogas-Projekten

Forderung der Erzeugung und Nutzung von Biogas und Biomethan

Biogas kann somit als Joker unter den regenerativen Energietragern gelten. Folge — richtig und da es preislich derzeit nicht mit fossilen Vergleichsenergietragern kon — kurrieren kann, bedient sich die Bundesregierung eines umfangreichen Instru — mentenmix zur Forderung der Erzeugung und Nutzung.

Die Erfolgsgeschichte von Biogas ist sehr eng mit dem Erneuerbare-Energien — Gesetz (EEG) verknupft. Sinn und Zweck des erstmals am 1. April 2000 in Kraft getretenen und 2004, 2009 und zum 1. Januar 2012 novellierten Gesetzes ist der Klimaschutz, eine nachhaltige Energieversorgung, die Verringerung der volkswirt — schaftlichen Kosten der Energieversorgung, die Schonung fossiler Ressourcen und die Weiterentwicklung der Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuer — baren Energien. Dazu soll der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung bis zum Jahr 2020 auf 30 % erhoht werden. Zur Erreichung dieser Ziele sieht das EEG erstens den vorrangigen Anschluss von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien an die Stromnetze der allgemeinen Versorgung, zweitens die vorrangige Abnahme, Ubertragung und Verteilung des erzeugten Stroms sowie drit — tens eine garantierte Einspeisevergutung vor, die fur das Jahr der Inbetriebnahme und weitere 20 Jahre zu einem festen Satz garantiert wird. Der auf Basis von Biogas erzeugte Strom kann so, vorbehaltlich der Einhaltung umfangreicher Vergutungs- tatbestande die Effizienz und Umweltvertraglichkeit betreffend, eine auskommliche Vergutung erzielen. Die Biogaseinspeisung wird auf folgende Weise gefordert: Aus einem Gasnetz entnommenes Gas gilt dann als Biomasse, wenn die Menge des entnommenen Gases im Warmeaquivalent der Menge von Biogas entspricht, das an anderer Stelle in das Gasnetz eingespeist worden ist. Der Technologiebonus bzw. ab 2012 der Bonus fur Gasaufbereitung bilden den zusatzlichen Aufwand fur die Aufbereitung ab (EEG 2011).

Fur in das Erdgasnetz eingespeistes Biogas setzt zudem die Gasnetzzugangsver — ordnung entscheidende Impulse. Sie definiert als Ausbauziel die ErschlieBung eines Potenzials von 6 Mrd. Normkubikmetern Biomethan im Jahr 2020 und 10 Mrd. Normkubikmetern im Jahr 2030. Des Weiteren gewahrt die Verordnung vorrangi — gen Netzanschluss und Netzzugang fur Biomethan und regelt die Verantwortlich — keiten und Kostenverteilung zwischen Einspeiser und Netzbetreiber. Letztere wurde in der Neufassung aus dem Jahr 2010 nochmals zugunsten des Anschlusspetenten angepasst: Er tragt bis zu 25 % der Kosten des Netzanschlusses, maximal jedoch 250.000 € (GasNVZ 2010).

Im Warmesektor dient das Erneuerbare-Energien-Warmegesetz (EEWarmeG) als Anreizsystem fur Biomethan. Eigentumer von nach dem 1. Januar 2009 neu errichteten Gebauden sind gemaB dem Gesetz verpflichtet, erneuerbare Energien fur ihre Warmeversorgung zu nutzen. Die Pflicht trifft alle Eigentumer (Private, Staat, Wirtschaft). Ausgenommen sind Gebaude, fur die schon vor dem 1. Januar 2009 ein Bauantrag oder eine Bauanzeige eingereicht wurde. Fur offentliche Gebaude gilt zudem seit der Novellierung des Gesetzes im Mai 2011 eine Nutzungspflicht auch fur Bestandsbauten im Sinne einer Vorbildfunktion. Genutzt werden konnen alle Formen von erneuerbaren Energien, auch in Kombination. Bei der Nutzung von Biogas gilt die Pflicht grundsatzlich als erfullt, wenn der Warmeenergiebedarf des jeweiligen Gebaudes zu 30 % hieraus gedeckt wird (EEWarmeG 2011).

Im Kraftstoffsektor schlieBlich erfahrt Biomethan eine Anreizung uber das Bio — kraftstoffquotengesetz. In diesem Artikelgesetz wird die Beimischung von Bio — kraftstoffen in den Kraftstoff fur Kraftfahrzeuge in Deutschland vorgeschrieben und reguliert. Zum 1. Januar 2007 wurde erstmals eine Mindestquote zur Bei­mischung von Biokraftstoffen eingefuhrt. Derzeit betragt die energetische Gesamt — quote fur Biokraftstoffe 6,25 % der jahrlich in Verkehr gebrachten Kraftstoffe, wobei mindestens 2,8 % der Otto — und 4,4 % der Dieselkraftstoffe als sogenannte Unterquote durch Biokraftstoffe ersetzt werden mussen. Im Zuge der am 18. Juni 2009 beschlossenen Novelle wurde Biomethan in diese Liste mit aufgenommen (BioKraftFAndG 2009).

Risikomanagement bei Biogasprojekten

In der betriebswirtschaftlichen Literatur existiert eine Vielzahl von Interpretations — varianten fur den Begriff des Risikos.[4] Risiko soll hier als negative Abweichung vom Planwert einer Zielgrofie verstanden werden, da sie fur jeden Beteiligten eine Verlustgefahr bedeutet (in Anlehnung an Hupe (1995), S. 46).[5]

Durch das Risikomanagement soll ein systematischer und erfolgsorientierter Ansatz zum Umgang mit Risiken erreicht werden. Dies gilt insbesondere fur Projektfinanzierungen, da die Neuartigkeit und Einzigartigkeit jedes Projekts unbekannten Einflussfaktoren unterliegt, welche zu Risikopositionen fuhren (Hupe 1995). Des Weiteren ergeben sich durch die zukunftsgerichtete Cashflow — Orientierung und die damit verbundene Ruckgriffsbegrenzung auf die Sponsoren spezielle Anforderungen an das Risikomanagement, da hierdurch regelmafiig auch unternehmerische Risiken auf die Fremdkapitalgeber ubertragen werden (Hopfner 1995, S. 166 ff.).

Tab. 2.1

Erfolgsfaktoren einer Projektfinanzierung im Bereich Biogas

1.

Verlasslichkeit und Prognostizierbarkeit des Rechts- und Regulierungsumfeldes/Durchsetzbarkeit von Vertragen

Qualitative

Projekt-Prufung

2.

Einsatz nur von bewahrter Technik

3.

Angemessene Risikozuweisung zu einzelnen Projektbeteiligten

4.

Rechnerische Wirtschaftlichkeit des Vorhabens

4.1

Volatilitaten des Hauptrisikotreiber

4.1.1 Einzahlungen und Auszahlungen

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4.1.2 Volatilitaten

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4.1.3 Makrookonomische Faktoren (i. w. Zinssatzentwicklung)

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4.2

Unsicherheiten uber das Niveau der Prognose fur die Cashflows, so genannte Banking Case Uncertainty (BCU)

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Korrelationen zwischen den Hauptrisikotreibern, insbesondere zwischen den Kosten und Erlosen

CF-Modell/

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Die Bedeutung der Behandlung von Risiken im Zusammenhang mit einer Pro — jektfinanzierung ergibt sich unmittelbar aus ihrem Charakter: Da es allein das Vorhaben ist, das als wirtschaftliche Basis fur die angemessene Eigenkapitalver — zinsung und die Bedienung des Kapitaldienstes dient, ist die Werthaltigkeit und die Robustheit des Projekts von entscheidender Bedeutung. Da das Projekt aber erst sukzessive entsteht, lasst sich die Wirtschaftlichkeit nur per Prognose bestimmen. Da die Perspektive in die Zukunft zunehmend unsicher ist, hat sich die Prognose mit dem Eintritt aller Arten von Einflussen zu befassen, deren Wirkung auf das Projekt einzuschatzen und nach Wegen zu suchen, ob und inwieweit einzelne Pro — jektbeteiligte bereit sind, das Projekt von Risiken freizuhalten.

Dabei lassen sich die Erfolgsfaktoren von Biogasprojekten wie in Tab. 2.1 beschreiben.

Die ersten drei genannten Aspekte — Stabilitat des Rechts — und Regulierungs — umfeldes, Einsatz bewahrter Technik und Risikoallokation — mussen bei jeder Pro — jektfinanzierung vollumfanglich erfullt sein. Sobald diese Anforderungen erfullt sind, geht es letztlich um eine finanzielle Optimierungsaufgabe, die in Abhangigkeit von den Volatilitaten der verschiedenen EinflussgroBen zu losen ist. Der erste Teil der Projektprufung ist damit eher grundsatzlicher Natur, der zweite Teil Gegenstand der Risikoquantifizierung.

Am Anfang des Einsatzes von Projektfinanzierungen steht die Frage nach der grundsatzlichen Geeignetheit der einzusetzenden Technik, die eine klare und lang — fristig stabile Energieproduktion garantieren muss.

Einnahmen

Betriebskosten

Fmanzierungskoslen

Preis

Energiemenge

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Rechts — und

Reguherungs-

umfeld

Ressourcenangeb ot am Starxlon (Wind Sonne Biomasse)

Vertugbarkeit und Zuveriassigkeit der Techmk

z В Bet nebs — und Wartungskosten

Zins und Tilgung der ВиШіи

Zuverlassig und

vortumglbar?

Emschatzung durch Gutachter

Qualitat der WEAs

Grundlage Schatzungen Vertrage und Erfahrungswerte

Weitgehende Fixierurvg bei Financial Close

Abb. 2.5 Einflussfaktoren fur die Wirtschaftlichkeit

die in gleicher oder ahnlicher Weise bei den meisten Projektfinanzierungen zu einer Gefahrdung des Cashflows fuhren konnen und insofern Gegenstand des Risikomanagements sein mussen. Zur Visualisierung ist es haufig hilfreich, die EinflussgroBen der Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens darzustellen, wie wir es in Abb. 2.5 gemacht haben:

Eine zweckmafiige Unterteilung der Risiken kann so erfolgen, dass sie in Bezug auf ihre Inhalte und ihre Ursachen weitgehend uberschneidungsfrei ist und auf die Moglichkeiten ihrer Beeinflussbarkeit durch die verschiedenen Projektbetei — ligten abgestellt wird. Eine solche Gliederung erscheint sinnvoll, da sich in der Praxis unterschiedliche Maflnahmen herausgebildet haben, die die Risiken meist mit einem moglichst engen Bezug zu ihren Ursachen handhaben.[6] Daher wird im Folgenden unterschieden zwischen Risiken, die von der Projektgesellschaft oder anderen Projektbeteiligten kontrolliert werden konnen (projektendogene Risiken) und solchen Risiken, die auflerhalb der Projektbeteiligten auf das Projekt einwirken (projektexogene Risiken). Eine Besonderheit von projektexogenen Risiken stellen Risiken dar, die von keiner der am Projekt beteiligten Parteien kontrolliert werden konnen, so genannte Force-Majeure-Risiken.

Diese Unterteilung ist wirtschaftlich zweckmafiig, da die Methodik der Pro — jektfinanzierung wesentlich darin besteht, belastbare Vertrage zwischen der Pro — jektgesellschaft und zentralen Projektbeteiligten zu strukturieren, die damit Risiken vom Projekt fernhalten. Dies erfordert die vertragliche Einbindung von Projektbe­teiligten in das Projekt, oder anders formuliert: Endogene Risiken sind aus Sicht der Projektgesellschaft besser beherrschbar als exogene Risiken. In Tab. 2.2 haben wir eine Klassifizierung der verschiedenen Projektrisiken angegeben und auch die Abschnitte, die die jeweiligen Teilthemen in diesem Buch behandeln.

Wichtig ist: Es ist die Vertragsstruktur, die bei einzelnen Risikotypen daruber entscheidet, ob es sich um endogene oder exogene Risiken handelt: So uberfuhrt erst die vertragliche Verpflichtung des Abnehmers, Produkte der Projektgesellschaft

Tab. 2.2 Ubersicht uber exogene und endogene Risiken

Endogene Risiken

Exogene Risiken

Fertigstellungsrisiko (4.4)

Technisches Risiko im weiteren Sinne

Management — und Betriebsrisiko (3.2, 3.4)

Ressourcenrisiko (4.2)

Absatzrisiko (3.1)

Zuliefererrisiko (3.3, 4.1)

Abandonrisiko

Marktrisiko (3.1)

Technisches Risiko i. e. S. (4.2, 4.3)

Vertragsrisiko (3.1, 3.2, 3.3, 3.4 und 5.1)

Wechselkursrisiko

Rechts — und Regulierungsumfeld (3.1, 3.3)

Inflationsrisiko

Zinsanderungsrisiko

Force-Majeure-Risiko

zu einem bestimmten Preis, einer bestimmten Menge und Qualitat abzunehmen, ein exogenes Marktrisiko in ein endogenes Absatzrisiko. Die wesentlichen Projek — trisiken haben wir in Tab. 2.2 dargestellt, wobei wir auch jeweils angegeben haben, in welchem Teilabschnitt dieses Buches diese Themen behandelt werden.

In vielen Bereichen haben sich im Laufe der Zeit bestimmte Grundverteilungs — regeln von Risiken etabliert. Da die Technik der Projektfinanzierung fur bestimmte Bereiche, z. B. Offshore-Windenergieprojekten — aber verhaltnismabig neu ist, haben sich bestimmte Grundregeln noch nicht trennscharf herausgebildet und zwingen zu neuen Diskussionen uber eine angemessene Zuordnung von Chancen und Risiken.

Die verschiedenen Einzelrisiken konnen adressiert und durch Einbindung der verschiedenen Projektbeteiligten in ihren Auswirkungen auf das Projekt zumindest gemildert werden. Gleichwohl verbleiben Restrisiken, die uber ubergeordnete Sicherungssysteme aufgefangen werden mussen. Zu diesen Systemen zahlen neben dem Aufbau einer effizienten Informationsstruktur vor allem die Entwicklung einer stabilen Projekt — und Finanzierungsstruktur. Abbildung 2.6 soll die Zusammenhange verdeutlichen.

Fur ein erfolgreiches Risikomanagement ist es wichtig, ausgehend von den identifizierten Risiken eines Projektes deren Auswirkungen auf die okonomische Leistungsfahigkeit und Belastungsfahigkeit zu erfassen. Dadurch lassen sich Erkenntnisse fur die Auswahl der risikopolitischen Mabnahmen und die erfolg — reiche Bewaltigung von Krisensituationen gewinnen. Hierzu bedarf es einer Risikoquantifizierung, die den Einfluss der einzelnen Projektrisiken auf den Cashflow abbildet.

Erkennbar ist aber auch, dass das Thema Risikomanagement eines gemein — schaftlichen Antritts von Spezialisten aus Recht, Technik und Wirtschaft bedarf. Die Projektbeteiligten eines Vorhabens werden die Teilaspekte ihrer Einbindung in der Abb. 2.6 wieder finden, aber erst durch ihr abgestimmtes Zusammenspiel lasst sich ein tragfahiges Projekt entwickeln und realisieren.

Im Anschluss an diese allgemeine Darstellung zum Risikomanagementprozess werden wir im folgenden Abschn. 2.4 die verschiedenen Einzelrisiken skizzieren, die bei Biogasvorhaben von besonderer Bedeutung sind.

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Abb. 2.6 Risikomanagementprozess bei einer Projektfinanzierung — Teil I

Einbindung von Versicherungen in die Finanzierungsstruktur

Ein auf das Projekt bezogenes Risikomanagement bedarf eines zugeschnittenen Versicherungsprogramms wahrend der Errichtungs — und Betriebsphase. Der Erwerb von Versicherungsschutz ist der entgeltliche Transfer bestimmter eigener Risiken in die Bilanzen von Versicherungen. Okonomisch besteht damit kaum ein Unterschied zwischen der Risikoubertragung auf eine Versicherung oder andere Beteiligte, so dass die obigen Uberlegungen zum Risikotransfer auch hier gelten. Dr. Michael Harig stellt im Abschn. 5.1 verschiedene Aspekte der Einbindung von Versicherungen in eine Projektfinanzierungsstruktur vor.

Bei der Einbindung von gewerblichen Versicherungen in ein Risikomanagement — konzept sind folgende Aspekte zu beachten:

1. Bei Projektfinanzierungen gilt ein gestuftes Subsidiaritatsprinzip: Zunachst wird nach okonomischen Prinzipien verhandelt, welche Projektpartei welches Risiko ubernimmt, bevor die Einbindung einer Versicherung erfolgt. Die Entscheidung ob, wann, zu welchen Konditionen und in welchem Umfang ein Risikotransfer vorgenommen werden muss, ist keine isolierte Entscheidung, sondern Teil eines geschlossenen Risikomanagementprozesses.

2. Versicherungen werden den Versicherungsnehmer regelmafiig auf bestimmte Verhaltensweisen und Informationspflichten verpflichten, die wiederum Ruck — wirkung auf die Vertragserfullung auch anderer Vertrage haben werden. Neben den Anforderungen an eine Versicherbarkeit von einzelnen Risiken, die fur die Planbarkeit der Cashflows von grofier Bedeutung ist, tritt die Anforderung, uber den Umfang und die Ausgestaltung der Versicherungen die richtigen Anreize fur die Projektbeteiligten zu setzen.

Bei der Einbindung von Versicherungen in ein Risikomanagementkonzept sind folgende Aspekte zu beachten: Zunachst einmal muss die Versicherung prufen, ob ein Risiko uberhaupt versicherbar ist, wobei verschiedene Prufungsebenen zu unterscheiden sind. In einem ersten Schritt wird gepruft, ob die Risiken anreiz — kompatibel verteilt sind: Dies verlangt, dass Projektbeteiligte, die ein Risiko auch ublicherweise kontrollieren konnen, dies auch im konkreten Einzelfall tun. Umge — kehrt: Eine Versicherung wird beispielsweise kaum ein Fertigstellungsrisiko uber — nehmen, wenn der Anlagenbauer nicht einen wesentlichen Teil dieses Risikos selbst ubernimmt.

Als weitere, versicherungs-mathematische Bedingungen werden dabei der Zufallsgrad eines Schadenseintritts, die eindeutige Zurechenbarkeit des Ver — sicherungsfalls auf ein versichertes Ereignis und die Abschatzbarkeit der finanziellen Konsequenzen bei Risikoeintritt untersucht. Zentral fur die Versicherbarkeit von Projektrisiken ist, dass uberhaupt ein Sachschaden an den versicherten Sachen ent — standen ist und dass dieser unvorhergesehen eingetreten ist. Dies bedeutet zunachst, dass einzelne Teile der Projektanlage zerstort oder beschadigt sein mussen; die blofie Mangelhaftigkeit einer Sache genugt nicht (Hauke und Kottke 2010, S. 60 f.).

Ebenfalls wird kein Versicherungsschutz greifen, wenn ein Schadenereignis unvermeidbar ist und definitiv eintreten wird. Die Zufalligkeit bzw. die Ungewiss — heit uber das Entstehen, den Zeitpunkt und/oder die Schadenhohe sind zwingend erforderlich. Zu den vorhersehbaren Schaden von Windvorhaben zahlen ins — besondere Schaden durch Abnutzung und Verschleifi. Es ist eindeutig, dass einzelne Komponenten — wie etwa der Generator — nur eine begrenzte Lebensdauer aufweisen und damit kein zufalliges Schadensereignis ursachlich ist. Der Ver­sicherungsnehmer muss damit rechnen, dass Verschleifiteile nach einer gewissen Zeit zwangslaufig ausgetauscht werden mussen. Vorhersehbar sind etwa Schaden durch bekannte Mangel, welche nicht versicherbar sind. Sind Mangel bekannt, so ist die Projektgesellschaft verpflichtet, diese zu beseitigen. Ohne Versicherungs­schutz kame der Sachschaden wahrscheinlich gar nicht erst zustande, da sofort Mafinahmen zur Verhinderung eingeleitet worden waren. Aus diesem Grund kann eine Versicherung nicht eine Entschadigung leisten, die grob fahrlassig aufgrund der Kenntnis des Versicherungsschutzes verursacht worden ist.

In der Gesamtbetrachtung erweisen sich Versicherungen als aufierst vielschichtige Strukturelemente fur die Absicherung und Optimierung von Projektfinanzierungen. Sie erlauben unter den beschriebenen Voraussetzungen eine notwendige residuale

Absicherung gegenuber spezifischen Projektrisiken und sind damit ein unverzicht — barer Bestandteil einer Risikoallokation.

Literatur

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Auf einem gutem Weg: Status quo der Marktentwicklung von Biogas

Der Bestand an Biogasanlagen in Deutschland konnte seit dem erstmaligen Inkraft — treten des EEG im Jahr 2000 kontinuierlich ausgebaut werden. Die Steigerungs — raten korrelieren direkt mit der Novellierung des EEG im Jahr 2004 und der letzten Neufassung im Jahr 2009. So umfasste der Biogasanlagenbestand Ende 2010 5.905 Biogasanlagen mit einer installierten elektrischen Anlagenleistung von 2.291 MWel. Die durchschnittliche Anlagenleistung belauft sich somit auf 380 kWel. Absoluter Spitzenreiter hinsichtlich der Anlagenzahl ist Bayern mit 2.030 installierten Biogasanlagen, was auf die Anreizsetzung fur den Zubau kleinerer und mittlerer Biogasanlagen unter 200 kWel zuruckzufuhren ist. Hinsichtlich der installierten Leistung fuhrt Niedersachsen mit 560 MWel. Der Fachverband Biogas

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Abb. 1.2 Entwicklung Biogaserzeugung seit 1999. (dena 2011, auf Basis Fachverband Biogas e. V. 2011a)

geht davon aus, dass sich die Zubauraten auch 2011 weiter kontinuierlich steigern werden, so dass fur Ende 2011 ein Bestand von 7.000 Biogasanlagen und eine installierte Leistung von 2.728 MWel prognostiziert werden (Fachverband Biogas e. V. 2011a). Die bisherige Marktentwicklung kann somit als sehr positiv bewertet werden. Auch im internationalen Vergleich ist Deutschland unangefochtener Spitzenreiter hinsichtlich der Erzeugung und Nutzung von Biogas.

Relevante Einzelrisiken — Zuweisung von Verantwortlichkeiten

Wie eingangs beschrieben, erfordert eine erfolgreiche Projektfinanzierung eine angemessene vertragliche Einbindung der Projektbeteiligten.

Das Grundprinzip eines an den Handlungsanreizen orientierten Risk Sharings bei einer Projektfinanzierung ist, der Partei das Risiko zuzuordnen, die den Risiko — eintritt am besten beeinflussen kann. Bei risikoaversen Projektbeteiligten ist bei dieser Risikoubertragung allerdings der Trade-Off mit der vom jeweiligen Vertrags — partner eingeforderten Risikopramie zu berucksichtigen. Es gibt Falle, in denen es sich nicht lohnt, Handlungsanreize zu setzen, weil die Pramie dafur zu hoch ware. Im Ergebnis kommt es nicht auf einen maximalen, sondern auf einen optimalen Risikotransfer an, der gerade ausreicht, die gewunschten effizienten Handlungs — anreize zu setzen.

Wesentlich ist, der beauftragten Partei ein Anreizschema zu geben, das sie aus eigenem Interesse zu dem gewunschten Verhalten anhalt. Dafur muss sie in aller Regel am Erfolg und damit auch am Risiko des jeweiligen Vorhabens beteiligt werden und zwar unabhangig davon, uber welche Risikotragfahigkeit sie verfugt. Die Vereinbarungen zur Risikoallokation bilden ein komplexes Anreizschema, das die Interessen der Projektbeteiligten harmonisieren und auf den Erfolg des Projekts ausrichten soll. Danach noch verbleibende Risiken konnen nach dem Kriterium der Risikotragfahigkeit verteilt werden, also z. B. an Versicherungen ausgelagert werden oder bei den Financiers verbleiben. Zunachst kommt es aber darauf an, eine Vertragsstruktur zu finden, bei der sich alle Beteiligten fur das Projekt einsetzen.

Welche Vertrage sich hierfur eignen, hangt davon ab, was zum Verhalten der einzelnen Parteien gerichtsfest feststellbar ist.

In diesem Abschnitt werden die branchenspezifischen Besonderheiten von Biogas-Vorhaben mit dem traditionellen Risikomanagementprozess einer Pro — jektfinanzierung verzahnt. Die Darstellung ermittelt fur verschiedene Formen von Biogasprojekten das jeweilige Risikoprofil und beschreibt geeignete MaBnahmen zur Risikobewaltigung. Dazu starten wir zunachst mit zwei exogenen Risikofeldern und betrachten danach die Risikofelder, die durch die Einbindung von Projektbetei — ligten besser kontrollierbar erscheinen. Der Abschnitt endet mit einer bewertenden Zusammenfassung der betrachteten Einzelrisiken (Abschn. 2.4.7).

In Abschn. 5.2 erfolgt die Risikoquantifizierung, bei der die zuvor dar — gestellten Risikopotenziale der Einzelrisiken ganzheitlich untersucht werden und unter diesen Aspekten eine tragfahige Finanzierungsstruktur entwickelt wird. Die Risikoquantifizierung erfolgt anhand eines Fallbeispiels.

Rechtliche und sozio-okonomische Rahmenbedingungen

2.1 Das deutsche Regulierungssystem fur Biogas — Genehmigung, Vergutungssystem und Netzzugang

Dr. Andreas Gabler, Dr. Florian-Alexander Wesche,

Dr. Jorn Kassow

2.1.1 Genehmigungsrecht

Das Planungs — und Genehmigungsrecht ist fur die Errichtung von Anlagen, die einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegen, von erheblicher Bedeutung, da ohne das Vorliegen der erforderlichen planungs- und genehmigungs — rechtlichen Voraussetzungen die Errichtung und der Betrieb dieser Anlagen nicht zulassig sind. In der Praxis wird die Relevanz dieses Rechtsgebiets gleichwohl haufig unterschatzt.

Dass Anlagen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht unter — stellt werden, findet seine Rechtfertigung letztlich darin, dass der Betrieb solcher Anlagen regelmafiig mit erheblichen Immissionen verbunden ist. Auch wenn Bio — gasanlagen — anders als beispielsweise Steinkohlekraftwerke — nicht zu den Anlagen gehoren, bei deren Errichtung regelmafiig uberregionaler Protest (etwa auch von Umweltverbanden) zu erwarten ist, ist es allein schon wegen der mit Biogasanlagen verbundenen Geruchsimmissionen doch auch nicht selten, dass solche Projekte von Anwohnern im Klagewege angegriffen werden. Stellt sich (erst) vor Gericht heraus, dass die Genehmigung und/oder ein etwa erforderlicher Bebauungsplan nicht den rechtlichen Anforderungen genugt und daher aufzuheben ist, droht dem Vorhabentrager zumindest eine wesentliche zeitliche Verzogerung, wenn nicht gar — im Extremfall — das endgultige Aus fur sein Projekt, wie sich bei­spielsweise gerade anschaulich im Falle der „Investitionsruine Datteln“ zeigt.[18] Die
sorgfaltige Vorbereitung des Projekts auch im Hinblick auf die Fragen des offent — lichen Planungs — und Genehmigungsrechts ist damit von entscheidender Bedeutung fur seine erfolgreiche Umsetzung.[19]

2.1.1.1 Einleitung

Im Rahmen der nachfolgenden Ausfuhrungen soll zunachst erlautert werden, welche Genehmigung(en) fur die Errichtung einer Biogasanlage erforderlich ist (bzw. sind) und welches Verfahren zum Erlangen dieser Genehmigung(en) zu durchlaufen ist.

Sodann soll aufgezeigt werden, welches die wesentlichen materiellen Anfor — derungen an eine solche Anlage sind, um die Genehmigung(en) zu erhalten und die Anlage im Einklang mit den rechtlichen Anforderungen betreiben zu konnen.

SchlieBlich soll kurz auf die moglichen Folgen eines illegalen Anlagenbetriebs sowie die bestehenden Rechtsschutzmoglichkeiten fur den Anlagenbetreiber und Dritte eingegangen werden.

GroBe Ziele, weiter Weg: Status quo der Marktentwicklung von Biomethan

Der Markt fur die Biogaseinspeisung in Deutschland ist vergleichsweise jung: Die ersten beiden Anlagen zur Biogaseinspeisung in Deutschland wurden Ende 2006 in Betrieb genommen. Im Jahr 2007 wurden weitere vier Anlagen zugebaut. Im Oktober 2011 speisen nach Informationen der dena 59 Anlagen in das Erd — gasnetz ein. Ende 2011 werden nach derzeitigem Planungsstand voraussichtlich etwa 100 Anlagen mit einer stundlichen Einspeisung von ca. 64.000 Normkubik — metern Biomethan am Netz sein. Bis 2012 ist derzeit ein Zuwachs auf 117 Anlagen mit rund 73.000 Normkubikmetern und bis 2013 auf 128 Anlagen mit rund 79.000 Normkubikmetern Einspeiseleistung pro Stunde geplant. Die durchschnitt — liche Aufbereitungskapazitat der Biomethananlagen betragt ca. 700 Normkubik — meter pro Stunde.

Auch wenn die Biogaseinspeisung somit bereits auf erste erfolgreiche Schritte zuruckblicken kann — um die Ziele der Bundesregierung von 6 Mrd. Kubikmetern im Jahr 2020 zu erreichen, ist es noch ein weiter Weg. Hierzu ware ein jahrlicher

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Abb. 1.3 Entwicklung der Biomethanerzeugung seit 2006. (dena 20121)

Zubau von etwa 120 Anlagen bei einer durchschnittlichen Aufbereitungskapazitat erforderlich.

Der Anlagenzubau der letzten Jahre war im Wesentlichen determiniert von der sich trotz der implementierten Anreizinstrumente schleppend prasentierenden Situation auf den Absatzmarkten fur Biomethan:

Die warmegefuhrte BHKW-Verstromung ist gegenwartig der bedeutendste Absatzmarkt fur Biomethan. Mafigeblich beeinflusst wird dieser Markt durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Dieses setzt konkrete Impulse zur Anrei — zung des Einsatzes von Biomethan in Kraft-Warme-Kopplungs-Anlagen, da dieser Absatzweg aus Perspektive des Klimaschutzes die effizienteste Nutzung fur Biome­than darstellt. Wenngleich die Mehrheit der erzeugten Biomethanmengen in Block — heizkraftwerken nach EEG verwertet wird, ist die Entwicklung in diesem Sektor hinter den Erwartungen zuruckgeblieben. Vor dem Hintergrund der aktuell niedrigen Erdgaspreise ist die Entwicklung von wirtschaftlich attraktiven Standorten deutlich schwieriger als etwa noch vor zwei Jahren. Daruber hinaus ist das Produkt Bio­methan komplex und bedarf eines relativ umfangreichen Vorwissens, uber das viele potenzielle Marktteilnehmer derzeit noch nicht verfugen (dena 2011a). Transparenz und Standardisierung hinsichtlich des Prozesses der Nachweisfuhrung schafft seit Februar 2011 das Biogasregister Deutschland, ein IT-basiertes Dokumentations- system, das die dena gemeinsam mit fuhrenden Akteuren der Biomethanbranche entwickelt hat (dena 2011b).

Der Warmemarkt wird einerseits durch Anreizung durch das Erneuerbare-Ener — gien-Warmegesetz (EEWarmeG) bestimmt und andererseits durch Okogasprodukte 1 Die Ubersicht zur Marktentwicklung der Biogaseinspeisung in Deutschland auf der Website des Projekts biogaspartner der dena (www. biogaspartner. de) wird regelmafiig aktualisiert.

auf freiwilliger Basis. Beide Anwendungsfalle stellen derzeit eher „schlafende Rie — sen“ dar. Vom EEWarmeG geht nur ein geringer Impuls zum Einsatz von Biomethan aus, da der Gebaudebestand von den hier greifenden gesetzlichen Regelungen weit — gehend ausgeschlossen ist. Daruber hinaus wird Biomethan bundesweit im Warme — markt in sogenannten Beimischprodukten (zwischen 5 und 30 % Biomethananteil im Erdgasbezug) sowie durch einzelne Anbieter auch als 100 %-Produkt angeboten. Insbesondere von Interesse ist dies fur Biomethan, das auf Basis von Reststoffen erzeugt wurde, oder fur nicht nach dem EEG vergutungsfahiges Biogas. Ahnlich den „Grunstrom“-Angeboten im Stromsektor, besteht bei privaten Endkunden eine prinzipielle Bereitschaft, fur Beimischungen von Biomethan einen Aufpreis auf den Erdgaspreis zu zahlen. Laut einer Umfrage der Hochschule Hildesheim unter 1.000 Endverbrauchern sagten 75 % der Befragten aus, prinzipiell Interesse am Bezug von Biomethan zu haben. 37 % waren daruber hinaus bereit, mehr fur ein solches Produkt zu bezahlen. Die Zahl der Anbieter, die derartige freiwillige Okogaspro — dukte anbieten, nimmt demzufolge bestandig zu (dena 2011a). Die dort absetzbaren Biomethanmengen sind jedoch aufgrund der durch Kostendruck bestimmten im Normalfall niedrigen Beimischungsquoten vergleichsweise gering.

Auch der Kraftstoffsektor stellt sich derzeit noch als Nischenmarkt fur Biome­than dar. Zwar zeichnet sich Biomethan unter den Biokraftstoffen durch besondere Effizienz aus; die bislang nur schwach ansteigende Anzahl der Erdgasfahrzeuge in Deutschland jedoch grenzt diesen Wachstumspfad derzeit ein: In 2010 betrug der Anteil von Erdgas als Kraftstoff am Gesamtkraftstoffverbrauch ca. 0,3 %, aktuell werden lediglich 89.000 der insgesamt rund 51 Mio. Fahrzeuge mit Erdgas betrie — ben (dena 2011c).

Das Rechts — und Regulierungsumfeld in Deutschland

Wie bereits eingangs beschrieben, kommt der Stabilitat und Verlasslichkeit des Regulierungsumfeldes eine herausragende Bedeutung zu. Dabei muss man bei Biogas-Projekten bedenken, dass sich die gesetzlichen Bestimmungen nicht allein in recht ausgefacherten Fordermoglichkeiten erschopfen, sondern daruber eine Reihe von Rechtsnormen zu beachten sind, die fur die Durchfuhrung und den Betrieb eines Biogasprojektes relevant sind. Dies ist auch der Grund, dass wir das Rechtsumfeld in dieser Darstellung recht umfangreich darstellen. Dabei gehen wir davon aus, dass das Vorhaben eine GroBe erreicht, die ein immissionsschutzrecht — liches Genehmigungsverfahren notwendig macht.

Aus diesem Grund nehmen wir eine Differenzierung der Darstellung der recht — lichen Rahmenbedingungen vor: In einem ersten Teil stellen Dr. Andreas Gabler, Dr. Florian Wesche und Dr. Jorn Kassow die gesetzlichen und offentlich-recht — lichen Grundlagen einer Biogasnutzung vor. Dies beinhaltet die Darstellung der Genehmigungen, der Vergutungsregelungen und des Netzzugangs. Kerstin Semmler stellt im Anschluss die zentralen wirtschaftlichen Rechtsvertrage und ihre recht — lichen Implikationen vor. Dr. Thorsten Gottwald und Dr. Sophie Oldenburg weisen im Anschluss auf besondere rechtliche Fallstricke bei der Gestaltung von Vertragen im Biogas-Bereich hin.

Zentrale Bedeutung fur die Wirtschaftlichkeit eines Biogasprojektes haben in diesem Zusammenhang die nationalen Branchen-Regulierungen, die regelmaBig in Form von Mindestpreissystemen ausgestaltet sind und eine vorrangige Abnahme — pflicht fur „grunen Strom“ vorsehen.

Im Bereich der nach dem EEG verguteten Biomasseverstromung ist seit dem Inkrafttreten des EEG 2004 eine besondere Dynamik zu verzeichnen. Die Anlagen — anzahl stieg von 2.000 in 2004 auf etwa 7.000 Ende 2011, wobei sich die elektrische Gesamtleistung im gleichen Zeitraum auf 2.728 MWel mehr als versieben fachen wird. Treiber dieser Entwicklung ist die Einfuhrung eines Bonus fur nachwachsende

Rohstoffe (NawaRo-Bonus), der derzeit von rund 90 % aller Biogasanlagen in Anspruch genommen wird.[7] Dabei handelt es sich sowohl um Neuanlagen, als auch um Altanlagen, die auf den Einsatz industrieller und landwirtschaftlicher Reststoffe umgestellt wurden.

Die Vergutung fur Strom aus Biomasse ist uberaus komplex, was wiederum mit den vielfaltigen Einsatzstoffen, Anwendungsmoglichkeiten und technischen Ver — fahren zusammenhangt. Neben der auch hier bedeutsamen EEG-Regelung, auf die gleich eingegangen wird,[8] ist insbesondere die Umsetzung des Integrierten Energie — und Klimaprogramms (IEKP) der Bundesregierung zu nennen. Durch die Umsetzung der geanderten Gasnetzzugangsverordnung im April 2008 wurden die Bedingungen wesentlich verbessert und die Zielsetzung fur den Ausbau der Biogas — einspeisung konkretisiert: Bis zum Jahr 2020 sollen jahrlich 60 Mrd. kWh Biogas und bis zum Jahr 2030 100 Mrd. kWh Biogas in das Gasnetz eingespeist werden. Da aufbereitetes und eingespeistes Biogas derzeit noch nicht konkurrenzfahig zu Erdgas ist, nutzt die Politik einen Instrumentenmix, um die Nachfragemarkte zu entwickeln. Zu diesen Instrumenten zahlen neben dem EEG das Warmegesetz (EEWarmeG), die Gasnetzzugangsverordnung und das Marktanreizprogramm (MAP).

Das Warmegesetz legt fest, dass spatestens im Jahr 2020 14 % des Warmever — brauchs in Deutschland aus erneuerbaren Energien stammen mussen. Wesentliche Elemente des Gesetzes sind die Nutzungspflicht fur erneuerbare Energien, die finanzielle Forderung und der Ausbau von Warmenetzen. Im Zuge der Verord — nung zur Forderung der Einspeisung von Biogas wurde im April 2008 auch die Gasnetzzugangsverordnung geandert. Ziel der Neuregelung ist es, die Einspeisung von 6 Mrd. Kubikmetern Biomethan bis 2020 und 10 Mrd. Kubikmetern bis zum Jahr 2030 zu ermoglichen. Biogas soll dabei verstarkt in der Kraft-Warme-Kopp — lung und als Kraftstoff eingesetzt werden. Das Marktanreizprogramm sieht unter anderem Unterstutzungen fur Biogasaufbereitungsanlagen und Biogasleitungen fur unaufbereitetes Biogas vor. Diese Forderung ist nicht mit anderen Forderungen aus offentlichen Mitteln kumulierbar und bis Ende 2010 befristet.

Die EEG-Vergutungsvorschrift ist so aufgebaut, dass zunachst einheitlich fur alle Anlagen eine Grundvergutung zu zahlen ist. Daneben konnen verschiedene Boni beantragt werden, wobei die Voraussetzungen fur die Boni in sich recht kom­plex sind und bei ihrer Anwendung eine Reihe von rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen aufwerfen. Die Detaillierung dieser Regelungen und ihre Voraussetzungen werden in Abschn. 3.1 umfangreich dargestellt, hier nur so viel: Die Grundver­gutung, die einer jahrlichen Degression unterliegt, gilt fur die gesamte Vergutungs — dauer in unveranderter Hohe. Von der Degression sind auch samtliche Boni — mit Ausnahme des KWK-Bonus nach dem Warmekonzept des EEG 2004 — betroffen.

Uber das Vergutungssystem hinaus hat der deutsche Gesetzgeber durch die geanderte Gasnetzzugangsverordnung und die Gasnetzentgeltverordnung die

Moglichkeiten verbessert, Biogas in das Gasnetz einzuspeisen und das Aquivalent an anderer Stelle wieder zu entnehmen, so dass eine raumliche Trennung der Biogaserzeugung von der Stromproduktion moglich ist.

Das Vergutungssystem gibt einen ersten Eindruck uber die Attraktivitat des deutschen EEG. Vorrangig muss aber sichergestellt werden, dass das Vorhaben mit allen Rechten versehen ist, um errichtet und wie geplant betrieben werden zu konnen (s. Abschn. 3.1). Zudem muss die Rechtsordnung es zulassen, dass die jeweiligen Projektvertrage auch durchgesetzt werden konnen. Damit kommen der Ausgestaltung zentraler Projektvertrage (s. Abschn. 3.2) eine herausragende Bedeutung zu.

Basis eines Engagements in Projekte ist das Vertrauen darin, dass ein einmal gesteckter rechtlicher Rahmen auch fur die Laufzeit des Projektes respektiert wird und nicht nachtraglich auch fur bestehende Engagements geandert wird. Dieses Thema, das in der Literatur unter dem Aspekt der „unechten Ruckwirkung“ dis — kutiert wird, hat gegen Jahresende 2010 eine ungeahnte aktuelle Bedeutung erlangt, nachdem die spanische Regierung ein Dekret erlassen hat, das unmittelbar Ein — fluss auf bestehende Solarvorhaben nimmt und unter anderem eine projektbezogene Absenkung der Vergutung in den Jahren 2011 bis 2014 zwischen 10 und 20 % vor — sieht.

Die aus einem Projekt und seinem Regulierungssystem erwarteten Cashflows konnen durch Veranderungen auf der Kostenseite wesentlich beeinflusst werden. Wahrend eine Vielzahl von Projektkosten weitgehend vertraglich fixiert und damit gut planbar ist, kann uber eine ungesicherte Zinsposition ein erhebliches finanzielles Risiko auf ein Projekt einwirken.

Genehmigungspflichten fur die Errichtung, Anderung und den Betrieb von Biogasanlagen

Sowohl die Errichtung als auch die Anderung von Biogasanlagen sind in der Regel genehmigungspflichtig. In vielen Fallen — namentlich bei Anlagen der vor — liegend interessierenden GroBenordnung — wird eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) erforderlich sein. In anderen Fallen — insbesondere bei kleineren Biogasanlagen — reicht hin — gegen schon eine einfache Baugenehmigung aus.

Zum Teil konnen auch weitere Genehmigungen notwendig sein, etwa eine wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung, die stets isoliert ergehen muss.

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung

Einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedarf gemaB § 4 Abs. 1 BImSchG die Errichtung solcher Anlagen, die „auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem MaBe geeignet sind, schadliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefahrden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belastigen“.

Diese allgemeine Regelung wird durch den Anhang zur 4. BImSchV[20] kon- kretisiert, in dem die immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtigen Anlagen enumerativ und abschlieBend aufgefuhrt werden. Abhangig von Faktoren wie der Feuerungswarmeleistung, der Menge und Art der eingesetzten Substrate und Abfallstoffe, der Kapazitat der Lagerbehalter und dem moglichen Zusammen- hang mit groBeren landwirtschaftlichen (Tierhaltungs-)Anlagen werden die von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht erfassten Anlagentypen in zwei verschiedenen Spalten aufgelistet. Fur die in Spalte 1 gelisteten Anlagen

Tab. 3.1 Faktoren, die eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung auslosen

Anhang zur 4. BImSchV

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung

Formliches Verfahren

Vereinfachtes Verfahren

Feuerungswarmeleistung einer zum Zwecke der Stromerzeugung mit dem erzeugten Biogas betriebenen Gasturbine (Nr. 1.1, 1.2 bzw. 1.5)

> 50 MW

> 1 MW

Anlagen zur biologischen Behan — dlung von gefahrlichen Abfallen (Nr. 8.6 a)

> 10 t Durchsatzleistung pro Tag

> 1 t Durchsatzleistung pro Tag

Anlagen zur biologischen Behand — lung von nicht gefahrlichen Abfallen (Nr. 8.6 b)

> 50 t Durchsatzleistung pro Tag

> 10 t Durchsatzleistung pro Tag

Anlagen zur zeitweisen Lagerung von gefahrlichen Abfallen (Nr. 8.12)

Aufnahmekapazitat von > 10 t pro Tag oder Gesamtlagerkapazitat von > 150 t

Aufnahmekapazitat von > 1 t pro Tag oder Gesamt- lagerkapazitat von > 30 t

Anlagen zur zeitweisen Lagerung von nicht gefahrlichen Abfallen (Nr. 8.12 b)

Gesamtlagerkapazitat von > 100 t

Anlagen zur Lagerung von Gulle (Nr. 9.36)

Lagerkapazitat von > 6.500 m3

Errichtung der Biogasanlage als Nebeneinrichtung einer genehmi — gungsbedurftigen Tierhaltungsan — lage (Nr. 7.1 i. V. m. § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV)[21]

Abhangig von der GroBe der Tierhaltungs — anlage z. B. ab 2.000 Mastschweineplatzen

Abhangig von der GroBe der Tierhaltung — sanlage, z. B. ab 1.500 Mastschweineplatzen

ist ein formliches, fur in Spalte 2 gelistete Anlagen lediglich ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren erforderlich. Ist eine Anlage in keiner der beiden Spalten aufgefuhrt, ist sie aus immissionsschutzrechtlicher Sicht genehmigungsfrei und bedarf nur einer Baugenehmigung.

Tabelle 3.1 gibt eine Ubersicht uber einige der wichtigsten Faktoren, die vor — liegend eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht auslosen konnen.

Die Akteure des Biogasmarkts

Abschliefiend zu dieser Betrachtung des Status quo des Biogasmarkts sei noch kurz der Blick auf die Akteure dieses Markts gerichtet. In den vergangenen Jahren lasst sich hier eine beeindruckende Entwicklung feststellen: Die deutsche Biogasindustrie hat im Bereich der Erzeugung und Verwertung von Biogas eine Vorreiterrolle inne. Deutschland ist sowohl Markt — als auch Technologiefuhrer, speziell im Bereich der Vergasung auf Basis von organischen Abfallen und nachwachsenden Rohstoffen. Die Exportrate liegt bei 10 %. Mit dem Bau und dem Betrieb von Biogasanlagen sind sehr positive strukturelle Entwicklungen in den landlichen Regionen und die Schaffung von Arbeitsplatzen verbunden. So waren im Jahr 2010 nach Schatzungen des Fachverbandes Biogas 39.100 Menschen in der deutschen Biogasindustrie beschaftigt. Insgesamt wurden im Jahr 2010 in der Bundesrepublik schatzungs — weise 5,1 Mrd. € mit Biogas umgesetzt (Fachverband Biogas e. V. 2011a).

Die Akteursstruktur der im Biogasbereich aktiven Unternehmen weist eine ver­gleichsweise hohe Diversitat auf. So haben sich sowohl uberregional agierende Energieversorger in diesem Themenfeld bereits positioniert, als auch regionale, eher mittelstandisch gepragte Akteure. Da Projekte der Biogas — und Biomethaner — zeugung eine relativ lange, komplexe Wertschopfungskette aufweisen, kooperieren

haufig mehrere Unternehmen bei deren Umsetzung. So ist die Biogaserzeugung gepragt von Kooperationen zwischen Landwirtschaft und Energiewirtschaft. Ins — besondere im Bereich Handel und Absatz von Biomethan haben sich zudem in der jungeren Vergangenheit einige Neu — oder Ausgrundungen mit speziellen Dienstleis — tungen etabliert. Vermehrt lasst sich auch ein zunehmendes Interesse an der Projekt — umsetzung durch Stadtwerke und Kommunen feststellen.

Im Januar 2011 beging die traditionelle Jahrestagung des Fachverbandes Biogas ihr 20. Jubilaum. Die 342 Aussteller und 6.911 Besucher der Tagung und der beglei — tenden Fachmesse zeigen deutlich, dass sich die Biogasindustrie zu einer etablierten und florierenden Branche entwickelt hat (Fachverband Biogas e. V. 2011b).