Das Rechts — und Regulierungsumfeld in Deutschland

Wie bereits eingangs beschrieben, kommt der Stabilitat und Verlasslichkeit des Regulierungsumfeldes eine herausragende Bedeutung zu. Dabei muss man bei Biogas-Projekten bedenken, dass sich die gesetzlichen Bestimmungen nicht allein in recht ausgefacherten Fordermoglichkeiten erschopfen, sondern daruber eine Reihe von Rechtsnormen zu beachten sind, die fur die Durchfuhrung und den Betrieb eines Biogasprojektes relevant sind. Dies ist auch der Grund, dass wir das Rechtsumfeld in dieser Darstellung recht umfangreich darstellen. Dabei gehen wir davon aus, dass das Vorhaben eine GroBe erreicht, die ein immissionsschutzrecht — liches Genehmigungsverfahren notwendig macht.

Aus diesem Grund nehmen wir eine Differenzierung der Darstellung der recht — lichen Rahmenbedingungen vor: In einem ersten Teil stellen Dr. Andreas Gabler, Dr. Florian Wesche und Dr. Jorn Kassow die gesetzlichen und offentlich-recht — lichen Grundlagen einer Biogasnutzung vor. Dies beinhaltet die Darstellung der Genehmigungen, der Vergutungsregelungen und des Netzzugangs. Kerstin Semmler stellt im Anschluss die zentralen wirtschaftlichen Rechtsvertrage und ihre recht — lichen Implikationen vor. Dr. Thorsten Gottwald und Dr. Sophie Oldenburg weisen im Anschluss auf besondere rechtliche Fallstricke bei der Gestaltung von Vertragen im Biogas-Bereich hin.

Zentrale Bedeutung fur die Wirtschaftlichkeit eines Biogasprojektes haben in diesem Zusammenhang die nationalen Branchen-Regulierungen, die regelmaBig in Form von Mindestpreissystemen ausgestaltet sind und eine vorrangige Abnahme — pflicht fur „grunen Strom“ vorsehen.

Im Bereich der nach dem EEG verguteten Biomasseverstromung ist seit dem Inkrafttreten des EEG 2004 eine besondere Dynamik zu verzeichnen. Die Anlagen — anzahl stieg von 2.000 in 2004 auf etwa 7.000 Ende 2011, wobei sich die elektrische Gesamtleistung im gleichen Zeitraum auf 2.728 MWel mehr als versieben fachen wird. Treiber dieser Entwicklung ist die Einfuhrung eines Bonus fur nachwachsende

Rohstoffe (NawaRo-Bonus), der derzeit von rund 90 % aller Biogasanlagen in Anspruch genommen wird.[7] Dabei handelt es sich sowohl um Neuanlagen, als auch um Altanlagen, die auf den Einsatz industrieller und landwirtschaftlicher Reststoffe umgestellt wurden.

Die Vergutung fur Strom aus Biomasse ist uberaus komplex, was wiederum mit den vielfaltigen Einsatzstoffen, Anwendungsmoglichkeiten und technischen Ver — fahren zusammenhangt. Neben der auch hier bedeutsamen EEG-Regelung, auf die gleich eingegangen wird,[8] ist insbesondere die Umsetzung des Integrierten Energie — und Klimaprogramms (IEKP) der Bundesregierung zu nennen. Durch die Umsetzung der geanderten Gasnetzzugangsverordnung im April 2008 wurden die Bedingungen wesentlich verbessert und die Zielsetzung fur den Ausbau der Biogas — einspeisung konkretisiert: Bis zum Jahr 2020 sollen jahrlich 60 Mrd. kWh Biogas und bis zum Jahr 2030 100 Mrd. kWh Biogas in das Gasnetz eingespeist werden. Da aufbereitetes und eingespeistes Biogas derzeit noch nicht konkurrenzfahig zu Erdgas ist, nutzt die Politik einen Instrumentenmix, um die Nachfragemarkte zu entwickeln. Zu diesen Instrumenten zahlen neben dem EEG das Warmegesetz (EEWarmeG), die Gasnetzzugangsverordnung und das Marktanreizprogramm (MAP).

Das Warmegesetz legt fest, dass spatestens im Jahr 2020 14 % des Warmever — brauchs in Deutschland aus erneuerbaren Energien stammen mussen. Wesentliche Elemente des Gesetzes sind die Nutzungspflicht fur erneuerbare Energien, die finanzielle Forderung und der Ausbau von Warmenetzen. Im Zuge der Verord — nung zur Forderung der Einspeisung von Biogas wurde im April 2008 auch die Gasnetzzugangsverordnung geandert. Ziel der Neuregelung ist es, die Einspeisung von 6 Mrd. Kubikmetern Biomethan bis 2020 und 10 Mrd. Kubikmetern bis zum Jahr 2030 zu ermoglichen. Biogas soll dabei verstarkt in der Kraft-Warme-Kopp — lung und als Kraftstoff eingesetzt werden. Das Marktanreizprogramm sieht unter anderem Unterstutzungen fur Biogasaufbereitungsanlagen und Biogasleitungen fur unaufbereitetes Biogas vor. Diese Forderung ist nicht mit anderen Forderungen aus offentlichen Mitteln kumulierbar und bis Ende 2010 befristet.

Die EEG-Vergutungsvorschrift ist so aufgebaut, dass zunachst einheitlich fur alle Anlagen eine Grundvergutung zu zahlen ist. Daneben konnen verschiedene Boni beantragt werden, wobei die Voraussetzungen fur die Boni in sich recht kom­plex sind und bei ihrer Anwendung eine Reihe von rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen aufwerfen. Die Detaillierung dieser Regelungen und ihre Voraussetzungen werden in Abschn. 3.1 umfangreich dargestellt, hier nur so viel: Die Grundver­gutung, die einer jahrlichen Degression unterliegt, gilt fur die gesamte Vergutungs — dauer in unveranderter Hohe. Von der Degression sind auch samtliche Boni — mit Ausnahme des KWK-Bonus nach dem Warmekonzept des EEG 2004 — betroffen.

Uber das Vergutungssystem hinaus hat der deutsche Gesetzgeber durch die geanderte Gasnetzzugangsverordnung und die Gasnetzentgeltverordnung die

Moglichkeiten verbessert, Biogas in das Gasnetz einzuspeisen und das Aquivalent an anderer Stelle wieder zu entnehmen, so dass eine raumliche Trennung der Biogaserzeugung von der Stromproduktion moglich ist.

Das Vergutungssystem gibt einen ersten Eindruck uber die Attraktivitat des deutschen EEG. Vorrangig muss aber sichergestellt werden, dass das Vorhaben mit allen Rechten versehen ist, um errichtet und wie geplant betrieben werden zu konnen (s. Abschn. 3.1). Zudem muss die Rechtsordnung es zulassen, dass die jeweiligen Projektvertrage auch durchgesetzt werden konnen. Damit kommen der Ausgestaltung zentraler Projektvertrage (s. Abschn. 3.2) eine herausragende Bedeutung zu.

Basis eines Engagements in Projekte ist das Vertrauen darin, dass ein einmal gesteckter rechtlicher Rahmen auch fur die Laufzeit des Projektes respektiert wird und nicht nachtraglich auch fur bestehende Engagements geandert wird. Dieses Thema, das in der Literatur unter dem Aspekt der „unechten Ruckwirkung“ dis — kutiert wird, hat gegen Jahresende 2010 eine ungeahnte aktuelle Bedeutung erlangt, nachdem die spanische Regierung ein Dekret erlassen hat, das unmittelbar Ein — fluss auf bestehende Solarvorhaben nimmt und unter anderem eine projektbezogene Absenkung der Vergutung in den Jahren 2011 bis 2014 zwischen 10 und 20 % vor — sieht.

Die aus einem Projekt und seinem Regulierungssystem erwarteten Cashflows konnen durch Veranderungen auf der Kostenseite wesentlich beeinflusst werden. Wahrend eine Vielzahl von Projektkosten weitgehend vertraglich fixiert und damit gut planbar ist, kann uber eine ungesicherte Zinsposition ein erhebliches finanzielles Risiko auf ein Projekt einwirken.