Die Einbindung des Rating-Verfahrens

Wie wir oben dargestellt haben, sind das Cashflow-Modell und das Rating-Ver — fahren zwei ineinander greifende methodische Verfahren, deren Ziel es letztlich ist, eine fur ein Projekt aus Risikoaspekten angemessene Risikostruktur zu ermitteln.

Dabei dient das Cashflow-Modell einer ersten Abschatzung der Projektbelast — barkeit und Wirtschaftlichkeit und das Rating-Verfahren ermoglicht es dann, den Cashflow-Verlauf innerhalb einer Simulation zu bewerten. Das Rating-Ergebnis kor — respondiert mit einer Risikobepreisung. Sofern diese von der im Cashflow-Modell verwandten Risikobepreisung abweicht, die ja zunachst eine Schatzgrofie abbildet, muss das Modell angepasst und die Simulationsrechnung wiederholt werden. Im Bedarfsfall muss dieser Prozess so lange wiederholt werden, bis Cashflow — Modell und Rating-Verfahren von denselben Angaben ausgehen. Insofern sind die Cashflow-Modellierung und die Bewertung durch ein Rating-Tool ein ineinander greifender Prozess, der dann abgeschlossen ist, wenn die Annahmen im Cashflow — Modell und im Rating-Tool identisch sind.

Die Ziele, die mit einem Rating-Tool verfolgt werden, lassen sich wie folgt sub — sumieren:

1. Objektive und standardisierte Risikobeurteilung eines Projektes.

2. Kalkulation eines Gesamtrisikos fur eine Projektfinanzierung — Ermittlung einer Ausfallwahrscheinlichkeit (PD, „probability of default"), die wiederum fur die Risikobepreisung relevant ist.

3. Regulatorische Anforderungen, insbesondere die Kapitaladaquanzanforderungen nach Basel II, konnen eingehalten werden.

Das Rating-Tool geht dabei wie folgt vor:

1. Simulation der wesentlichen Risikotreiber unter einem bestimmten Annahmen — Set und unter Berucksichtigung von

2. makrookonomischen Faktoren: Zinssatze, Wechselkurse und Inflationsannahmen sowie

3. branchenspezifischen Annahmen: basierend auf einem Random-Walk-Ansatz, der auf historischen Volatilitaten und Korrelationen basiert.

In diesem Zusammenhang mussen zwei Volatilitaten unterschieden werden: Dies ist zum einen die Volatilitat der Preise der Bezugsstoffe, zum anderen die im Biomassegutachten angegebene Prognoseunsicherheit der Gutachter. Die Volatilitat der Preise der Bezugsstoffe wird typischerweise uber standortspezifische Gutachten dargestellt.

Die zweite Volatilitat, die sich auf das Biomasseangebot bezieht, ist die im Gutachten angegebene Unsicherheit, die so genannte Banking Case Uncertainty (BCU). Die BCU beschreibt den Umstand, dass nicht nur das Biomasseangebot als solche unsicher ist, sondern auch das korrekte Startniveau. Das im Rating-Sinn korrekte Start-Niveau ist das Annahmen-Set, das mit derselben Wahrscheinlichkeit uberschritten und unterschritten wird (so genannter p(50)-Fall). Die BCU ist daher ein Mafi fur die Verlasslichkeit der Prognose eines Ertragswertgutachtens.

1. Die Berucksichtigung der BCU fuhrt zu einer Parallelverschiebung der DSCR — Reihe und damit zu einer Erhohung der PD.

2. Wird die BCU nicht explizit vom Gutachter angegeben, wird ein Wert von 10 % unterstellt (ublich sind vielleicht 5 %).

Damit ergeben sich folgende Empfehlungen fur die Beauftragung von Biomasse — gutachten:

1. Es sollten standortspezifische Gutachten erstellt werden. Regelmafiig sind die dabei ermittelten Standardabweichungen deutlich geringer als die lander — bezogenen Werte.

2. Des Weiteren sollte der Gutachter explizit angeben, mit welcher Unsicherheit er bei seinem Gutachten rechnet, ansonsten erfolgt auch hier eine „Bestrafung" des Projektes mit verhaltnismafiig hohen Werten.

3. Beide Mafinahmen fuhren dazu, dass die Volatilitaten geringer ausfallen, was sich gunstig auf das Rating-Ergebnis und damit auf die Fremdkapitalausstattung auswirkt.

Neben den quantitativen Eingaben, die Eingang in das Cashflow-Modell finden, wird das Vorhaben hinsichtlich seiner Struktur und der Einbindung der Projektbe — teiligten qualitativ beurteilt.

1. Projektstruktur und Beurteilung der Einbindung von Projektparteien,

2. Bewertung der Wettbewerbsfahigkeit des Projektes und Marktumfeld und

3. Komplexitat der Transaktion.

Die vorgenannten Faktoren werden uber ein Scorecard-System zu einer Kenn — zahl verdichtet, die zu dem Rating vor qualitativen Faktoren hinzuaddiert wird. Die maximal mogliche Verbesserung — sofern alle qualitativen Faktoren den best — moglichen Wert erzielen (was aber unrealistisch ist) — lage bei zwei Notches, das maximale Downgrade bei drei Notches. Eine typische Veranderung liegt regel — mafiig bei einem Notch. Im Ergebnis dominiert damit die Hohe und Entwicklung der Schuldendienstdeckungsgrade das Rating-Ergebnis.

Dem Landerrisiko kommt fur jede Projektfinanzierung eine besondere Bedeutung zu, da im Rahmen der ublichen Rating-Verfahren das Landerrating das Projektrating nach oben begrenzt — oder anders formuliert: ein Projektrating kann im Rahmen der Ratingverfahren nicht besser sein als das Rating des Sitzlandes.

Nunmehr haben wir mit der Darstellung des Cashflow-Modells und des ihn bewertenden Rating-Tools die Voraussetzungen geschaffen, um Hinweise fur eine Optimierung der fur ein Projekt geeigneten Finanzierungsstruktur zu entwickeln.