Substrataufbereitung

Die Substrate, die in den Biogasreaktor eingebracht werden sollen, mussen — je nach Substratzusammensetzung und — eigenschaften — ggf. aufbereitet werden. Nachfolgend werden die dafur ublicherweise eingesetzten Verfahren diskutiert.

Anmaischung. Soll ein festes oder pastoses Substrat in einer Nassvergarung eingesetzt werden, muss es ggf. angemaischt werden; d. h. der Wassergehalt wird erhoht, so dass ein pumpfahiges Substrat entsteht. Ein derartiges Anmaischen findet i. Allg. in einer Vorgrube kurz vor der Einbringung des Substrates in den Biogas­reaktor statt. Um den Verbrauch an dem oft eingesetzten (teuren) Frischwasser zu minimieren, wird z. T. aus dem vergorenen Substrat abgetrenntes Prozesswasser verwendet; dadurch kann gleichzeitig der Prozess angeimpft werden. Von Nachteil bei einer derartigen Ruckfuhrung kann aber die Anreicherung bestimmter Stoffe im System „Biogasanlage“ sein, welche oberhalb bestimmter Konzentrationen der Prozessbiologie schaden konnen.

Storstoffabtrennung. Storstoffe werden i. Allg. unterteilt in Stoffe, welche leichter oder schwerer als das Substrat sind (d. h. die aufschwimmen oder absinken). • Schwerstoffe. Haufig auftretende Storstoffe, die schwerer als das Biogassub — strat sind, sind Steine oder Sand. Gelangen beispielsweise Steine in den Reaktor, konnen sie bestimmte Einbauten (z. B. Ruhrwerke) beschadigen. Sie sollten daher z. B. in einer Vorgrube abgetrennt werden, welche dann gleichzeitig als Absetzbecken dient und von dessen Boden sie von Zeit zu Zeit entnommen werden konnen. Der Eintrag von Sand kann zu einer Versandung des Reaktors

fuhren; d. h. Sand lagert sich auf dem Reaktorboden ab und dadurch wird das zur Vergarung zur Verfugung stehende Reaktorvolumen geringer und zudem wird der Verschleifi an den dort befindlichen bewegten Teilen erhoht. 1st das Substrat stark mit Sand belastet, kann dieser durch Sandfange oder Zyklone ausgetragen werden. Insgesamt sollten derartige schwere Storstoffe durch mechanische, hydromechanische oder manuelle Verfahren sicher aussortiert werden.

• Leichtstoffe. Leichte Stoffe (z. B. Stroh, Kunststoffe) neigen zur Bildung von Schwimmdecken, zu Zopfen an Ruhrwerken und zu Verstopfungen der Rohr- leitungen. Behindern sie einen reibungslosen Betrieb, sollten sie ebenfalls abge — trennt werden. Dies kann manuell oder durch eine nassmechanische Siebung erfolgen. Auch besteht die Moglichkeit einer Schwimm-/Sink-Trennung; hier wird der Dichteunterschied von Storstoff und Substrat genutzt, indem Storstoffe aufschwimmen oder absinken und dann mit einem Raumer entfernt werden. Flussige Substrate (z. B. Wirtschaftsdunger, organisch belastete Abwasser) ent — halten meist keine oder nur wenige Storstoffe; trotzdem kann bei bestimmten Sub- straten eine Abtrennung erforderlich sein. Hierzu konnen Schwerstoffabscheider in der Vorgrube eingesetzt werden. Bei einigen Substraten (z. B. Huhnerkot) kann es jedoch vorkommen, dass der Storstoff stark an das Substrat gebunden ist und erst im Fermenter frei wird; dann muss der Fermenter selbst mit einem Sedimentaus — tragsystem ausgestattet werden. Beispielsweise kommen in stehenden Fermentern Bodenraumer oder konische Fermenterboden zum Einsatz und in liegende Fermenter lassen sich Austragsschnecken einbauen.

Wertstoffabtrennung. Bevor die Substrate dem eigentlichen anaeroben Abbau in einer Biogasanlage zugefuhrt werden, besteht grundsatzlich die Moglichkeit, bestimmte Wertstoffe abzutrennen. Dies ist aber aus technisch/okonomischen Grunden nur dann sinnvoll, wenn das zu vergarende Substrat noch Inhaltsstoffe mit merklichen Anteilen enthalt, die durch einen hohen Marktwert gekennzeichnet sind und/oder kostengunstig abgetrennt werden konnen.

Zerkleinerung. Sollen grobkornige Substrate pumpfahig gemacht werden, mussen sie zuvor oft zerkleinert werden. Dies hat den positiven Nebeneffekt, dass durch die Zerkleinerung eine grofiere spezifische Oberflache fur den biologischen Abbau zur Verfugung steht und schwer abbaubare Hullen (z. B. von Kornern) i. Allg. zerstort werden. Deshalb wird z. T. auch bereits pumpfahiges Substrat vor dem Eintrag in den Biogasreaktor zerkleinert.

Die technische Auswahl des passenden Zerkleinerungswerkzeugs richtet sich nach der Substratcharakteristik. Beispielsweise konnen Grunabfalle in einem Hacksler — vor der Aufgabe in die Vorgrube — zerkleinert werden; gleichzeitig kann dabei noch eine Siebung (z. B. zur Abtrennung von Steinen) realisiert werden. Demgegenuber lassen sich halbfeste und pastose Substrate (z. B. Festmist) gut mit Schneidpumpen oder Schneidruhrwerken in der Vorgrube zerkleinern.

Dabei sollten bei der Zerkleinerung langsam laufende Apparate eingesetzt werden, um den Metallabrieb bzw. den Verschleifi zu minimieren. Eingesetzt werden beispielsweise Schnecken-, Hammer — oder Trommelmuhlen. Handelt es sich um eine Nassaufbereitung, wird einer groben Zerkleinerung haufig eine wei — tere Zerkleinerungsstufe mit einer schnell laufenden Schneidmuhle („Mazerator“) nachgeschaltet. Es konnen auch Extruder zur Zerfaserung und Anlagen zur Thermo — druckhydrolyse (Temperaturen bis 200 °C bei einem Druck bis 10 bar) eingesetzt werden.

Aus verfahrenstechnischer Sicht kann eine Zerkleinerung an verschiedenen Orten im Prozess stattfinden (z. B. vor Aufgabe des Substrates in die Vorgrube, in der Vorgrube, in der Forderleitung). Die letztliche Entscheidung, welche Zer — kleinerungstechnik und welche Anordnung innerhalb der Anlage realisiert werden soll, wird dabei unter anderem von den zu erwartenden Substrateigenschaften, okonomischen Aspekten und der insgesamt angestrebten verfahrenstechnischen Losung bzw. deren Optimierung beeinflusst.

Hygienisierung. Bestimmte Substrate (z. B. Bioabfalle) mussen gesetzlichen Anforderungen unter anderem an die Seuchen — und Phytohygiene erfullen. Auch sind in Grunabfallen haufig keimfahige Unkrautsamen enthalten, die eine Ver — unkrautung von Kulturflachen, auf denen das vergorene Substrat ausgebracht wird, verursachen konnen. In diesen Fallen muss das Substrat hygienisiert werden.

Unabhangig davon ist der eigentliche biochemische anaerobe Abbau mit einer Hygienisierungswirkung verbunden, die abhangig ist von der Aufenthaltszeit des Substrates in der Biogasanlage, der Betriebstemperatur des Fermenter und den chemisch-physikalischen Bedingungen im Reaktor. Damit wird in jeder Biogas­anlage bis zu einem bestimmten Ausmafi das Ausgangsmaterial hygienisiert. Reicht dies aber z. B. aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nicht aus, muss dem Prozess eine separate Hygienisierungsstufe vor — oder nachgeschaltet werden. Dies gilt insbesondere bei hygienisch bedenklichen Substraten, die in voll durchmischten Reaktoren vergoren werden, da durch Kurzschlussstromungen (s. Abschn. „Ver — fahren mit Volldurchmischung“) ein Teil des frischen Substrates direkt wieder aus — getragen werden kann, ohne dass die Aufenthaltszeit fur die Abtotung von Viren und Keimen ausreichend ist.

Eine solche separate Hygienisierung kann in einer Vorbehandlungsstufe vor oder direkt im Reaktor oder in Ausnahmefallen auch in einer nachgeschalteten Stufe realisiert werden. Zu den im Rahmen der Hygienisierung durchzufuhrenden Mafinahmen gibt es konkrete gesetzliche Regelungen (z. B. Bioabfallverordnung (BioAbfV), Europaische Hygiene-Versordnung (EG-Hygiene-VO)), in denen die erforderlichen Verfahren und Betriebsbedingungen naher erlautert werden.

Eine derartige, dem anaeroben Abbauprozess vorgeschaltete Hygienisierung kann beispielsweise durch eine thermische Vorbehandlung des Substrats erreicht werden. Dazu muss die organische Masse nicht weniger als eine Stunde einer Temperatur von mindestens 70 °C ausgesetzt werden. Zusatzlich werden — als ein gewollter Nebeneffekt — durch eine solche Warmebehandlung bestimmte organische Stoffe thermisch aufgeschlossen; dadurch konnen sie anschliefiend einfacher, schneller und vollstandiger anaerob abgebaut werden. Nach der Hygienisierung hat das Sub­strat aber eine hohere Temperatur als fur eine thermo — und insbesondere mesophile Fermentation erforderlich ist; dadurch wird ggf. eine Abkuhlung notwendig. Um unter diesen Bedingungen den Energieeigenverbrauch einer Biogasanlage zu minimieren, ist eine optimale verfahrenstechnische Einbindung in die Gesamt — anlage mit einer maximalen Nutzung der anfallenden Abwarmestrome anzustreben.

Homogenisierung. Zur Sicherstellung einer maximalen Prozessstabilitat sollte dem Reaktor ein moglichst homogenes Substrat zugefuhrt werden. Eine derartige Homogenisierung kann bei pumpfahigem organischem Material beispielsweise durch eine Substratsammlung in einer Vorgrube und einer dortigen Vermischung mittels Ruhrwerken erreicht werden. Alternativ dazu kann auch ein durchmisch — barer Vorlagebehalter beliebiger Grofie zum Einsatz kommen.

Konditionierung. Um eine ausreichende Nahrstoffversorgung der aktiven Bakterienbiomasse zu gewahrleisten, kann eine Konditionierung des Substrats mit Nahrstoffen und/oder Spurenelementen bzw. weiteren Zuschlagen sinnvoll bzw. notwendig sein. Die Zugabe dieser Stoffe kann z. B. in einem Pufferbehalter erfolgen, in dem auch bei stark sauren Substraten der pH-Wert angehoben werden kann.

Sind hemmende Substanzen in grofien Mengen im Substrat enthalten (z. B. Stickstoffverbindungen im Huhnertrockenkot), kann eine Fallung oder ein Strippen dieser Stoffe vor der Vergarung oder ggf. aus dem Reaktor erforderlich sein. Bei­spielsweise werden bei der Strippung sehr feine Gasblasen erzeugt, an welche sich der zu entfernende Hemmstoff anlagert und so mit dem Abgas abgefuhrt werden kann. Dabei werden in der Regel Gegenstromkolonnen eingesetzt. Bei der Fallung werden dann die gelosten Hemmstoffe durch Fallungsmittel in einen ganz oder teil — weise unloslichen Zustand uberfuhrt. Durch Sedimentation, Filtration oder Flotation werden diese Stoffe dann aus dem flussigen Substratstrom entfernt.