Der richtige Netzverknupfungspunkt

Der Netzverknupfungspunkt wird dem Anlagenbetreiber in der Regel vom Netz­betreiber genannt. Viele Betreiber akzeptieren den vom Netzbetreiber benannten Netzverknupfungspunkt ungepruft. Im Nachgang zeigt sich seit 2001 in der anwalt — lichen Praxis der Autoren regelmafiig, dass der nach dem EEG richtige Verknupfungs — punkt tatsachlich naher liegt. Relevant ist diese Entscheidung vor allem fur die Frage der Kostentragung. Nach allen Fassungen des EEG tragt der Anlagenbetreiber die Kosten der Baumafinahmen vom Standort der Anlage bis zum Versorgungsnetz und dem Ort der Messung. Der Ort der Messung entscheidet uber die Leitungs — und Trans — formationsverluste. Mit steigender Entfernung des Netzverknupfungspunktes zur Anlage steigen die Anschlusskosten und Leitungsverluste fur den Anlagenbetreiber.

Zur Begrundung der Vorgabe eines weiter entfernten Verknupfungspunktes ver — weisen die Netzbetreiber auf die mangelnde Kapazitat am vom Anlagenbetreiber ermittelten Standort. Dies genugt indes nicht, um eine Pflicht zum dortigen Anschluss zu begrunden. Denn nach § 5 Abs. 4 EEG muss der Netzbetreiber sein Netz in diesem Fall unverzuglich optimieren, soweit ihm dies zumutbar ist. Vielmehr gibt das Gesetz die Grundstrukturen zur Ermittlung des richtigen Netzver­knupfungspunktes vor. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EEG erfolgt die Netzverknupfung grundsatzlich an derjenigen Stelle, die im Hinblick auf die Spannungsebene geeignet ist und in der kurzesten Entfernung zum Standort der Anlage liegt. Hier — von wird lediglich dann eine Ausnahme gemacht, wenn „ein anderes Netz einen technisch und wirtschaftlich gunstigeren Verknupfungspunkt aufweist“. Es erfolgt eine gesamtwirtschaftliche Prufung. Die Gesamtkosten der jeweiligen Standorte werden unabhangig von der jeweiligen Kostentragungspflicht ermittelt und ver — glichen. Dem gunstigeren Verknupfungspunkt ist der Vorzug zu geben. Fur einen in einem anderen Netz liegenden, technisch und wirtschaftlich gunstigeren Ver — knupfungspunkt tragt der Netzbetreiber die Beweislast (Gottwald und Herrmann 2011a, S. 110 f.).

Dabei entstehen regelmafiig Streitigkeiten, denn es ist fraglich, ob ein technisch und wirtschaftlich gunstigerer Verknupfungspunkt gemafi der zweiten Alternative tatsachlich nur ermittelt werden muss, wenn es sich um ein anderes Netz handelt.

In der Praxis liegen zwei denkbare alternative Verknupfungspunkte fast immer in demselben Netz. Die Netzbetreiber halten eine Wirtschaftlichkeitsprufung auch bei alternativen Anschlusspunkten in demselben Netz fur erforderlich. Diese Auf — fassung ist jedoch angesichts des eindeutigen Wortlautes des § 5 Abs. 1 Satz 1 EEG fragwurdig. Sie stutzen ihre abweichende Auffassung auf eine veraltete Recht — sprechung des Bundesgerichtshofes. Dieser hatte zum EEG in den Fassungen von 2000 und 2004 entschieden, der damals gleiche Wortlaut sei erweiternd aus — zulegen.[192]

Die Rechtsprechung des BGH ist aber auf das seit dem 1.01.2009 geltende EEG nicht ubertragbar, was von zwei Gerichtsentscheidungen aus 2010[193] bestatigt wird. Das Landgericht Arnsberg und das Landgericht Duisburg stutzen ihre Argumentation auf die Gesetzesmaterialien. Darin werde festgelegt, wie der wirt — schaftlich gunstigste Verknupfungspunkt zu bestimmen sei, aber nicht, dass diese Vorgabe uber den in § 5 Abs. 1 EEG genannten Fall hinaus vorzunehmen sei. Ent — scheidend ist aber vor allem, dass der Gesetzgeber die veraltete Rechtsprechung des BGH in das Gesetz hatte ubertragen konnen. Indem er dies unterlassen hat, belegt der Gesetzgeber, dass er in dieser Detailfrage die Rechtsprechung zum alten EEG nicht ubernehmen wollte. Zudem differenziert § 5 Abs. 2 EEG klar zwischen „diesem“ und einem „anderen“ Netz — ein deutlicher Hinweis, dass in Abs. 1 nichts anderes gelten soll. Weiterhin enthalt § 5 Abs. 3 EEG nunmehr das einseitige Recht des Netzbetreibers zur Zuweisung eines Verknupfungspunktes. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber volkswirtschaftlich unsinnige Kosten vermeiden. Es besteht damit kein Grund mehr fur eine erweiternde Auslegung des Gesetzes entgegen dem Wortlaut.[194]

Um eine zeitliche Verzogerung des Projektes zu verhindern, kann der Anlagen — betreiber die Anlage zunachst an dem vom Netzbetreiber gewunschten Punkt anschliefien lassen. Dann ist entscheidend, gegenuber dem Netzbetreiber vor Netz — anschluss unmissverstandlich klarzustellen, dass der realisierte Verknupfungspunkt vorbehaltlich des Ergebnisses einer abschliefienden Prufung als vom Netzbetreiber zugewiesener Verknupfungspunkt angesehen wird.

Im Ubrigen raumt das Gesetz dem Anlagenbetreiber die Moglichkeit ein, ein — seitig einen abweichenden Verknupfungspunkt zu wahlen, soweit die Ausubung des Wahlrechts nicht rechtsmissbrauchlich erfolgt (Salje 2009, § 5, Rn. 49). Dies fuhrt gemafi § 13 Abs. 1 EEG dazu, dass der Anlagenbetreiber die hierdurch ggf. ent — stehenden Mehrkosten tragen muss. Auf der anderen Seite kann der Netzbetreiber dem Anlagenbetreiber gemafi § 5 Absatz 3 EEG einen Verknupfungspunkt ein — seitig zuweisen. In diesem Fall muss er dem Anlagenbetreiber dann aber gemafi § 13 Absatz 2 EEG die daraus resultierenden Mehrkosten erstatten. Ein Erstattungs — anspruch wird aber nur dann erfolgreich sein, wenn der nach dem EEG richtige Verknupfungspunkt bekannt ist.