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14 декабря, 2021
Grundsatzlich stellt sich bei Biomasse-Projekten regelmafiig die Aufgabe, die erforderlichen Bezugsstoffe in ausreichender Qualitat zu prognostizierten Preisen termingerecht zu beschaffen. Weiter ist bei Biogas-Vorhaben auch eine okologische und ethische Komponente zu beachten: Vereinfacht gesprochen geht es darum, die Nutzung der Biomasse umweltvertraglich und sozial akzeptabel zu gestalten.
Diese Aufgabenstellung ist aufierordentlich bedeutsam fur den Erfolg und die Akzeptanz von Biogas-Projekten und zudem grundsatzlich verschieden von dem Risikoprofil von anderen Vorhaben im Bereich erneuerbare Energien, so dass wir dieses Thema auch in Abschn. 3.4 und Abschn. 4.1.4 vertieft behandeln werden.
Zunachst zu dem okonomischen Beschaffungsrisiko: Ist es nicht moglich, genug Biomasse zu beschaffen, kann die prognostizierte Kapazitatsauslastung der Anlage nicht erreicht werden und fuhrt als Folge zu einem geringeren Output. Dies kann wiederum, je nach Vertragsgestaltung, auf der Absatzseite zu Strafzahlungen fuhren, da es nicht moglich ist, die zugesicherte Menge der Projektleistung an Kunden zu liefern. Bei einzelnen Prozessanlagen gibt es dumber keine einfache lineare Beziehung zwischen Biomasse-Bezug und Produktionsmenge: Vielfach lasst ein Ruckgang von Eingangsstoffen unter einen kritischen Wert den gesamten Prozess zusammenbrechen oder fuhrt zu Problemen an anderer Stelle des Produktionspro- zesses.
Biogasprojekte haben etwa gegenuber Biokraftstoffprojekten einen Wett — bewerbsvorteil, da die Stromerzeugung nach dem EEG gefordert wird und dadurch Planungssicherheit fur die nachsten zwanzig Jahre gegeben ist. Die daraus resultierende hohe Sicherheit auf der Absatzseite vereinfacht die langfristige Ein — bindung von Lieferanten in die Projektstruktur, was einen Beschaffungsvorteil darstellt. Auch die Nahrungsmittelbranche bezieht Ole, Getreide, Zucker etc. und ist somit ebenfalls als Wettbewerber um die Rohstoffe anzusehen. Daruber hinaus existieren noch zahlreiche weitere Verfahren in der Strom — und Warmeerzeugung, die Biomasse als Rohstoff nutzen.
Ausreichende Biomasseressourcen sind die Grundvoraussetzung fur die Ver — sorgungssicherheit der Projektanlage. Daher ist eine permanente Marktbeob — achtung uber die gesamte Finanzierungsdauer notwendig, denn sollte Biomasse als Energietrager, wie bisher, weiter an Bedeutung zunehmen, hat dies Konsequenzen. Es kann zum einen schwierig werden, die geplanten Mengen einzukaufen, zum anderen fuhrt eine verstarkte Nachfrage im Regelfall zu steigenden Preisen. Grund — satzlich hat der Nachfrageboom der letzten Jahre zu einer Verknappung und als Folge dieser zu einer Preissteigerung bei Biomasse gefuhrt. Eine wesentliche Anfor — derung an das Risikomanagement ist es, Losungen zu finden, eine grofitmogliche Preisstabilitat zu gewahrleisten. Was als umfassende und langfristig notwendige Absicherung angesehen werden kann, wird durchaus unterschiedlich beurteilt. Zum Teil wird ein Absicherungszeitraum von 10 Jahren und 80 % der Inputstoffe genannt (Fischer 2011, S. 752 f.), z. T. werden auch geringere Anforderungen formuliert[12]. Letztlich gibt es hier einen Zielkonflikt zwischen Planbarkeit und auch preislicher Flexibilitat.
Eine Betrachtung des Marktes fur Biomasse muss zwingend auch die okologischen und sozialen Restriktionen sowie die Substitutionskonkurrenz berucksichtigen. Ein erster limitierender Faktor bei der Nutzung von Biomasse ist die verfugbare Anbauflache. Die Flache zum Anbau von Energiepflanzen betragt in Deutschland etwa 1,6 Mio. ha. Legt man strenge Kriterien an, wie dies etwa die Europaische Umweltagentur tut, durfte eher nur von einer Flache in der Grofienordnung von rund
1,0 Mio. ha auszugehen sein. Durch den Bevolkerungsruckgang in Deutschland sowie die zu erwartenden Ertragssteigerungen in der Landwirtschaft durfte zukunftig allerdings weniger Flache zur Produktion von Nahrungsmitteln erforderlich sein und dementsprechend die verfugbare Anbauflache zur alternativen Nutzung tendenziell zunehmen. Mittelfristig halten die Experten entsprechend grofiere Flachen fur nutz — bar (rund 2 Mio. ha in 2020 bzw. 3 Mio. ha in 2030), auf der Bioenergie nachhaltig produziert werden kann. Letztlich bleibt aber auch dann die Flache die restriktive Grofie fur die Biomassepotenziale. Dies gilt erst recht dann, wenn hohere Anteile okologischen Landbaus angestrebt werden als heute. Zusatzlich ist zu beachten, dass neben der Produktion von Nahrungsmitteln auch die stoffliche Verwertung von Biomasse, z. B. fur Dammmaterial, Schmierstoffe, Spanplatten usw., zunimmt sowie die Konkur — renz unter den verschiedenen energetischen Nutzungsrouten zu berucksichtigen ist. Aus Effizienzgesichtspunkten kommt gerade der stofflichen Nutzung eine besondere Bedeutung zu, wenngleich diese trotz der vielfaltigen Anwendungsmoglichkeiten bisher kaum in der offentlichen Diskussion prasent ist. Aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Nutzungsformen der Biomasse einerseits und ihrer Begrenztheit andererseits sollte die Zuweisung auf die verschiedenen Nutzungspfade so weit wie moglich klaren Effizienzkriterien folgen, damit eine moglichst hohe Substitutions — wirkung gegenuber konventionellen Energietragern erzielt werden kann. Dabei sind die heute vorherrschenden Nutzungsoptionen nicht unbedingt die effektivsten.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die differenzierte Betrachtung der ver — schiedenen Rohstoffe. Bei der Herstellung von Biodiesel und Pflanzenol sind heute bereits in Deutschland Grenzen erreicht. Bei Raps, dem Hauptrohstoff, mussen bestimmte Fruchtfolgen beim Anbau eingehalten werden, was eine Ausweitung des Anbaus begrenzt.
Hohere operative Kosten des Projektes, bedingt durch hohere Bezugskosten, fuhren unmittelbar zu einer Verringerung des Cashflows, was das gesamte Projekt gefahrden kann. Es besteht die grofie Gefahr, dass aus dem Erlos des Endproduktes nicht ausreichend Einzahlungen generiert werden, um den Kapitaldienst zu bedienen. Entwickeln sich die Beschaffungspreise deutlich volatiler als vorhergesagt, kann die Situation eintreten, dass die Produktion im Extremfall unwirtschaftlich wird. Hat die Biomasse nicht die erwartete Qualitat, kann es bei der Verarbeitung zu operativen Mehrkosten oder zu Kapazitatsbeeintrachtigungen kommen. Sollte bei — spielsweise feuchte Biomasse angeliefert werden, fuhrt die Trocknung zu Mehr — kosten und es kann sogar zu Produktionsunterbrechungen kommen.
Auf der Bezugsseite besteht also einerseits die Gefahr von Mindererlosen, falls nicht ausreichend Biomasse fur die Produktion beschafft werden kann, anderer — seits konnen die operativen Kosten bei Preisanderungen steigen (Uekermann 1993, S. 65). Die Risikoanalyse verdeutlicht, dass eine sorgfaltige Strukturierung der Beschaffungsseite eine notwendige Voraussetzung fur eine Projektfinanzierung bei Biokraftstoffprojekten darstellt.
Regelmafiig wird das Lieferkonzept an die jeweilige Biogasanlage und den Basis — betrieb angepasst sein mussen. Zu regeln sind die zeitliche Abfolge der Lieferung, die Preisanpassungsmoglichkeiten, die Qualitatskontrollen, die Kundigungsrechte und die Haftungsverteilung.[13] Aus dem Genehmigungsrecht konnen sich Anfor — derungen an eine Mindestlaufzeit der Substratliefervertrage ergeben: So wird im Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. I Nr. 6 BauGB zumindest eine mittelfristige Sicherung der Biomasse gefordert.
Voraussetzungen fur eine Beherrschung des Bezugsrisikos waren lang — fristige Liefervertrage mit verlasslichen Lieferanten zu einem Festpreis. Alle drei Beschaffungsziele waren erfullt und eine adaquate Planungssicherheit ware gewahrleistet. Preis-, Mengen — und Qualitatsrisiken waren somit vollstandig auf die Lieferanten ubertragen (Uekermann 1993, S. 66). Im Folgenden werden die Voraussetzungen zur Erfullung dieser Ziele beleuchtet.
Der Abschluss von langfristigen Liefervertragen ist bei Biomasse mit mehreren Schwierigkeiten verbunden. Derartige Vertrage sollten mindestens die Darlehenslauf — zeit abdecken, um einen Ausfall zukunftiger Lieferungen und somit die Gefahrdung des Cashflows zu vermeiden. Den Lieferanten mussten bei Vertragsabschluss bereits Daten uber zukunftige Ernteertrage vorliegen, um serios kalkulieren zu konnen. Zwar ist es moglich, langfristige Vertrage zu schliefien, angesichts schwankender Ernteertrage konnen die Landwirte jedoch nur gewisse Mindestmengen zusichern, die sich aus der Betrachtung vergangener Ernteertrage ergeben. Dies fuhrt regel — mafiig dazu, dass solche Vertrage mit mehreren Lieferanten geschlossen werden
Abb. 2.8
Preisentwicklung von Weizen
mussen, um eine ausreichende Belieferung der Anlage gewahrleisten zu konnen. Dabei sollten Vertrage abgeschlossen werden, die Strafzahlungen beinhalten, sofern zugesicherte Mengen entsprechender Qualitat nicht geliefert werden konnen. Die Hohe sollte den aktuellen Marktpreis fur eine Ersatzbeschaffung abdecken. Eine Analyse der wirtschaftlichen Verhaltnisse der Lieferanten ist daher notwendig, um sicher zu stellen, dass derartige Zahlungen auch geleistet werden konnen.
Die Vereinbarung von Festpreisen wird hingegen kaum durchsetzbar sein, wofur mehrere Grunde ausschlaggebend sind: In der Vergangenheit haben die Biomasse — preise einen aufierst volatilen Verlauf genommen, der von diskontinuierlichen Entwicklungen gepragt ist, so dass Prognosen fur zukunftige Preisentwick — lungen praktisch nicht moglich sind. Diskontinuierliche Entwicklungen fur den Biomassemarkt waren politische Entscheidungen auf nationaler und internationaler Ebene zur Forderung der Biomasse als Energietrager, die Entwicklung der globalen Nachfrage und — insbesondere in den letzten zwei Jahren — auch die Spekulation an den Weltmarkten auf steigende Rohstoffpreise. Abgebildet ist beispielhaft die Entwicklung des Weizenpreises[14].
Eine noch nicht existierende Moglichkeit im Biomassemarkt zur Absicherung solcher Preisschwankungen waren Termingeschafte und vergleichbare Derivate mit entsprechend langer Laufzeit. Durch solche vertraglichen Kaufpositionen auf zukunftige Zeitpunkte liefien sich nachteilige Gegebenheiten bei Lieferterminen auf — fangen. Somit liefie sich das Preisrisiko verkleinern und die Kalkulationsbasis ver — bessern. Zum heutigen Zeitpunkt werden fur Raps und Weizen Terminnotierungen mit einjahriger Laufzeit, bei Soja und Mais lediglich mit halbjahriger Notierung erhoben, was an nicht fixierbaren zukunftigen Ernteertragen liegt. Daher eignen sich solche Termingeschafte lediglich fur kurzfristige Absicherungen, stehen jedoch als Sicherheit fur die gesamte Finanzierungsdauer nicht zur Verfugung. Es bleibt
festzuhalten, dass weder langfristige Liefervertrage mit Festpreisgarantie am Markt bestehen noch langfristige derivative Absicherungsinstrumente vorhanden sind.
Am sinnvollsten ist es, Biomasse aus dem nachstmoglichen Umfeld der Pro — jektanlage zu beziehen. Zum einen sind die Logistikkosten deutlich gunstiger, zum anderen ist die Verlasslichkeit der Lieferanten besser einzuschatzen.[15]