Das Funktionsrisiko — Bewahrte Technologie?

Kommt es in der Startphase eines Projektes zu technischen Problemen, sind diese haufig nicht trennscharf von dem Fertigstellungsrisiko abzugrenzen. Dies ist insoweit relevant, als regelmahig unterschiedliche Verpflichtete fur das eine oder das andere Risiko eintreten. Das Fertigstellungsrisiko betrachten wir in Abschn. 4.4.

Grundsatzlich verlangt eine Projektfinanzierung den Einsatz von bewahrter Technik. Wurde eine neue, nicht bewahrte Technologie eingesetzt werden, wurden sich die Kapitalgeber auf einen nicht prognostizierbaren Output einlassen, was mit den fixierten operativen und finanziellen Zahlungsverpflichtungen eines Projektes nicht harmonisiert. Dieser Leitsatz muss sich aber auch einer kritischen Wurdigung unterziehen, schliefilich soil auch keine veraltete Technik finanziert werden. Wurde dies der Fall sein, so besteht fur das Projekt im weiteren Zeitablauf die Gefahr, an Wettbewerbsfahigkeit zu verlieren. Dies gilt insbesondere fur die relativ jungen Technologien des Biokraftstoffsektors, die nicht von einer Preisgarantie auf der Absatzseite profitieren. Gerade in diesen Bereichen fordert der Wettbewerb auf den Markten die Anwendung neuer Technologien, um Produktionskosten zu reduzieren. Die Frage ist dann nur, ob eine Projektfinanzierung die geeignete Methode ist.

Technische Fragestellungen treten bei Biomasse — und Biogas-Vorhaben haufig erst nach einer gewissen Betriebsdauer auf. Gerade bei Biogas-Anlagen ist der gesamte Stoffkreislauf wartungsanfallig. Haufig lassen sich derartige technische Probleme nicht bei der Abnahme feststellen und zeigen erst im Dauerbetrieb ihre negativen Auswirkungen. Fertigstellungsrisiken und technische Risiken sind haufig nicht eindeutig voneinander zu trennen (s. hierzu auch die Beispiele von Kai Basedow in Abschn. 4.4).

Bei allen verfahrenstechnischen Risiken treten inhaltliche Parallelen zu den Fer­tigstellungsrisiken auf, so dass auch Uberschneidungen bei den risikopolitischen Mafinahmen moglich sind. Der Sponsor wird der Bank eine umfangreiche tech­nische Studie („engineering and design study" bzw. „feasibility study") zur Ver — fugung stellen, auf die sich die Bank bei ihren Analysen stutzen wird. Die Bank sollte daruber hinaus weitere Gutachten von Sachverstandigen einholen, um eine differenzierte Analyse der Verfahrenstechnik durchfuhren zu konnen. In Frage kommen hier beispielsweise Ingenieurburos, die nicht bei der Erstellung der Studie involviert waren. Den besten vorbeugenden Schutz gegen Folgen des technischen Risikos bietet eine sorgfaltige Auswahl des Contractors hinsichtlich Know-how und Erfahrungsschatz. Handelt es sich bei dem Projekt um eine bewahrte Technik, sollte sich der Contractor bereit erklaren, entsprechende Garantien fur die Betriebs — bereitschaft der Anlage zu ubernehmen. Der Contractor hat selbst ein Interesse daran, dass keine verfahrenstechnischen Mangel auftreten, schliefilich ist seine Wettbewerbsfahigkeit auch mit seinem guten Ruf eng verbunden.[11]

Eine praktikable Absicherung gegen technische Risiken kann eine Verfugbarkeits — garantie sein (Buljevich und Park 1999, S. 102). Durch eine solche Garantie, die im Rahmen des Anlagenvertrages vereinbart werden kann, ubernimmt der Contractor fur einen gewissen Zeitraum die Verantwortung, dass die Anlage die zugesicherten Eigenschaften erfullt. Hierzu zahlen Leistungsmengen und — qualitaten, die ein­deutig uberprufbar sein mussen. Im Garantiefall muss der Contractor, je nach Ver — einbarung, nachbessern oder Schadenersatz leisten. Der Contractor ubernimmt demgemafi das Risiko technisch bedingter Einzahlungsminderungen bzw. Aus — zahlungserhohungen. Aus Bankensicht ist hier eine Bonitatsprufung des Garan — tiegebers zwingend, um die Werthaltigkeit dieser Garantie uberprufen zu konnen.

Es ist nicht die Technik allein, die daruber entscheidet, ob ein technisches Risiko schlagend wird, sondern auch ein professionelles Management des Betriebs kann zumindest rechtzeitig gegensteuern und einen Ausfall der Anlage vermeiden.