Zukunftsperspektiven und Herausforderungen

Nach dieser Bestandsaufnahme sei nun der Blick auf kunftige Perspektiven und Herausforderungen gerichtet. Zuruck also zum eingangs bereits erwahnten Ziel — dreieck der Bundesregierung und zu der zuverlassigen, wirtschaftlichen und umweltvertraglichen Energieversorgung, die sie im Energiekonzept skizziert hat und fur die sie am 6. Juni 2011 im Bundestag im Rahmen eines umfangreichen Energiepakets die Weichen gestellt hat.

Zuverlassigkeit: Diesem Bedurfnis wird wohl kaum ein regenerativer Energie — trager so gut gerecht wie Biogas. Vor dem Hintergrund des von der Bundesregie­rung beschlossenen Ausstiegs aus der Atomenergie und dem damit verbundenen Ausbau der erneuerbaren Energien wird dem Alleinstellungsmerkmal von Biogas, bedarfsgerecht erzeugt und genutzt werden zu konnen, kunftig eine wesentliche Bedeutung beigemessen werden. Je mehr fluktuierende Leistung aus der Photovol- taik und der Windenergie in unsere Netze gelangen wird, desto wichtiger wird auch der stabilisierende Beitrag von Biogas werden. Durch die heimische Erzeugung von Biomethan kann zudem die Versorgungssicherheit erhoht werden: Etwa 97 % des in der Bundesrepublik Deutschland verbrauchten Erdols und uber 85 % des Erdgases werden importiert. Ein Grofiteil der notwendigen Importe stammt aus Landern, deren politische Situation als angespannt einzustufen ist. Angesichts dieser geo — politischen Rahmenbedingungen hat die Sicherung der Energieversorgung durch den anteiligen Ersatz durch regenerativ erzeugtes Biomethan hohe strategische Relevanz fur Deutschland. Die Markt — und Systemintegration von Bioenergie, auf der folgerichtig derzeit der gesetzliche Fokus liegt, ist in diesem Zusammenhang als Paradigmenwechsel zu verstehen, der viele Chancen, aber auch Herausforderun — gen birgt. Wahrend bislang etwa Biogasanlagen auf Volllastbetrieb mit moglichst hoher Auslastung ausgelegt, um Grundlast bereitzustellen, folgt die bedarfsgerechte Erzeugung eher der Mafigabe „Qualitat statt Menge“. Verbunden damit sind nicht nur zusatzliche Anforderungen an den Betrieb, sondern auch eine entsprechende technische Ausrustung wie die Vorhaltung entsprechender Gas — und Warmespei — cher.

Wirtschaftlichkeit: Auf den Kontext der Biogaserzeugung und — nutzung uber — tragen heifit dies insbesondere, dass die Zukunftsperspektiven des Energietragers

Biogas politisch motiviert und getrieben sein werden. Zwar werden womoglich steigende Energiepreise, als auch Effizienzsteigerungen im Bereich der Technolo — gieentwicklung sowie in der Substratbereitstellung mit Sicherheit positiven Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen haben. Doch wird Biogas auch kunftig zu einem erheblichen MaBe von wohlwollenden Forderbedingungen abhangen. Sie werden die Entwicklung der Absatzmarkte bestimmen und damit auch, ob und in welchem Umfang kunftig Investitionen in Biogas — und Biomethananlagen getatigt werden. Neben den faktischen Anreizen durch Fordersatze und Bestimmungen wird es dabei auch wichtig sein, das Vertrauen der Investoren in die Bestandigkeit des Forderrahmens zu bestarken. So beispielsweise hinsichtlich des Bestandsschutzes, einem der Eckpfeiler der Systematik des EEG. Nur durch die ausnahmslose Auf — rechterhaltung dieses Vertrauensschutzes wird langfristige Investitionssicherheit fur Betreiber und Finanzierer gleichermaBen gewahrleistet.

Umweltvertraglichkeit: Die Erzeugung und Nutzung von Biogas, speziell auf Basis nachwachsender Rohstoffe, unterliegt bereits heute in besonderem MaBe Anforderungen an eine nachhaltige, umweltfreundliche Energiebereitstellung. So sind Flachen und Rohstoffbasis fur die Energieerzeugung auf Basis von Biomasse naturgemaB begrenzt, da, wie eingangs geschildert, Biomasse auch fur andere Zwecke von fur unser Leben grundlegender Bedeutung eingesetzt wird. Bei einer unkontrollierten Marktuberhitzung konnten hier Konflikte mit konkurrierenden Nutzungsfeldern entstehen. Es ist daher im Kontext der Bioenergie zentrale Auf- gabe des Gesetzgebers, Konfliktpotenziale zu erkennen und diesen durch entspre- chende Reglementierungen vorzubeugen. Des Weiteren gilt es, die Nachhaltigkeit der Erzeugung entsprechend zu fordern, aber auch durch Regularien zu fordern. So sind vermeintliche Auswirkungen etwa auf Aspekte des Klima — und Umwelt- schutzes, der Biodiversitat, des Gewasserschutzes sowie auf das Landschaftsbild ebenso zu berucksichtigen wie soziale Aspekte. Die Umsichtigkeit, mit der Politik und Marktakteure sich diesen Herausforderungen stellen, wird zudem elementar sein fur die langfristige Sicherstellung von Akzeptanz gegenuber der Bioenergie — erzeugung durch die allgemeine Offentlichkeit. Und diese steht der Erzeugung und Nutzung von Biogas nicht unkritisch gegenuber: Zwar finden laut einer Umfrage von TNS Infratest im Juli 2011 rund 94 % der Deutschen den verstarkten Ausbau erneuerbarer Energien generell „wichtig“ oder sogar „auBerordentlich wichtig“; die Akzeptanz gegenuber Biomasseanlagen in der eigenen Nachbarschaft hingegen flacht ab: Nur 36 % wurden dies in ihrem Umfeld begruBen. Interessant ist dies ins — besondere auch im Vergleich zu anderen Technologien: 76 % hatten nichts gegen eine Solaranlage einzuwenden, immerhin noch 60 % wurden auch eine Windener — gieanlage in ihrer unmittelbaren Umgebung akzeptieren (TNS Infratest/Agentur fur Erneuerbare Enrgien 2011). Wie diese Werte zeigen, bestehen hinsichtlich der Bio­energie vergleichsweise hohe Vorbehalte. Diese durch gute Praxis sowie kontinu — ierliche Informationsarbeit zu beseitigen wird kunftig eine der zentralen Heraus — forderungen der Branche sein. Die positive Wahrnehmung von Biogas durch die allgemeine Offentlichkeit muss nicht nur auf lokaler Ebene, sondern auch im poli — tischen Umfeld verbessert werden, um eine langfristige Flankierung der kunftigen Marktentwicklung sicherzustellen.