Category Archives: Vereinfachtes Verfahren

Betriebserfahrungen

Prof. Dr.-Ing. Frank Scholwin, Dr. Britt Schumacher Dr.-Ing. Jan Liebetrau, Nadja Rensberg Prof. Dr. mont Michael Nelles, Dr. Gert Morscheck Dr. Andrea SchQch, Nils Engler

Das Deutsche Biomasseforschungszentrum gemeinnutzige GmbH (DBFZ) fuhrt gemeinsam mit der Thuringer Landesanstalt fur Landwirtschaft (TLL) regel — mafiig Befragungen (DBFZ 2011) durch, um im Auftrag des Bundesministeriums fur Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) die Auswirkungen der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in der Praxis fest — zustellen. In die Befragungen werden Biogasanlagenbetreiber, Landesministerien, Landesamter fur Landwirtschaft, Genehmigungsbehorden und Experten ver — schiedener Bundeslander in Deutschland einbezogen. Zusatzlich werden Angaben von Anlagenherstellern herangezogen. Im Folgenden werden ausgewahlte Ergeb — nisse, unter anderem aus einer aktuellen Fragebogenerhebung, die sehr gut die Betriebserfahrungen mit Biogasanlagen in Deutschland wiedergeben, dargestellt. Deponie — und Klargasanlagen bleiben dabei unberucksichtigt. Erfahrungen mit abfallwirtschaftlichen Anlagen liegen umfassend an der Universitat Rostock vor und schliefien sich an die Dokumentation der Befragung an.

Beginn der Betriebsversicherung (insbesondere Maschinenversicherung)

In der Regel beginnt die Haftung des Versicherers mit dem vereinbarten Zeitpunkt, fruhestens jedoch mit Ende des erfolgreichen Probebetriebs. Ein fruherer Ver- sicherungsbeginn muss mit dem Versicherer besonders vereinbart werden.

Es gibt Anlagenbauer, die in ihren Liefer — und Leistungsvertragen als Zeit­punkt des Haftungsubergangs nicht das Ende des erfolgreichen Probebetriebs definieren, sondern bereits den Beginn der Fermenterbefullung. Dies ist lange vor dem Zeitraum, in dem die Anlage das Erfullen der Leistungsparameter nachweisen kann. Da somit die Montageversicherung des Lieferanten nicht mehr haftet, muss der Auftraggeber unbedingt mit seinem Maschinenversicherer den fruheren Ver — sicherungsschutz vereinbaren. Dies gilt insbesondere dann, wenn er selbst keine Montageversicherung abgeschlossen hat. Es ist gerechtfertigt, dass der Versicherer fur den vorgezogenen Zeitraum eine hohere Pramie nimmt, da er nun bereits im besonders riskanten Probebetrieb in der Haftung steht.

Es soll an dieser Stelle nicht unerwahnt bleiben, dass bei einigen Anbietern Versicherungen abgeschlossen werden konnen, die nicht zwischen Montage — und Betriebsphase unterscheiden. Damit entfallt auch das oben angefuhrte Schnitt — stellenrisiko.

Immissionsschutzrechtliche Anforderungen

Immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Biogasanlagen mussen gemafi § 5 Abs. 1 BImSchG insbesondere so errichtet und betrieben werden, dass

1. schadliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belastigungen fur die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden konnen;

2. Vorsorge gegen schadliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erheb — liche Nachteile und erhebliche Belastigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Mafinahmen.

Auch Anlagen, die keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegen, sind gemafi § 22 Abs. 1 BImSchG so zu errichten und zu betreiben, dass schadliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeid — bar sind, verhindert und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schadliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmafi beschrankt werden.

Als schadliche Umwelteinwirkungen kommen im Falle von Biogasanlagen ins­besondere Luftverunreinigungen und Larmbelastungen in Frage.

Luftverunreinigungen

Durch die Vergarung der Biomasse kommt es bei dem Betrieb einer Biogasanlage haufig in erhohtem Mafie zu Geruchsimmissionen. Da Geruchsimmissionen von den Anwohnern oft als sehr storend empfunden werden, gibt es in diesem Zusammen — hang vielfach Klagen von Nachbarn gegen eine erteilte Genehmigung. Fur einen gesicherten Anlagenbetrieb ist es daher unerlasslich, die bestehenden Grenzen zulassiger Geruchsimmissionen einzuhalten.

Eine allgemein rechtsverbindliche Grenze, ab wann Geruchsimmissionen die Schwelle der Unzulassigkeit uberschreiten, existiert bislang allerdings nicht. Als Hilfsmittel zur Beurteilung der Geruchsimmissionen wird von Gerichten und Behorden jedoch regelmafiig die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) heran — gezogen.

Die GIRL ist zwar nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht rechtlich verbindlich.[22] Sie stellt aber eine zulassige Orientierungshilfe fur die Beurteilung der Frage dar, wann eine Geruchsbelastigung als unzumutbar anzu — sehen ist.

Nach der GIRL liegt eine erhebliche Belastigung vor, wenn die Gesamtbelastung einen bestimmten Immissionswert erreicht, der in Form der relativen Haufigkeit von Geruchsstunden angegeben wird. Eine Geruchsstunde liegt vor, wenn in mindestens 10 % der Zeit (dies waren auf 1 h gerechnet also 6 min) Geruchsimmissionen wahr — nehmbar sind. In Wohngebieten durfen nicht mehr als 10 % der Stunden eines Jahres Geruchsstunden sein. In Dorf — und Gewerbegebieten sind die Geruchsstunden auf 15 % der Jahresstunden begrenzt. Die Genehmigung fur eine Anlage kann jedoch auch bei Uberschreitung dieser Werte nicht wegen der Geruchsimmissionen versagt werden, wenn der von der Anlage zu erwartende zusatzliche Immissionsbeitrag den Wert von 2 % der Jahresstunden nicht uberschreitet (sog. Irrelevanzkriterium).

Bei der Bewertung, ob eine Geruchsbelastigung als erheblich und damit unzu — lassig anzusehen ist, sind daneben jedoch auch weitere Gesichtspunkte mit in die Betrachtung einzubeziehen, etwa die Hedonik und Intensitat der Geruchswirkung. So konnen im Falle von Ekel und Ubelkeit auslosenden Geruchen trotz Einhaltung der Immissionswerte schadliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden. Umgekehrt kann bei Vorliegen eindeutig angenehmer Geruche trotz Uberschreitung der Immissionswerte das Vorliegen einer erheblichen Belastigung durch Geruchs­immissionen zu verneinen sein.

In der Praxis ist es ublich, bereits in der Planungsphase fur eine Biogasanlage, also im Vorfeld eines Genehmigungsverfahrens, entsprechende Geruchsgutachten einzuholen, um moglichst fruhzeitig Aufschluss uber die Genehmigungsfahigkeit der Anlage zu erlangen.

Informationspflicht im Fall eines Engpassmanagement

Werden MaBnahmen des Engpassmanagements tatsachlich getroffen, muss der Netz — betreiber die betroffenen Anlagenbetreiber ebenfalls informieren. Die Information muss den tatsachlichen Zeitpunkt, den Umfang, die Dauer und die Grunde der ent — sprechenden Regelung enthalten (§ 11 Abs. 3 Satz 1 EEG).

Zur Art und Weise, wie die entsprechende Mitteilung an den Betreiber der betroffenen Erzeugungsanlagen zu erfolgen hat, schweigt das Gesetz hingegen. Berucksichtigt man aber, dass diesen Informationen nur kurzfristig verfugbare Erkenntnisse uber eine bestehende Regelgefahr zu Grunde liegen, scheidet etwa eine schriftliche Mitteilung (durch Brief) von vornherein aus. Auch eine ledig — lich mundliche Information wird nicht genugen. Unabhangig von den Schwierig — keiten, den Zugang einer mundlichen Erklarung beim Anlagenbetreiber nachtrag — lich zu beweisen, durfte dieses Vorgehen bei einer Vielzahl von Anlagenbetreibern bereits aus praktischen und zeitlichen Grunden scheitern. Vorzusehen sind daher standardisierte elektronische Verfahren, die die erforderlichen Informationen via E-Mail versenden.

Nachtragliche Nachweispflicht

Uber die konkrete Information der Anlagenbetreiber hinaus muss der Netzbetreiber im Nachgang zu einer MaBnahme des Einspeisemanagements auf Verlangen des Anlagenbetreibers den Nachweis uber die Erforderlichkeit der MaBnahmen erbringen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. EEG). Hierzu sind dem Anlagenbetreiber innerhalb von vier Wochen geeignete Unterlagen zur Verfugung zu stellen, die ein sachkundiger Dritter ohne weiteres nachvollziehen kann. Zu diesen Unterlagen zahlen auch die Protokolle uber die vor der Regelung abgerufene Ist-Einspeisung der jeweiligen Anlagen in der Netzregion.

Hartefallregelung

Fur MaBnahmen des Einspeisemanagements konnen Anlagenbetreiber eine Ent — schadigung vom Netzbetreiber verlangen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 EEG). Hiermit sollen einerseits die Finanzierbarkeit neuer Projekte durch gesicherte Einnahmen und andererseits ein effizienter Einsatz des Einspeisemanagements durch den Netz­betreiber gewahrleistet werden. Allerdings ist kein „Hartefall“ im engeren Sinn erforderlich, um als Anlagenbetreiber Ersatzleistungen beanspruchen zu konnen. § 12 EEG gilt fur alle Anlagenbetreiber, die aufgrund von MaBnahmen des Ein — speisemanagements Strom nicht einspeisen konnten. Es geht daher eher um einen Nachteilsausgleich als um die Abfederung von Hartefallen.[51]

Die Kosten der Entschadigung hat der Netzbetreiber zu tragen, in dessen Netz die Ursache fur MaBnahmen des Einspeisemanagements liegt (§ 12 Abs. 1 Satz 3 EEG). Die wirtschaftliche Belastung der Ersatzpflicht trifft also nicht unbedingt den Netzbetreiber, an dessen Netz die Anlage angeschlossen ist. Allerdings muss er neben dem verantwortlichen Netzbetreiber als Gesamtschuldner mithaften (§ 12 Abs. 1 Satz 4 EEG). Aus Sicht des Anlagenbetreibers stellt dies eine erheb — liche Erleichterung dar, weil er seine Anspruche unmittelbar gegen „seinen Netz — betreiber“ richten kann, der seinerseits Freistellung vom verantwortlichen Netz­betreiber suchen muss.

Die konkrete Hohe der Entschadigung betragt grundsatzlich 95 % der entgangenen Einnahmen des Anlagenbetreibers (strom — und warmeseitig) zuzuglich zusatzlicher Aufwendungen (z. B. durch den Bezug von Reserveenergie oder eventuelle Ver — tragsstrafen) und abzuglich ersparter Aufwendungen (z. B. fur ersparten Brennstoff) (§ 12 Abs. 1 Satz 1 EEG). Ubersteigen die entgangenen Einnahmen allerdings in einem Jahr 1 % der Einnahmen dieses Jahres, sind die Betreiber der betreffenden Anlagen ab diesem Zeitpunkt in voller Hohe zu entschadigen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 EEG). Der Netzbetreiber erhalt dadurch einen finanziellen Anreiz, die MaBnahmen des Einspeisemanagements in Anzahl und Umfang entsprechend zu begrenzen.

In der Praxis muss der Anlagenbetreiber Voraussetzungen und Umfang der bean — spruchten Entschadigung nachweisen. Dabei ist absehbar, dass insbesondere bei der Ermittlung nicht eingespeister Strommengen oder bei der Bewertung ersparter Auf­wendungen Schwierigkeiten auftreten werden. Letztlich wird es sachverstandiger Hilfe bedurfen, um Streitfragen zu entscheiden.

Daruber hinaus ist unklar, fur welchen Zeitraum und in welchen Intervallen die Entschadigung jeweils ermittelt werden soll. Die Gesetzesbegrundung geht von einer jahrlichen Betrachtungsweise aus. Dies spricht dafur, die Entschadigung nicht nach jeder EinzelmaBnahme des Einspeisemanagements zu ermitteln und aus — zuzahlen, sondern erst im Rahmen der Jahresabrechnung. Die Verpflichtung zum Nachweis der RechtmaBigkeit der EinzelmaBnahmen innerhalb von vier Wochen nach Aufforderung (§ 11 Abs. 3 EEG) bleibt davon aber jedenfalls unberuhrt.

Weitergehende Schadensersatzanspruche des Anlagenbetreibers gegen den Netzbetreiber aus sonstigem Recht bleiben neben der gesetzlichen Entschadigungs — regel unberuhrt (§ 12 Abs. 3 EEG). Allerdings verbleibt fur derartige Anspruche kaum ein Anwendungsbereich, wenn sich der Schaden auf entgangene Einspeise — erlose beschrankt. Insoweit ist die Entschadigungsregelung spezieller und tatsach — lich erfolgte Entschadigungszahlungen wurden den zu ersetzenden Schaden von vornherein ausgleichen. Schadensersatzanspruche haben aber dort Bedeutung, wo durch Eingriffe des Netzbetreibers in den Betrieb einer Erzeugungsanlage echte, physische Schaden entstanden sind, die wiederum zu Einnahmeausfallen fuhren. Derartige Anspruche konnen durch § 12 EEG nicht abgedeckt werden.

ausgestaltet, wurde jedoch in den spateren Entwurfsfassungen immer weiter verallgemeinert. Geblieben ist lediglich die nunmehr eher verwirrende Uberschrift des Paragrafen.

Der Generalunternehmervertrag

3.2.1.1 Vertragliche Voruberlegungen

Die Wahl der richtigen Anlage

Die Errichtung einer Biogasanlage stellt den Projekttrager vor eine Vielzahl notwendiger Entscheidungen. Zunachst gilt es herauszufinden, was fur eine Anlagenart errichtet werden soll. Bei der Biogaserzeugung lasst sich dem Grunde nach zwischen zwei Grundmodellen differenzieren. Einerseits kann das Ziel einer Biogasproduktion ausschliefilich in der Erzeugung und Veraufierung des Sekundar — energietragers Biogas liegen (reine Biogaserzeugung), andererseits kann die Biogaserzeugung aber auch nur der Ausgangspunkt fur eine angeschlossene End — und/oder Nutzenergieproduktion sein (End — und Nutzenergieerzeugung mittels Biogas). Eine Kombination beider Grundziele ist zwar grundsatzlich moglich, wird in der Regel aber nicht verfolgt, da verbundene End — und/oder Nutzenergie — erzeugungskapazitaten meist zu 100 % mit der Biogasproduktion korrelieren (vgl. Scholwin und Edelmann 2009, S. 916). Weiterhin besteht die Moglichkeit einer energetischen Verwertung der bei der Biogaserzeugung anfallenden Garreste im Wege der Befeuerung eines Biomasseheizkraftwerks (BHKW).

Aus den verschiedenen Anlagenarten ergeben sich wiederum unterschiedliche Vergutungsregelungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2009).[90] Diese wurden durch die Novellierung des EEG in 2011[91] (nachfolgend: EEG 2012) unter anderem durch Neufassung des § 27 EEG 2012 sowie die Einfuhrung der §§ 27a, 27b und 27c EEG 2012 umfassend geandert.

Die Entscheidung, welcher Anlagentyp errichtet werden soll, hangt letztlich von einer Vielzahl von Faktoren ab, wobei die zentrale Frage darin besteht, was fur ein Anlagentyp bei welcher Anlagengrofie am Standort X am wirtschaftlichsten zu betreiben ist.[92] Neben den ublichen betriebswirtschaftlichen Erwagungen gilt es im Hinblick auf die Errichtung einer Biogasanlage folgende besondere Faktoren moglichst fruhzeitig in die Planung einzubeziehen (vgl. hierzu Scholwin et al. 2009b, S. 906 ff.):

• Welche planungs — und genehmigungsrechtlichen Anforderungen ergeben sich aus der jeweiligen Anlagenart, — grofie und dem geplanten Standort?[93]

• Sind die erforderlichen Substrate in ausreichender Menge verfugbar und bieten sich ausreichende Lagerkapazitaten?[94]

• Welche Verwendungsmoglichkeiten bieten sich fur die Garreste?

• Wie gestaltet sich der Zugang zu den einzuspeisenden Netzen?

• Im Hinblick auf eine Kraft-Warme-Kopplung (KWK) und Nutzung am potenziellen Standort: Sind Warmesenken vorhanden und wo befinden sich diese?

• Kommt eine spatere Kapazitatserweiterung der Anlage in Betracht?

• Gibt es spezielle Forderprogramme fur bestimmte Anlagentypen und welche Fordervoraussetzungen sind zu erfullen bzw. zu beachten?[95]

Fallstricke bei Verhandlungen mit Substratlieferanten

Betreiber von Biogasanlagen sind von einer langfristig gesicherten, zuverlassigen Lieferung von Substraten abhangig. Rechtssichere, eindeutige Vertrage sind von besonderer Bedeutung zur Sicherung des dauerhaften Anlagenbetriebes. Ins — besondere bei Substratlieferungen aus dem Ausland ist der Ausgestaltung der Sub — stratliefervertrage besondere Beachtung zu schenken (Gottwald und Herrmann 2010b, S. 128 ff.).

3.3.5.1 Dauerhafte Absicherung

Wichtig sind Vereinbarungen zur Vertragsdauer. Lange Laufzeiten sind vor allem im Interesse des Anlagenbetreibers, da die gesetzliche Vergutungsdauer fur Strom aus Biogasanlagen 20 Jahre zuzuglich des Inbetriebnahmejahres betragt und fur die gesamte Dauer des Anlagenbetriebes eine preisstabile Belieferung mit Sub­straten gewahrleistet sein soll. Das Recht zur ordentlichen Kundigung sollte des — halb wirksam ausgeschlossen werden. Die Kundigung aus wichtigem Grund sollte beschrankt werden und jedenfalls die Interessen des Anlagenbetreibers angemessen berucksichtigen. Ein Ausschluss des Rechts zur Kundigung aus wichtigem Grund ist nicht moglich.

Zudem sollte der Vertrag die Rechtsnachfolge regeln und Losungen fur den Fall bereit halten, dass der Lieferant zeitweise oder endgultig ausfallt. Die Vertrags — verhandlungen konnen je nach Interessenlage gefuhrt werden. Ein ausgewogener Vertrag dient einer langfristigen Vertragsbeziehung und ist insbesondere dann emp — fehlenswert, wenn der Lieferant wirtschaftlich an der Biogasanlage beteiligt ist. Verhandlungsgeschick kann in anderen Fallen eine gunstigere Ausgangsposition und damit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen — was einem langfristigen Ver- tragsverhaltnis nicht im Wege stehen muss, insbesondere wenn der Vertrag eine vorzeitige Vertragsbeendigung erschwert.[204]

Alternativenvergleich in Bezug auf soziale Kriterien: Biogaseinzelanlage, Bioenergiedorfkonzept und BiogasgroBanlage

Ziel des Forschungsvorhabens „Biomasse im Spannungsfeld“ ist neben der Untersuchung der gesellschaftlichen und okologischen Veranderungen, die mit der vermehrten energetischen Nutzung von Biomasse verbunden sind, eine Ent- scheidungsunterstutzung beim Vergleich verschiedener Formen der energetischen Biomassenutzung bei der Auswahl einer Investitionsalternative fur konkrete Dorfer oder Regionen. Um die herausgearbeiteten Bewertungskriterien zu testen, wird zunachst eine exemplarische Fallstudie zum Alternativenvergleich hinsicht- lich der sozialen Kriterien durchgefuhrt, wie sie im Folgenden beschrieben wird. Dazu werden als drei unterschiedliche Biogas-Vorhaben eine Biogaseinzelanlage, ein Bioenergiedorfkonzept und eine BiogasgroBanlage miteinander verglichen. Die Daten zu den sozialen Kriterien stammen z. T., namlich bezuglich der Partizipation und der sozialen Auswirkungen, aus Untersuchungen des Forschungsprojekts „Bioenergiedorf Juhnde“ (vgl. Eigner-Thiel 2005), zum anderen aus Befragungen zur Akzeptanz der energetischen Nutzung von Bioenergie, die im Rahmen des beschriebenen Projekts „Biomasse im Spannungsfeld“ im Jahr 2010 durchgefuhrt wurden (vgl. Wuste & Schmuck, in Vorbereitung). Dazu wurden ca. 800 Menschen von acht Standorten in Deutschland zu ihrer Akzeptanz des speziellen Biomasse — konzepts befragt, das in ihrer Region genutzt wird.

Die drei gewahlten Szenarien werden im Folgenden kurz skizziert und in Tab. 3.5 mit ihren speziellen Einzelheiten detaillierter beschrieben.

Tab. 3.5 Vergleichende Darstellung der 3 Biomasseszenarien

Bioenergiedorf

(BED)

Biogasgrofianlage mit Einspeisung (BGE)

Biogaseinzelanlage

(BGA)

Elektrische Leistung

716 kW

2,5 MW

225 kW

Anzahl zuliefernde Landwirte

9

42

1

Benotigte Flache

320 ha

900 ha

60 ha

Summe Substratinput

19.000 t/a

60.000 t/a

5.400 t /a

Art des Substratinputs

Mais: 23 % Triticale: 29 % Ackergras: 4 % Gulle: 44 %

Mais: 67 % Roggen: 17 % Gulle: ca. 16 %

Mais: 65 % Roggen: 8 % Gulle: 27 %

Biogasproduktion

2,6 Mio. Nm3/a

8,6 Mio. Nm3/a

500.000 Nm3/a

Prozentuale

Warmenutzung

viel

mittel

wenig

Umkreis Herkunft der Biomasse

8 km

15 km

5 km

Anzahl der an den Planungen beteiligten Menschen

ca. 40 von 780

ca. 5 von 3.000

ca. 1-2

Angeschlossene

Haushalte

150

0, aber 6 industrielle Standorte werden virtuell mit Warme versorgt

2

Art der

Betreibergesellschaft

Genossenschaft

GmbH & Co. KG

Gesellschaft burgerlichen Rechts

Fermentertechnik

Unabhangig vom jeweils gewahlten Konzept, dem eingesetzten Substrat und der ggf. realisierten Vorbehandlung muss ein Fermenter, in dem Teilstufen oder der gesamte anaerobe Abbau stattfinden soll, folgende technische Einrichtungen aufweisen:

• Substratzufuhr. Damit jederzeit ausreichend Substrat fur den mikrobiellen Abbau zur Verfugung steht, ist ein geeignetes System zur Substratzufuhr zwingend erforderlich.

• Substratabfuhr. Das vergorene Material muss wieder aus dem Fermenter aus — getragen werden. Auch dazu mussen geeignete Systeme vorgesehen werden.

• Biogasabfuhrung. Gleichzeitig mussen Vorrichtungen vorhanden sein, mit denen das entstehende Biogas sicher abgefuhrt werden kann.

• Substratdurchmischung. Im Fermenter muss gewahrleistet werden, dass die Mikroorganismen jederzeit ausreichend mit Substrat versorgt werden. Dazu ist eine funktionierende Durchmischung sicherzustellen.

• Beheizung. Da der anaerobe Abbauprozess bei Temperaturen oberhalb der Umgebungstemperatur effizienter ablauft und beim anaeroben Abbau kaum Warme freigesetzt wird, muss das Substrat im Fermenter durch geeignete tech­nische Einrichtungen beheizt und auf einem konstanten Temperaturniveau gehalten werden.

• Mess-, Steuer und Regelsysteme. Aufierdem muss jeder Biogasfermenter — wie jede andere bioverfahrenstechnische Anlage auch — messtechnisch uberwacht sowie verfahrenstechnisch gesteuert und geregelt werden. Die entsprechenden Mess-, Steuer — und Regeleinrichtungen mussen vorhanden sein.

Ausgehend davon werden nachfolgend zunachst die fur landwirtschaftliche Sub­strate eingesetzten Fermenterkonzepte diskutiert; dabei wird zwischen Nass — und Trockenvergarungsverfahren unterschieden. Anschliefiend wird auf technische Optionen zur Beheizung, Durchmischung und Gasspeicherung eingegangen (Fach — agentur Nachwachsende Rohstoffe 2006, 2010; Kaltschmitt et al. 2009; Bischofs — berger 2004; Kissel et al. 2010; Gleis 2011.

Fermenterkonzepte zur Nassvergarung. Liegen die Inputsubstrate in pump — fahiger Form vor, werden im landwirtschaftlichen Bereich im Wesentlichen voll — durchmischte und Pfropfenstromreaktoren eingesetzt. Zusatzlich kommen Sonder — verfahren zum Einsatz. Dies wird nachfolgend diskutiert.

Volldurchmischte Fermenter. Darunter werden Fermenterbehalter verstanden, in denen das gesamte Substrat jederzeit mithilfe eines Ruhrwerks (voll)durchmischt wird. Deshalb werden diese Fermenter auch als Ruhrkessel bezeichnet. Von Vorteil sind die einfache technische Umsetzung und die robuste Fermentertechnik; deshalb sind diese Fermenter besonders im landwirtschaftlichen Bereich weit verbreitet. Nachteilig ist, dass gerade frisch eingetragenes Substrat direkt wieder aus dem Fermenter ausgetragen werden kann (sog. Kurzschlussstromung); d. h. es kann zu einer ungleichmafiigen Verweilzeit des Substrates im Fermenter kommen.

Derartige Fermenter sind zylindrische Bauwerke meist mit einem Betonboden und warmeisolierten Wanden aus Stahl oder Stahlbeton. Sie konnen oberirdisch aufgestellt oder teilweise bzw. ganz im Boden versenkt werden. Sie werden nur zu Reinigungszwecken komplett entleert. Abbildung 4.7 zeigt eine Prinzipskizze eines derartigen volldurchmischten Fermenters. Dabei werden auch die verschiedenen Einbauten deutlich, die weiter unten diskutiert werden.

Pfropfenstromreaktoren. Pfropfenstromreaktoren sind langlich geformte, liegende Fermenter, die horizontal von Substrat durchstromt werden. Diese Durch — stromung wird erreicht, indem frisches Substrat auf der einen Fermenterseite zugefuhrt wird. Dadurch wird das im Fermenter enthaltene Material verdrangt und das ausgefaultes Material wird an der gegenuber liegenden Seite wieder abgezogen. Parallel dazu wird durch die eingebaute Durchmischungsvorrichtung (s. u.) das Substrat senkrecht zur Fliefirichtung gut durchmischt; dadurch soll eine (naherungs — weise) einheitliche Verweilzeit erreicht werden; dabei kann eine Durchmischung in Stromungsrichtung jedoch nicht vollstandig vermieden werden.

Подпись: Isolation
Подпись: Folie
Подпись: Siloverschluss
Подпись: Gasentnahme
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image071
Подпись: Durchmischuni
Подпись: Substratrentnahme

image074Abb. 4.7 Beispiel fur einen volldurchmischten Fermenter

Da sich am Eintrag im Wesentlichen frisches Substrat befindet, sollte eine Sub — stratruckfuhrung vorhanden sein, die dem Eintragsstrom ausgegorenes Material (d. h. Substrat, in dem sich Bakterienbiomasse befindet) zur Animpfung beimischt.

Propfenstromermenter werden im landwirtschaftlichen Bereich zur Vergarung von Ruckstanden, Nebenprodukten und Bioabfallen sowie von Energiepflanzen eingesetzt. Das Schema eines Pfropfenstromfermenters ist in Abb. 4.8 dar — gestellt. Der Vorteil ist, dass sich in unterschiedlichen Fermentersegmenten leicht unterschiedliche Bedingungen einstellen, die den in verschiedenen Fermenterteilen realisierten unterschiedlichen Abbaustufen naherungsweise Rechnung tragen. Pfropfenstromfermenter sind jedoch fur den Einsatz in Biogasanlagen kleiner bis mittlerer Leistung i. Allg. zu kostenintensiv.

Weitere Verfahren. Neben den genannten volldurchmischten Fermenters und den Pfropfenstromfermentern gibt es zahlreiche weitere Nassvergarungsverfahren, die z. T. nur fur Substrate mit bestimmten Eigenschaften einsetzbar sind und deshalb nachfolgend nur kurz beschrieben werden.

• Bei dem Doppelkammerverfahren wird der aus der Gasproduktion resultierende Druckaufbau fur eine hydraulische Substratumwalzung genutzt. Somit kann elektrische Energie fur eine Umwalzung eingespart werden; allerdings ist ein z. T. deutlich hoherer baulicher Aufwand erforderlich.

• Beim Kontaktprozess wird die aktive Biomasse, die den anaeroben Abbau realisiert, durch technische MaBnahmen weitgehend im Fermenter gehalten bzw. diesem — nach einer Abtrennung aus dem vergorenen Substrat — wieder zugefuhrt, um die erforderliche Verweilzeit fur das abzubauende Material zu reduzieren bzw. zu minimieren.

• Beim Schlammbettfermenter wachsen die Mikroorganismen in kleinen Anhaufungen oder auf Tragermaterialien. Diese Bakterienagglomerate werden mithilfe spezieller Einbauten in Suspension gehalten und dadurch ein Austrag aus dem Fermenter verhindert.

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Abb. 4.8 Schema eines Propfenstromfermenters. (Kaltschmitt et al. 2009)

• Wirbelbettfermenter sind hohe stehende Zylinder, in denen eine Durchmischung durch ein standiges Umpumpen erreicht wird. In dieser bewegten Flussigkeit wachsen die Bakterien auf Feststoffpartikeln (z. B. Sand).

• In Anaerobfiltern werden im Fermenter Tragermaterialien mit einer hohen spezi — fischen Oberflache eingebaut. Dort konnen sich die den Abbau realisierenden Bakterien ansiedeln und werden dadurch im Fermenter zuruckgehalten. Das Tragermaterial wird gegenuber dem Substrat leicht bewegt. Dies kann durch auf — oder abstromendes Gas oder durch einen Motorantrieb realisiert werden. Fermenterkonzepte zur Trockenvergarung. Liegen stapelfahige Inputsub-

strate vor, die aufgrund von Wirtschaftlichkeitsuberlegungen nicht angemaischt und damit in eine pumpfahige Konsistenz gebracht werden konnen, werden sogenannte Trockenfermentationsverfahren eingesetzt. Nachfolgend werden exemplarisch einige derartige Verfahren dargestellt. Trockenfermentationsanlagen konnen auch mit einer Nassfermentation gekoppelt werden; beispielsweise kann das Perkolat in einer eigenen Nassvergarungsstufe, z. B. in einem Ruhrkesselreaktor, vergoren werden.

Containerfermenter. Bei Containerfermentern handelt es sich um mobile Ein — schubfermenter, die mit einer Mischung aus Frischsubstrat und ausgegorenem Material (zum Animpfen) befullt werden (Abb. 4.9). Nach der Befullung wird dem Substratgemisch zunachst Luft zugefuhrt. Dadurch wird eine aerobe Vor — rotte angeregt, durch die Warme freigesetzt wird; dadurch wird das Substrat auf die erforderliche Vergarungstemperatur erwarmt. Dann wird die Luft abgezogen und der Fermenter luftdicht verschlossen, so dass das Material anaerob vergoren werden kann. Um das Material ausreichend feucht zu halten, wird es mit im Kreis — lauf gefuhrtem Wasser bzw. Garsaft (sogenanntes Perkolat) durch an der Fermenter — decke angebrachten Dusen berieselt.

Boxenfermenter. Darunter sind garagenformige Bauten aus Stahl oder Fertigbeton zu verstehen, die durch ein Tor mit einem Radlader mit einem Substratgemisch befullt werden (Abb. 4.9). Die Vorgange im Fermenter bestehen wie beim Contai — nerverfahren aus einer kurzen aeroben Phase zu Beginn und der anschliefienden anaeroben Fermentation. Auch hier ist ein Perkolatkreislauf installiert, uber den das Gargut befeuchtet wird.

Подпись: gasdichte Подпись: Perkolatverteilung Подпись: Biogas

Boxenfermenter

Подпись: TurSubstrat

Sickerwassersumpf / Drainagesystem

Abb. 4.9 Schema eines Container — bzw. Boxenfermenters. (Kaltschmitt et al. 2009)

Folienschlauchfermenter. Dieser Einfachstfermenter ohne Perkolation besteht aus einem Siloschlauch, der auf einer beheizten Bodenplatte gelagert wird (Abb. 4.10). Zur Animpfung wird das Substrat mit ausgefaultem Material durch — mischt. Diese Mischung wird dann zwei bis drei Tage an der Luft gelagert, um eine Eigenerwarmung durch Kompostierungsvorgange zu erzielen. Anschliefiend wird das Material in den Folienschlauch gefullt, der dann mit einer Isolierung abgedeckt wird.

Mietenverfahren. Hierzu wird das Substrat segmentweise in eine Fermentierwanne eingebracht. Es finden zeitlich und raumlich aufeinanderfolgend eine aerobe, eine anaerobe und schliefilich wieder eine aerobe Behandlung des Substrates statt. In der ersten aeroben Phase erwarmt sich das Substrat. In einer fakultativen Phase vor der anaeroben Phase findet eine Perkolation mit Sickerwasser statt, so dass die Luft verdrangt wird und im Anschluss eine anaerobe Vergarung stattfinden kann. Abbildung 4.10 zeigt das Prinzip dieses Verfahrens.

Reaktorbeheizung. Um die benotigte Prozesstemperatur konstant zu halten, muss das Substrat vor bzw. wahrend der anaeroben Vergarung im Fermenter beheizt werden. Dies kann uber eine im Fermenter integrierte Heizung oder uber einen aufierhalb des Reaktors angebrachten Warmeubertrager erreicht werden. Beide Optionen werden nachfolgend diskutiert; Abb. 4.11 und 4.12 zeigen eine Auswahl derartiger Systeme.

Fermenterinterne Heizungen. Interne (d. h. in den Fermenter integrierte) Hei — zungen bestehen entweder aus im Fermenter verlegten Heizspiralen (d. h. War — meubertragern) oder konnen im Ruhrwerk integriert sein (Abb. 4.11).

image080Bei ersterer Variante kann zwischen einer Beheizung unter anderem uber die Fermenterwand (als Doppelmantel) und/oder den Fermenterboden sowie einer War — meeinbringung uber Rohrbundel — oder Flachenwarmeubertrager an der Innenseite

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Abb. 4.10 Schema eines Folienschlauchfermenters

 

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Abb. 4.11 Beispiele fermenterinterner Heizungssysteme

 

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Abb. 4.12 Beispiele fermenterexterner Heizungssysteme

des Fermenters unterschieden werden. Der Vorteil einer derartigen im Fermenter angebrachten Heizung liegt in der guten Warmeubertragung im Auslegungszustand; jedoch kann es sehr schnell zu Ablagerungen auf der Oberflache des Warmeuber- tragers kommen, die den Warmeubergang deutlich reduzieren konnen. Dies wird bei einer Heizung in Wand oder Boden vermieden; sie sind jedoch i. Allg. durch eine schlechtere Warmeubertragung gekennzeichnet. Und bei Bodenheizungen kommt hinzu, dass die Warmeubertragung durch Bildung von Sinkschichten weiter negativ beeinflusst werden kann. AuBerdem kann es bei der unsachgemaBen Integration der Heizung in die Wand oder in den Boden zur Bildung von Warmespannungen im Beton kommen.

Ein Teil dieser Probleme kann durch eine in das Ruhrwerk integrierte Heizung vermieden werden. Hier werden entweder Teile oder das gesamte Ruhrwerk durch im Ruhrwerk verlaufende Warmeubertragerrohre beheizt und mit der Ruhrwerk — bewegung wird die Warme in das Substrat ubertragen. Nachteilig ist die konstruktiv aufwandigere Ausfuhrung im Vergleich zu den zuvor genannten Alternativen. Von Vorteil sind der vergleichsweise gute Warmeubergang und die geringere Neigung zur Bildung von Ablagerungen.

Fermenterexterne Heizungen. Bei auBerhalb des Reaktors liegenden Warmeuber — tragern wird das Substrat erwarmt, bevor es in den Fermenter eingetragen wird. Je nach Systemansatz kann dabei ein Teilstrom aus dem Reaktor abgezogen, in einem Warmeubertrager erwarmt und dem Reaktor erneut zugefuhrt werden. Alternativ dazu kann auch das Frischsubstrat erhitzt werden. Auch eine Kombination beider Ansatze ist moglich. Abbildung 4.12 zeigt einige derartige Moglichkeiten.

Um die Temperatur im Fermenter konstant zu halten, muss das extern erwarmte Substrat und der im Fermenter bereits vorhandene Inhalt gut durchmischt werden. Ist diese nicht oder nicht ausreichend gewahrleistet, kann das frische Substrat zwar extern vorgewarmt werden, eine zusatzliche Heizung im Fermenter ist jedoch trotzdem erforderlich.

Der Warmeeintrag in den Substratstrom, wie er in den Fermenter eingebracht wird, kann beispielsweise uber Spiral — und Doppelrohrwarmeubertrager realisiert werden, die mit heiBem Wasser, Dampf oder mit einem Brenner beheizt werden konnen. Die Vorteile eines derartigen externen Warmeubertrags liegen in der guten Warmeubertragung und in den guten Reinigungsmoglichkeiten. Wird das Frisch — material extern vorerhitzt, fuhrt dies beim Eintrag in den Fermenter auch nicht zu einem Temperaturschock, da es bei einer fur die Mikroorganismen optimalen Temperatur in den Fermenter eintritt. Nachteilig ist die Tatsache, dass derartige Losungen i. Allg. technisch aufwandiger sind im Vergleich zu einer fermenter — intemen Heizung.

Durchmischungssysteme. Je nach Fermenterbauart und Anlagenkonzept konnen unterschiedliche Durchmischungssysteme zum Einsatz kommen. Hierbei kann zwischen mechanischen und hydraulischen Systemen sowie einer Durch — mischung mittels Gaseinpressung unterschieden werden. Abbildung 4.13 zeigt eine Auswahl derartiger Systeme.

Mechanische Durchmischung. Eine mechanische Einrichtung, mit der der Reaktorinhalt durchmischt wird, wird i. Allg. als Ruhrwerk bezeichnet. Derartige Systeme konnen sehr unterschiedlich ausgefuhrt werden (z. B. Tauchmotorruhr- werke, Langachsruhrwerke, Stabmixer, Paddelruhrwerke). Nachfolgend wird eine Auswahl diskutiert.

Bei einem Tauchmotorruhrwerk bildet der Ruhrer mit dem Elektromotor als Antrieb eine Einheit. Diese Ruhrer-Motor-Kombination ist an einer vertikal im Reaktor angeordneten Fuhrungsstange befestigt und kann in ihrer Hohe verstellt werden (vgl. Abb. 4.7). Das Ruhrwerk befindet sich direkt im Substrat und sorgt dort fur eine Umwalzung. Es kann fur Wartungszwecke herausgefahren werden. Je nach Auslegung kann ein solches Ruhrwerk Schwimmdecken und Bodenablagerungen in das Substrat einmischen. Bei hohen Trockensubstanzgehalten kommt es jedoch zu einer erhohten mechanischen Beanspruchung des Ruhrwerks; dies ist mit einem entsprechenden Verschleifi verbunden.

Langachsruhrwerke ragen schrag von der Fermenterwand in den Fermenter hinein. Sie konnen am Fermenterboden befestigt oder schwimmend ausgefuhrt werden. Der Motor befindet sich aber — im Gegensatz zum Tauchmotorruhrwerk — aufierhalb des Fermenters und kann damit auch problemlos gewartet werden. Langachsruhrwerke konnen, da sie i. Allg. relativ langsam drehen, bei hoheren Tro — ckensubstanzgehalten eingesetzt werden. Dies hat auch zur Folge, dass die Mikro­organismen geringeren Kraften ausgesetzt sind und somit schonender behandelt werden. Je nach Reaktorgrofie konnen ein oder mehrere dieser Ruhrwerke gleich — zeitig eingesetzt werden.

Ahnlich den Langachsruhrwerken sind auch Stabmixer. Allerdings sind sie deutlich kurzer und werden meist schwenkbar oder in der Neigung verstellbar in die Fermenterwand eingebaut. Dadurch kann eine Beschadigung oder Zerstorung von Schwimmdecken vermieden werden. Sie sind damit flexibler einsetzbar im Ver­gleich zu den Langachsruhrwerken.

Paddelruhrwerke sind in der Regel horizontal ausgefuhrte Ruhrwerke, die im Fermenter auf einer Stahlkonstruktion aufliegen; alternativ dazu sind auch vertikale ausgefuhrte Systeme moglich. Auch hier befindet sich der Elektromotor aufier — halb des Fermenters am Ende der Ruhrwelle. Da es sich um ein langsam laufendes Durchmischungssystem handelt, ist es fur hohe Trockensubstanzgehalte geeignet. Bei Reparaturen muss aber der gesamte Reaktor entleert werden.

Hydraulische Durchmischung. Das Substrat kann auch hydraulisch durch ein Umpumpen des Fermenterinhalts durchmischt werden. Dabei wird im unteren

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Подпись: (ur geringe Подпись: fur geringe
Подпись: Gasliftdurchmischung Подпись: Mammutpumpe
Подпись: Externe Rezirkulahon Подпись: Gasemblasen

Подпись: Axialruhrwerk fur

Подпись: Langachsruhrwerk fur Подпись: GroBflugelruhrwerk fur
Подпись: Tauchmotorruhrwerk fur

Подпись: mittlere bis sehr hohe

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Подпись: GrofiflugelruhrwerK fur

Подпись: Axiales Pfropfenstromruhrwerk Подпись: Querliegenae RuhrwerKe im

Подпись:

Подпись: mittlere bis sehr hohe Подпись: Fur mittlere bis sehr hohe

Подпись:

Подпись: T rockenmassegehalte Подпись: Ir::ck.ermassegeha.le

image111Trockenmassegehalte Trockenmassegehalte Trockenmassegehalte Trockenmassegehalte

Abb. 4.13 Beispiel fur Mischsysteme. (Kaltschmitt et al. 2009)

Bereich des Fermenters Substrat abgezogen und auf Hohe des Substratspiegels wieder in den Fermenter eingebracht. Die konkrete Auslegung des Substratabzugs und der -ruckfuhrung hangen unter anderem ab vom Fermenterdesign, den Substrat- eigenschaften und dem Gesamtkonzept (z. B. Kopplung mit einer fermenterexternen Heizung). Da eine hydraulische Durchmischung i. Allg. sehr energieintensiv ist, kommt diese Option im landwirtschaftlichen Bereich kaum zum Einsatz.

Durchmischung mittels Gaseinpressung. Bei bestimmten Substraten kann eine Durchmischung auch durch eine Einpressung von Biogas realisiert werden. Bei — spielsweise wird bei derartigen Systemen der Fermenterinhalt durch Einleiten von Biogas durch Dusen in den unteren Bereich des Fermenters durchmischt. Dieses Verfahren ist nur bei geringen Trockensubstanzgehalten (d. h. geringer Viskositat des Fermenterinhalts) praktikabel und kommt deswegen bei landwirtschaftlichen Substraten kaum zur Anwendung.

Gasspeicherung. Durch eine Gasspeicherung konnen Schwankung sowohl in der anfallenden Gasmenge als auch bei der Energienachfrage ausgeglichen werden (Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe 2006; Bundesverband der
landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften 2008). Deshalb verfugen praktisch alle Biogasanlagen uber eine Moglichkeit, das Biogas zwischenzuspeichern.

Die Gasspeicher mussen gasdicht, druckfest, medien-, UV-, temperatur — und witterungsbestandig sein und mit Uber — und Unterdrucksicherungen ausgestattet sein. Aufierdem muss eine Notfackel vorhanden sein, welche das Gas bei Uber — fullung des Speichers schadstofffrei verbrennt. Aus technischer Sicht kann zwischen Nieder-, Mittel — und Hochdruckspeichern unterschieden werden.

Mittel — und Hochdruckspeicher arbeiten bei Drucken von 5 bis 250 bar. Sie werden als einzeln stehende Speicher — meist in Form von Stahldruckbehaltern oder — flaschen — ausgefuhrt und sind Stand der Technik. Da sie sowohl energie- als auch kostenintensiv sind, werden sie bei landwirtschaftlichen Anlagen praktisch nicht eingesetzt.

Niederdruckspeicher arbeiten bei Drucken von 0,5 bis 30 mbar und konnen sowohl in den Fermenter integriert (d. h. intern) als auch aufierhalb des Reaktors (d. h. extern) realisiert werden.

• Beim reaktorintegrierten Niederdruckgasspeicher handelt es sich i. Allg. um einen Foliengasspeicher im Fermentergasraum. Dazu befindet sich in der Folienhaube, die das Dach des Biogasfermenters bildet, eine zweite Folie, deren umschlossenes Volumen sich mit den sich andernden Gasmengen verandert. Diese technische Losung hat derzeit in Deutschland die grofite Marktbedeutung.

• Externe Niederdruckgasspeicher konnen sehr unterschiedlich realisiert werden. Im landwirtschaftlichen Bereich kommen beispielsweise Foliengasspeicher zum Einsatz; dabei handelt es sich um eine grofien Foliensack, der in einer Halte — konstruktion aufgehangt ist und mit Biogas befullt werden kann. Alternativ dazu kann auch der technisch deutlich aufwandigere Nafigasometer eingesetzt werden; aus okonomischen Grunden hat diese Technik aber eine eher begrenzte Bedeutung.

Erfahrungen

Das Biogas-Messprogramm II (FNR 2009) hat deutlich gezeigt, dass vor allem fur den landwirtschaftlichen Sektor der Betriebszweig Biogaserzeugung von grofiem Interesse ist. Wesentliche Voraussetzungen fur einen wirtschaftlichen Erfolg liegen hierbei in einer Anlagentechnik und Betriebsweise, die auf die eingesetzten Substrate abgestimmt sind. Des Weiteren mussen am Standort der Biogasanlage eine effiziente und kostengunstige Substratbereitstellung/-ausnutzung sowie die umfassende Verwertung des Biogases oder die Einspeisung in das Gasnetz gewahr — leistet sein. In der Praxis hat sich gezeigt, dass haufig noch Optimierungspotenziale ausgeschopft werden konnen (FNR 2009).

Die Anlagenverfugbarkeit und damit die Volllaststundenzahl der Biogasanlagen sind stark von den Ausfallzeiten entlang der gesamten Prozesskette abhangig. Das BHKW, die Eintragstechnik und die Ruhrtechnik wurden von den Anlagen — betreibern (DBFZ 2011) als die drei haufigsten Ursachen fur Ausfallzeiten im Jahr 2010 genannt, s. auch Tab. 4.10. Bei mehr als 70 % der Biogasanlagen fuhrte das BHKW zu Ausfallzeiten. Wesentlich seltener wurden Schaum, Schwimm — schichten, Ubersauerung und Korrosion als Ursachen fur Ausfallzeiten angegeben. Damit liegen die Ursachen fur Ausfallzeiten an Biogasanlagen uberwiegend in der Anlagentechnik und nicht in der Prozessbiologie.

Der Umfang der Ausfallzeiten im Jahr 2010 an den befragten Biogasanlagen liegt im Mittel bei 7,2 Tagen. Nach Angaben von 447 Betreibern lagen die Ausfall­zeiten bei der Halfte der Biogasanlagen insgesamt unter vier Tagen, bei der anderen Halfte daruber (Median: 4 Tage). Ein Betreiber gab an, dass die Ausfallzeit im ver — gangenen Jahr bei 100 Tagen lag. Es wurden jedoch keine Angaben zum Grund dieses langen Ausfalls gemacht. 28 Betreiber gaben an, dass es im vergangenen Jahr an ihrer Anlage zu keinen Ausfallzeiten gekommen ist. Abbildung 4.27 ver — deutlicht, dass die Mehrheit der Anlagen Ausfallzeiten bis zu 5 Tagen im Jahr auf — weisen. Bei uber 30 % der Anlagen liegen die jahrlichen Ausfallzeiten zwischen 3 und 5 Tagen. Eine Differenzierung der Ausfallzeiten nach Grofienklassen hat keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der auftretenden Ausfallzeiten gezeigt.

Подпись: Eintrag- stechnik Ruhr- technik Schaum Schwimm- schicht Ubersau- erung Korrosion BHKW Anzahl der Ruckmeldun- gen 263 186 24 52 46 26 410 Anteil an 46,9 33,2 4,3 9,3 8,2 4,6 73,1 Ruckmel- dungen (%) (n = 561)
Подпись: 35 keine <3Tage 3-5Tage 6-10 Tage 11-20 Tage >20Tage Ausfallzeiten (Bezugsjahr 2010) n=447

Подпись: 10Abb. 4.27 Verteilung der Ausfallzeiten[230]

Zinssatzanderung

Anhand des Fallbeispiels werden die Auswirkungen von Zinsanderungen in ver — schiedenen Abstufungen dargestellt. Dabei werden ausgehend von der von den Sponsoren vorgeschlagenen Finanzierungsstruktur der Zinssatz des Projekt- finanzierungskredites in diesem Modell verandert und die hieraus resultierenden Ergebnisse im Folgenden (s. Abb 5.10, s. Tab. 5.6) beschrieben.

Die Erhohung der Zinssatze fuhrt dazu, dass der DSCR durchgangig uber die gesamte Finanzierungslaufzeit unterhalb der Ausgangslage im Sponsors Case liegt. Bei einem Anstieg des Zinssatzes des Projektfinanzierungskredites um 10,0 Pro — zentpunkte auf einen Satz von 15,05 % jahrlich betragt der DSCR im letzten Betriebsjahr noch 1,0, was bedeutet, dass der Kapitaldienst gerade noch geleistet werden kann. Bei einem noch hoheren Zinsanstieg ware dies nicht mehr sicher — gestellt und die bankseitigen Anforderungen der jederzeitigen und vollstandigen Leistung des Kapitaldienstes wurden verfehlt. Die betrachtete Hohe des Zins — anstieges stellt somit die Grenze der Projektbelastbarkeit dar.

Die Erhohungsdifferenz von 10 Prozentpunkten bis zur Erreichung der Pro — jektbelastbarkeitsgrenze kann als Sicherheitspuffer des Projektes fur das Zins — anderungsrisiko verstanden werden. Die Hohe dieses Sicherheitspuffers zeigt dabei, dass das Projekt Pleasant Valley recht unempfindlich auf einen Zinsanstieg reagiert. Diese Beobachtung kann generell bei Projektfinanzierungen im Bereich Bioenergie gemacht werden, da diese eine relativ geringe Kapitalintensitat aufweisen und damit von einem Zinsanderungsrisiko wesentlich geringer betroffen sind als Vorhaben in den Bereichen Windenergie oder Solarenergie. Diese Erkenntnis korrespondiert mit

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Abb. 5.10 DSCR-Verlauf bei unterschiedlichen Zinssatzen

Tab. 5.6 Beurteilung einer Zinssatzvariation aus Kapitalgebersicht

Min. DSCR

0 DSCR

IRR

Sponsors Case

1,05

1,99

24,92 %

Einnahmen bei 97 %:

0,97

1,90

22,05 %

Wie 1, Zinssatz plus 1 %

p. a.:

1,04

1,81

22,86 %

Zinssatz plus 2 % p. a.:

1,04

1,68

20,75 %

Zinssatz plus 10 % p. a.:

1,00

1,16

2,22 %

der bereits oben angesprochenen hohen Betriebskostenquote an den Einnahmen: Umgekehrt bedeutet dies auch eine geringe Kostenquote von etwa 20 % bei Biogas- projekten, die fur den Kapitaldienst aufgebracht werden muss.